TECHNISCHEN UNIVERSITAET WIEN, Nr. 21/96 v. 28.10.96
Neues Schachprogramm fuer Spezialprobleme
Software der TU Wien fuer Endspiele ist herkoemmlichen Programmen in schwierigen Stellungen ueberlegen
Wien (TU) - Rechnen allein genuegt nicht, um gut Schach zu spielen: zumindest genauso wichtig ist es, ausreichend gesichertes Schachwissen einzubringen. Das zeigt ein spezielles Computerprogramm fuer Endspiele, das an der Technischen Universitaet Wien entwickelt wurde. Eine Version fuer Windows 95 ist kostenlos ueber das Internet abrufbar.
Der Wettkampf des Schachweltmeisters Garri Kasparow gegen den IBM-Computer "Deep Blue" im Februar dieses Jahres zeigte: Hohe Rechenleistung allein genuegt nicht, um Schachspiele immer gewinnen zu koennen. Zusaetzlich ist umfangreiches Schachwissen, ueber Eroeffnungen und ueber Endspiele, sowie viel Erfahrung in der Strategie des Mittelspieles notwendig, um eine Stellung richtig zu bewerten.
Ein neues Schachprogramm, das speziell fuer Endspiele entwickelt wurde, soll genau das leisten: nur exakte Ergebnisse anzeigen und die richtigen Erklaerungen dazu liefern. "Das heisst konkret: Bei jeder Stellung eines inkludierten Endspieles, die zu gewinnen ist, erkennt das Programm diese Tatsache und findet einen Gewinnzug", erklaert der Urheber des Programmes, Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Barth, vom Institut fuer Computergrafik der Technischen Universitaet Wien.
Bestimmte Stellungen werden von herkoemmlichen Schachprogrammen falsch bewertet: Der Grund kann ein Mangel an Endspielwissen sein, etwa dass ein schwarzer Bauer auf dem Feld f2 unter guenstigen Voraussetzungen gegen die weisse Dame ein Remis halten kann, oder das Nicht-Erkennen eines Opfers, das erst nach einigen weiteren Zuegen zu einem sichtbaren Erfolg fuehrt. Zumeist ueberwiegt bei der statischen Bewertung der Materialvorteil (die Gewichtung der Spielfiguren) gegenueber anderen strategischen Faktoren (wie etwa Stellung und Beweglichkeit).
Im neuen Schachprogramm "Endspiel" wird ein Teil der Stellungen deshalb auf Grund gesicherter Regeln als Gewonnen/Remis/Verloren oder auch nur als Nicht Verloren/Kann nicht Gewinnen bewertet. Zusätzlich wird die normale Vorausschau (also das Vorausberechnen der naechsten Zuege, als "alpha-beta-Suche" bezeichnet) durchgefuehrt, die aber bei jeder angetroffenen Stellung, deren Regelbewertung genau genug ist, abgebrochen werden kann.
Und diese Methode sei herkoemmlichen Schachprogrammen in bestimmten Stellungen eben ueberlegen, meint Professor Barth. "brute force", die alleinige Erhoehung der Gewschwindigkeit, bringt nicht unbedingt den Erfolg. "Im Mittelspiel gibt es grob geschaetzt jeweils rund 30 Moeglichkeiten, zu ziehen. Bei zwei Halbzuegen - einmal Weiss, einmal Schwarz - sind das schon 900 Moeglichkeiten. Wenn also der IBM-Rechner ŽDeep BlueŽ tausendmal so schnell wie ein guter PC ist, dann bedeutet das nur, dass er in der gleichen Zeit statt beispielsweise acht eben neun Zuege in die Tiefe rechnen kann. Das ist aber nur selten entscheidend. Wichtiger ist, im Spiel rasch eine Bewertung der gesamten Stellung durchzufuehren und schlechte Spielzuege von vornherein auszuschliessen."
Rueckfragehinweis: Institut fuer Computergrafik der Technischen Universitaet Wien, 1040 Wien, Karlsplatz 13, Univ.Prof. Dr.rer.nat. Wilhelm BARTH: Tel. (0222) - 58801 - 4075, DW Email: barth@eiunix.tuwien.ac.at
Das Schachprogramm "Endspiel" kann als Windows-95-Version unter der Internet-Adresse: ftp://eiunix.tuwien.ac.at/pub/endspiel/ kostenlos und frei zugaenglich auf den eigenen Computer geladen werden.
Criteria of this press release:
Information technology
transregional, national
Research projects
German
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