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07/23/1997 00:00

Befragungsergebnis behinderter Menschen: Offene Hilfen verhindern Weg ins Abseits

Bernt Armbruster Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Kassel

    71/97 - 22. Juli 1997

    Befragungsergebnis behinderter Menschen

    Offene Hilfen verhindern Weg ins Abseits

    Kassel. Offene Hilfen in Form von persoenlichen Diensten ermoeglichen auch schwer behinderten Menschen haeufig ein weitgehend normales Leben und helfen die stationaere Unterbringung in einem Pflegeheim und damit das soziale Abseits zu vermeiden. Dieses ermutigende Ergebnis eines Forschungsprojekts am Fachbereich Sozialwesen der Universitaet Gesamthochschule Kassel (GhK) unter Leitung von Prof. Dr. Adrian Kniel und Dr. Matthias Windisch wurde am 16. Juli im Rahmen des dritten Werkstattgespraechs zum Foerderprogramm des Hessischen Ministeriums fuer Frauen, Arbeit und Sozialordnung und des Landeswohlfahrtsverbandes "Offene Hilfen fuer Menschen mit Behinderungen" vorgestellt.

    An der 1996 durchgefuehrten Studie hatten sich 30 ueberwiegend koerperlich behinderte Menschen beteiligt, die persoenliche Assistenz im Alltag wie pflegerische Hilfen, Haushaltshilfen oder Hilfen zur Mobilitaet in Anspruch nehmen. Gleichzeitig wurden 40 Muetter und Vaeter mehrfach- und geistig behinderter Menschen befragt, die durch familienentlastende Dienste unterstuetzt werden.

    Fazit der Begleitforschung: Offene Hilfen koennen bei schwerstkoerperbehinderten Menschen viele Einschraenkungen kompensieren, so dass soziale Integration und "Normalisierung" weitgehend verwirklicht werden kann. Dennoch bleiben allgemeine gesellschaftliche Benachteiligungen - besonders im beruflichen Bereich und Barrieren aufgrund der Unzugaenglichkeit vieler oeffentlicher Einrichtungen - weiter bestehen. Sie machen sich in einer geringeren Erwerbsquote und auch in groesserer Unzufriedenheit in wichtigen Lebensbereichen im Vergleich zur Gesamtbevoelkerung bermerkbar.

    Familien mit behinderten Familienangehoerigen, die die Hilfe von familienentlastenden Diensten in Anspruch nehmen, sind hohen Belastungen ausgesetzt, die durch solche Hilfen teilweise ausgeglichen werden koennen, so das Ergebnis der Studie. Familienentlastenden Diensten kommt, im Vergleich zur institutionellen Betreuung (Kindergarten, Schule, Werkstaetten fuer Behinderte) und zur informellen Hilfe durch Angehoerige oder Verwandte zwar nur eine ergaenzende Funktion zu. Gerade sie schafft aber den Freiraum fuer viele sonst unmoegliche Aktivitaeten - von der Haushaltsarbeit ueber die Zeit fuer die nichtbehinderten Geschwisterkinder bis hin zur eigenen Berufstaetigkeit.

    Nutzer solcher Dienste klagen jedoch ueber unzureichende Finanzierungsmoeglichkeiten, z. B. die Eigenbeteiligung von monatlich ca. 210,-- DM, die eine intensivere Nutzung verhindert. Neben einiger Kritik im Detail werden, so die Befragungsergebnisse, die Dienstleistungen der Anbieter Offener Hilfen von ihren Nutzern durchweg positiv beurteilt.

    In der Workshop-Diskussion bekraeftigten die Vertreter der Dienste, der Kostentraeger und der Wohlfahrtsverbaende die Notwendigkeit des Ausbaus und Sicherung der Offenen Hilfen. In einem eindrucksvollen Beitrag schilderte Juergen Markus aus Marburg, der selbst stark behindert ist und persoenliche Assistenz in Anspruch nimmt, deren Bedeutung fuer sein Leben. Er wies nachdruecklich darauf hin, dass die Alternative fuer ihn und viele andere schwerstbehinderte Menschen darin besteht, ein weitgehend normales Leben mit Hilfe persoenlicher Assistenz zu gestalten oder bei einer stationaeren Unterbringung in einem Pflegeheim ein Leben im sozialen Abseits und der sozialen Isolation fuehren zu muessen. Er betonte auch die zahlreichen buerokratischen Huerden, die einer intensiveren Nutzung ambulanter Hilfen entgegenstehen, wenn bei einem hohen Hilfebedarf im Einzelfall die Kosten in einem Pflegeheim guenstiger ausfallen als fuer die ambulante Unterstuetzung.

    Herr Michel, Vater einer geistig behinderten Tochter aus Bad Wildungen, berichtete von seiner persoenlichen Situation, die durch eine starke zeitliche und psychische Belastung gepraegt ist. Es besteht ein Betreuungs- und Aufsichtsbedarf rund um die Uhr, so dass in der Vergangenheit die Familie keine Zeit zum Ausspannen oder fuer die Beduerfnisse der Geschwisterkinder eruebrigen konnte. Durch die Gruendung eines familienentlastenden Dienstes mit Unterstuetzung vieler Eltern geistig behinderter Kinder, besteht wieder die Moeglichkeit, anderen Beduerfnissen nachzugehen.

    Kontakt und weitere Information: Forschungsprojekt Offene Hilfen fuer Menschen mit Behinderungen Prof. Dr. Adrian Kniel Dr. Matthias Windisch Iris Heisiep Thomas Hamel FB Sozialwesen Tel. (05 61) 8 04- 27 64 Fax. (05 61) 8 04-33 88


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