Universitätsmedizin Mannheim: Nierentransplantation trotz ungleicher Blutgruppen entwickelt sich zur medizinischen Routine
Was vor gerade mal fünf Jahren schon aus medizinischen Gründen völlig undenkbar gewesen wäre, geriet zum Jahresausklang zu einem freudigen Ereignis: An der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) trafen sich fünf Paare, die sich im Verlauf des Jahres trotz Blutgruppen-Unverträglichkeit einer Lebendnierenspende unterzogen hatten, zum gemeinsamen Fototermin mit ihren Ärzten. Sie alle schauen nun nach der erfolgreichen Organtransplantation im Jahr 2010 zuversichtlich in das neue Jahr 2011.
Zu ihnen gehören auch Walter und Beate Leibinger. Beide stehen in ihrem Beruf als Berater bei der Flugsicherung, als Eltern herangewachsener Töchter und mit ihrem Haus in einem kleinen Ort nahe Mainz mitten im Leben, doch nach einer Routineuntersuchung beim Hausarzt änderte sich dieses Leben gravierend. „Meine Blutwerte waren erschreckend schlecht," erinnert sich der 54-jährige Walter Leibinger. Schon bald stand fest, dass es nur noch ein Vierteljahr dauern würde, bis er auf die Dialyse, eine die Nierenfunktion ersetzende künstliche Blutwäsche, angewiesen sein würde.
Für Beate Leibinger war trotz aller so nötigen wie reiflichen Überlegungen von Anfang an klar, dass sie ihrem Mann eine Niere spenden wollte, denn: „Man kann niemanden um eine Organspende bitten. Und für den erkrankten Menschen ist es mit Sicherheit am einfachsten, ein Organ von dem Menschen zu akzeptieren, der ihm am nächsten steht.“ Dennoch, die Ärzte achten sehr genau darauf, dass die Tragweite allen Beteiligten in jeder Phase der Beratung bewusst ist – und dass es bis zum OP-Tag immer ein unkompliziertes Zurück gibt. Professor Dr. Peter Schnülle, Leitender Oberarzt der V. Medizinischen Universitätsklinik in Mannheim: „Es muss völlig klar sein, dass niemand diese Entscheidung unter Druck trifft.“ Diese internistische Klinik ist gemeinsam mit der Chirurgischen Universitätsklinik für das Nierentransplantationsprogramm zuständig; geleitet wird es vom Chirurgischen Oberarzt Dr. Johannes Weiß. Die eingehende Beratung stieß auf offene Ohren. Beate Leibinger: „Die Ärzte sind ausgesprochen sensibel auf uns eingegangen. Sie haben uns alles, was vor uns lag, ganz genau erklärt.“
Am 1. Juli nahmen die UMM-Chirurgen dann die Transplantation vor. „Die Operation, also die Entnahme der Niere, erscheint mir noch immer als etwas Abstraktes,“ erinnert sich Beate Leibinger, „auf mein Wohlbefinden hat das Leben mit nur einer Niere keinerlei Einfluss.“ Und sie ergänzt: „Die Vorstellung, dass mein Organ jetzt im Körper meines Mannes seine Aufgabe erfüllt, ist für uns beide immer noch höchst erstaunlich.“
Walter Leibingers Körper akzeptierte das neue Organ schnell. Abgesehen von dem tollen Gefühl, wieder gesund zu sein, wandelte sich auch so manche Perspektive: „Die Prioritäten, die man sich setzt im Leben, werden andere. Die kleinen, unscheinbaren Dinge weiß man mehr zu würdigen.“ Ein Beispiel? „Mein erster Joghurt nach fünf Monaten – das war für mich ein echtes Highlight!“ Seine Frau stimmt zu: „Der Umgang mit der Zeit ändert sich, sie wird einem wertvoller.“
Walter Leibinger fiel später noch einmal eine Broschüre in die Hände, in der ein Slogan zu lesen war, den er gut nachvollziehen kann: „Eine neue Niere, ein neues Leben – dieser Aussage kann man nur beipflichten.“ Etwas später rückte das Thema Organspende dann ziemlich unvermittelt in die öffentliche Aufmerksamkeit: Als Ex-Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier seiner Frau Elke Büdenbender eine Niere spendete. Was das Ehepaar Leibinger dabei mit gemischten Gefühlen beobachtete: „Von einem Tag auf den anderen wurde überall in den Medien und in der Bevölkerung über etwas ganz Wichtiges nachgedacht und diskutiert. Aber heute, also nur wenig später, redet leider wieder kein Mensch mehr über das Thema Organspende.“ Ein Grund mehr für die beiden Flugberater, über die Transplantation, deren Für und Wider, und über den erfolgreichen Ausgang zu erzählen.
Im ablaufenden Jahr 2010 haben die Chirurgen an der Universitätsmedizin Mannheim in enger Zusammenarbeit mit ihren internistischen Kollegen aus der Nephrologie (Nierenheilkunde), dem Spezialgebiet der V. Medizinischen Universitätsklinik, insgesamt 32 Nierentransplantationen vorgenommen. Acht davon waren so genannte Lebendnierenspenden. Sie sind dann möglich, wenn eine verwandtschaftlich verbundene oder emotional und persönlich besonders nahe stehende Person eine ihrer beiden Nieren für den am Organversagen leidenden Patienten zur Verfügung stellt.
Bei fünf dieser letztgenannten Eingriffe lag eine Blutgruppen-Unverträglichkeit vor, die so genannte A-B-0-Inkompatibilität. Hier bewerkstelligten die Ärzte das früher Undenkbare: Die Schranke zwischen den Blutgruppen durch eine maßgeschneiderte, moderne Immunsuppression beim Empfänger erfolgreich zu überwinden. Professor Dr. Bernhard Krämer, Direktor der V. Medizinischen Klinik: „Selbst für Fachleute sind die hohe Erfolgsrate und der unproblematische Behandlungsverlauf trotz vorliegender Blutgruppen-Unverträglichkeit anfangs überraschend gewesen.“ Aber inzwischen sei die A-B-0-inkompatible Transplantation in Mannheim bereits weitgehend zu einem „Routineverfahren“ geworden.
Die Zusammenarbeit der von Professor Krämer geleiteten V. Medizinischen Universitätsklinik und der von Professor Dr. Stefan Post geleiteten Chirurgischen Universitätsklinik nahm Walter Leibinger sehr positiv wahr: „Weil wir uns in jeder Phase der Diagnostik und der Behandlung immer bestens informiert fühlten, hatten Ängste und Unsicherheiten nur wenig Raum.“ Nicht zuletzt die enge Kooperation der Operateure und der Spezialisten für Innere Medizin sichert der UMM ausgezeichnete Erfolgsquoten bei der Funktionsfähigkeit der transplantierten Organe über die Jahre hinweg.
http://www.transplantationszentrum-mannheim.de/
Schauen gemeinsam mit dem Ärzteteam zuversichtlich ins neue Jahr: Fünf Paare nach erfolgreicher Lebe ...
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