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10/11/2001 00:00

Mit 55 zum alten Eisen?

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Institut Arbeit und Technik untersucht Arbeitsmarkt für Ältere - Altersteilzeit bis zur Rente statt Arbeitslosigkeit und Vorruhestand

    Kaum noch 10 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer arbeiten bis zum Rentenalter von 65 Jahren. Die gängige Praxis, notwendigen Personalabbau mittels betrieblicher "Vorruhestandsregelungen" auf Ältere zu konzentrieren, führt zur Arbeitslosigkeit vor dem Eintritt in die Altersrente, entwertet außerdem langjährig erworbene Kenntnisse und Qualifikationen. Die Sozialversicherungen tragen die Last dieser Personalpolitik und stürzen in immer neue Krisen. "Ein Umsteuern ist dringend erforderlich" warnen die Arbeitsmarktforscher des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen). Entlastung könnte die Nutzung von Altersteilzeitregelungen bewirken, die in der betrieblichen Praxis allerdings noch selten zu finden sind. Zudem sollten weitere Möglichkeiten genutzt werden, die Arbeitsfähigkeit - nicht nur der Älteren - durch Umsetzungen, moderne Arbeitszeitregelungen und kontinuierliche Qualifizierung zu sichern und zu erhalten, schlagen die IAT-Wissenschaftler Thorsten Kalina und Angelika Müller vor.

    Betriebliche "Vorruhestandsregelungen" sollten den Arbeitsmarkt entlasten und Jüngere in Arbeit bringen, haben sich jedoch zur Hauptursache für die seit etwa 1987 dramatisch angestiegene Altersarbeitslosigkeit entwickelt. Der Anteil der Altersgruppe 55-59 an den Beziehern von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder ähnlichen Leistungen ist doppelt hoch wie ihr Anteil an der Bevölkerung im Erwerbsalter; ihre Arbeitslosenquote ist sogar mehr als doppelt so hoch wie die allgemeine Quote. Wenn alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so lange arbeiten könnten, bis sie eine Rente ohne vorherige Arbeitslosigkeit bekommen, würde die Zahl der Bezieher von Arbeitslosenunterstützung um rund 400.000 sinken, errechneten die IAT-Arbeitsmarktforscher. Renten- und Arbeitslosenversicherung wären entsprechend entlastet.

    Bedenklich stimmt vor allem, dass das Qualifikationsniveau der aus dem Arbeitsmarkt ausscheidenden Vorruheständler in den letzten Jahren stetig angestiegen ist. "Dem Beschäftigungssystem geht ein erhebliches Potenzial verloren!", so die Forscher. Ohne die Älteren wird der Bedarf an Fachkräften bald nicht mehr zu decken sein.

    Die 1996 per Gesetz geschaffene "Altersteilzeit" für Arbeitnehmer ab 55 Jahren soll einen gleitenden Übergang in die Altersrente ermöglichen. Um die Einkommenseinbußen wegen kürzerer Arbeitszeiten auszugleichen, werden Entgelt und Rentenbeiträge aufgestockt. Diese Aufstockung übernimmt das Arbeitsamt, wenn die freiwerdende Stelle durch einen Arbeitslosen oder gerade Ausgebildeten wieder besetzt wird. Die Arbeitszeit kann unterschiedlich geregelt werden - von einer täglichen Reduzierung der Arbeitszeit um die Hälfte über den Wechsel von Arbeits- und Freischichten bis zur Teilung der Altersteilzeit-Phase in zwei Blöcke - zunächst wird Vollzeit gearbeitet wie bisher, danach hat man "frei" bis zur Rente.

    Altersteilzeit hilft, Arbeitslosigkeit für Ältere zu vermeiden, Jüngeren wird wirklich die Möglichkeit eröffnet, nachzurücken. In der Praxis wird die Altersteilzeit allerdings bisher wenig in Anspruch genommen. Unternehmen nutzen fast ausschließlich die Form des Blockmodells, nur selten wird eine Stelle wiederbesetzt. Damit entfällt aber auch die öffentliche Förderung - das Instrument Altersteilzeit liefert den Betrieben keinen Anstoß mehr dafür, Ältere länger im Betrieb zu halten. Vielmehr werden sie auf diesem Wege früher ausgegliedert. Ohne öffentliche Förderung wird die Altersteilzeit jedoch teuer für die Betriebe. Betrieblichen Vorruhestandsregelungen wird trotz aller damit verbundenen Nachteile immer noch gerne der Vortritt gelassen.

    Nach Auffassung der IAT-Wissenschaftler müsste der Gesetzgeber die kontinuierliche Altersteilzeit stärker fördern. "Denn dann ist Altersteilzeit nicht nur ein sinnvolles Instrument zur Gestaltung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand, durch die Wiederbesetzung ist es auch aus arbeitsmarktpolitischer Sicht richtungsweisend". Die Betriebe müssten aber auch den demographischen Wandel akzeptieren und sich auf die Beschäftigung von Älteren einstellen. Die "lebenslange" Weiterbildung muss betriebliche Realität werden, damit auch die Älteren über aktuelle Qualifikationen verfügen. Und die Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet werden, dass die Arbeit bis zum Rentenalter durchzuhalten ist.

    Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:

    Thorsten Kalina
    0209/1707-330
    Angelika Müller
    0209/1707-174

    Pressereferentin
    Claudia Braczko
    0209/1707-176

    IAT im Wissenschaftspark
    Munscheidstraße 14
    45886 Gelsenkirchen


    More information:

    http://www.iatge.de


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

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