Göttinger Wissenschaftler entschlüsseln Mechanismen und finden einen Weg, um der Zerstörung von Nervenzellen nach Verletzungen entgegenzuwirken.
Verletzungen des Nervensystems, beispielsweise des Rückenmarks, führen in vielen Fällen zu einem schweren Funktionsverlust. Die Ursache dafür liegt im Detail: Oft sind Nervenzellfortsätze, die so genannten Axone, so stark geschädigt, dass die Erregungsleitung im Rückenmark nicht mehr funktionieren kann. Ein Forscherteam vom Göttinger DFG-Forschungszentrum Molekularphysiologie des Gehirns (CMPB) hat einen therapeutischen Ansatz gefunden, mit dem sich der Zerstörungsprozess der Axone nach Verletzungen verlangsamen lässt. „Wir haben die molekularen Auslöser der Nervenzellschädigung entschlüsselt und können diese nun therapeutisch beeinflussen“, sagt Privatdozent Dr. Paul Lingor, Leiter der Studie und Oberarzt der Abteilung Neurologie an der Universitätsmedizin Göttingen.
Die Studie ist im Fachmagazin “Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA (PNAS)” erschienen.
Originalveröffentlichung
Knöferle J, Koch JC, Ostendorf T, Michel U, Planchamp V, Vutova P, Tönges L, Stadelmann C, Brück W, Bähr M, Lingor P (2010) Mechanisms of acute axonal degeneration in the optic nerve in vivo. PNAS, Volume 107, Issue 13, Seiten 6064-6069.
Es ist bekannt, dass in den ersten fünf Stunden nach einer Verwundung des Rückenmarks auch viele an die Verletzungsstelle angrenzende Nervenfasern zerstört werden. Ein rascher Anstieg der Kalzium-Konzentration innerhalb der Nervenfasern des verletzten Bereichs wird dafür verantwortlich gemacht. Diese Axone wären aber später unabdingbar für die Wiederherstellung der verletzungsbedingten Funktionsverluste.
Priv.-Doz. Dr. Lingor und sein Team haben den Sehnerv von Ratten als Modellsystem verwendet, um diese verletzungsbedingten Kalzium-Einströme in die Zelle genauer zu studieren. Sie konnten zeigen, dass in Folge des Kalzium-Einstroms Signale ausgesandt werden, die die Axone sich selbst verdauen lässt (sog. Autophagie). Der Prozess führt schließlich zum Absterben dieser Nervenzellfortsätze. Die Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, wie man diese Abbauprozesse über eine Modulation des Kalzium-Spiegels stoppen kann.
„Durch die Verwendung von Kalziumkanalblockern konnten wir den Einstrom von Kalzium-Ionen in die Nervenfasern verhindern und so deren frühe Zerstörung unmittelbar nach der Verletzung bremsen,“ sagt Priv.-Doz. Dr. Paul Lingor. „Entscheidend ist jedoch, dass diese potenzielle Therapiemethode rasch nach erfolgter Verletzung ansetzen muss. Nur so gelingt es, viele Nervenfortsätze zu retten und Patienten z.B. mit einer Rückenmarksverletzung zu helfen,“ so Lingor weiter.
Zum DFG Forschungszentrum Molekularphysiologie des Gehirns: Das seit 2002 an der Universitätsmedizin Göttingen angesiedelte DFG Forschungszentrum Molekularphysiologie des Gehirns (CMPB) hat sich das Ziel gesetzt, molekulare Prozesse und Interaktionen in Nervenzellen detailliert zu analysieren, um langfristig Therapien für psychiatrische, neurologische und neurodegenerative Erkrankungen zu verbessern und weiterzuentwickeln.
http://www.cmpb.de - Informationen zum CMPB
http://www.baehrlab.med.uni-goettingen.de - Informationen zur Arbeitsgruppe von PD Dr. Paul Lingor
Privatdozent Dr. Paul Lingor
Foto: cmpb
None
Criteria of this press release:
Biology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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