Die Pflanzenvielfalt bestimmt die Biodiversität: Der Rückgang von Pflanzenarten mindert kaskadenartig die Anzahl und Vielfalt aller Mitglieder der Nahrungskette. Dies geht aus einer Studie über eines der weltgrössten Biodiversitätsexperimente hervor, an dem Berner und Zürcher Forschende mitwirken.
Nimmt die Anzahl der Pflanzenarten in einem Gebiet ab, nimmt die Vielfalt aller anderen Organismen ebenfalls ab. Dies zeigt die Studie einer internationalen Forschergruppe über Biodiversität unter Beteiligung von Markus Fischer vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern und Bernhard Schmid vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich. So wichtig ist die Vielfalt der Pflanzenarten, dass sie die Vielfalt der höherstehenden Ebenen der Nahrungskette wie Pflanzen- oder Fleischfresser von unten her bestimmt. Dies widerspricht der These, dass räuberische Tiere von oben her die Artenvielfalt steuern. Die Studie wurde nun im Fachjournal «Na- ture» publiziert.
Nahrungskette als Ganzes untersucht
Der Nachweis erfolgte im Rahmen des so genannten «Jena-Experiments», das von einer internationalen Forschungsgruppe in der deutschen Stadt durchgeführt wird und zu den weltweit grössten Biodiversitätsexperimenten zählt. Die Studie analysiert den Einfluss unterschiedlicher Pflanzenvielfalt auf alle anderen Ebenen der Nahrungskette. So können ganze Nahrungsnetze und nicht bloss isolierte Bestandteile untersucht werden. Die Diversität der Pflanzenarten steuert neben der Artenvielfalt der anderen Organismen auch deren Populationsdichte und deren Beziehungen mit anderen Ebenen der Nahrungskette. Wichtig hierbei ist, dass diese Effekte direkt erfolgen und nicht über die ebenfalls diversitätsabhängige Biomasse der Pflanzen. «Die Vielfalt der Konsumenten und Räuber nimmt also nicht einfach zu, indem man die Pflanzenbiomasse etwa durch Düngung erhöht, sondern erfordert ausdrücklich eine hohe Pflanzenvielfalt», erklärt Bernhard Schmid. Änderungen in der Pflanzenvielfalt ziehen sich dann kaskadenartig bis zu den höheren Ebenen der Nahrungskette hinauf. Pflanzenfresser sprechen viel stärker darauf an als Fleisch- oder Allesfresser und im Boden lebende Organismen sind davon genauso betroffen – wenn auch weniger ausgeprägt als oberirdisch lebende.
Pflanzenvielfalt wirkt gegen biologische Schädlinge
Während bereits vorhandene Arten positiv auf lokal erhöhte Pflanzendiversität reagieren, gilt dies nicht für später einwandernde Arten: Sie finden alle ökologischen Nischen schon besetzt vor. Krankheitserreger und Parasiten dagegen nehmen zwar in ihrer Artenvielfalt zu, wenn mehr Wirtsarten vorhanden sind. «Allerdings wird bei höherer Diversität im Gegensatz zu einer Monokultur jede einzelne Pflanze viel weniger von Schädlingen befallen», sagt Markus Fischer. Die Forschenden hoffen nun, dass diese Studie den Weg für weitere Untersuchungen im Bereich der Biodiversität weist – zum Beispiel, um zu überprüfen, inwieweit der nachgewiesene kaskadenartige Diversitätseffekt auch für weitere Systeme gilt, etwa im Wald oder im Wasser. «Im Wasser sind Arten weniger räumlich getrennt und wirken dadurch womöglich stärker aufeinander ein», erläutern die beiden Forscher. Sie gehen aber davon aus, dass die Ergebnisse aus ihrem Modellexperiment auch dort zutreffen sollten.
Quellenangabe:
Christoph Scherber, Nico Eisenhauer, Wolfgang W. Weisser, Bernhard Schmid, et al.: Bottom-up effects of plant diversity on multitrophic interactions in a biodiversity experiment, Nature, Vol. 467, No. 7319 (2010), doi:10.1038/nature09492
http://www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2010/bi...
Criteria of this press release:
Biology, Environment / ecology
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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