Bonn – Magnete in der Größe von wenigen Millionstel Millimetern eröffnen neue Perspektiven für die Behandlung von Krebs. Diese Nanopartikel sind in der Lage, Krebsmedikamente im Tumor anzureichern oder die Geschwulst durch Wärme zu zerstören. Der Hals-Nasen Ohren-Mediziner Professor Dr. med. Christoph Alexiou aus Erlangen hat diese therapeutischen Ansätze maßgeblich erforscht. Für seine anwendungsorientierte Grundlagenforschung verleiht ihm die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC) den „Anton-von-Tröltsch-Preis“. Der Preis ist mit 8 000 Euro dotiert.
In der Europäischen Union erkranken jährlich rund 1,6 Millionen Menschen an Krebs. Bei fortgeschrittenem Krebs bleiben den Patienten nur Chemotherapie und Bestrahlung. Häufig müssen Ärzte die Medikamente hoch dosieren, damit sie wirken. Doch je höher die Dosis, desto mehr leidet der Patient an Nebenwirkungen wie Übelkeit, Haarausfall oder Organschäden. Dagegen setzt Professor Alexiou, Sektionsleiter für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin am Universitätsklinikum Erlangen, auf eine zielgerichtete Krebstherapie: Nanopartikel sollen die Behandlung effektiver machen und gleichzeitig Nebenwirkungen vermeiden.
Aufgrund ihrer geringen Größe von etwa 100 Nanometern – ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter – gelangen die Partikel durch die Wände feiner Blutgefäße in das Gewebe. Dies machen sich Forscher zunutze, indem sie Krebsmedikamente an magnetisierbare Nanopartikel binden. Anschließend spritzen sie diese in ein Blutgefäß, das zum Tumor führt. Von außen legen sie im Bereich des Tumors einen Magneten auf den Körper des Patienten. Davon angezogen reichern sich die Nanoteilchen mit den Wirkstoffen im Tumor an. „Die Konzentration kann auf diese Weise auf mehr als das Hundertfache erhöht werden“, berichtet Professor Alexiou. Das verringere die Wirkstoffmenge, die zur Behandlung eines Tumors notwendig sei und schone darüber hinaus das gesunde Gewebe. „Schwer lösliche oder instabile Wirkstoffe können durch das neue Verfahren überhaupt erst für die Krebstherapie genutzt werden“, betont der Experte. Die Magnetpartikel selbst seien ungefährlich: sie würden später in Leber und Milz abgebaut.
Ein zweiter zielgericheter Ansatz ist die Hyperthermie. Dabei zerstören die Nanopartikel den Tumor durch Hitze. „Nach dem gezieltem Einspritzen von Nanopartikeln in den Tumor erzeugen wir außerhalb des Körpers ein Magnetfeld, das die Nanopartikel erwärmt“, erläutert Alexiou. Die Temperatur in den Partikeln steigt dabei auf bis zu 47 Grad Celsius, so dass die Krebszellen absterben. „Nach einer Behandlung, die nicht länger als 30 Minuten dauert, kühlt die Tumorregion rasch wieder ab“, so Alexiou.
Für seine erfolgversprechenden Forschungsansätze zeichnete die DGHNO KHC den Forscher mit dem „Anton-von-Tröltsch-Preis“ aus. „Professor Alexiou ist in der Anwendung nanoskaliger Arzneistoffträger für die Tumorbehandlung sowohl national als auch international führend“, erläutert Professor Dr. med. Roland Laszig, Past-Präsident der DGHNO KHC die Entscheidung der Fachgesellschaft. Das Ziel seiner Arbeiten sei es, die Voraussetzung für eine Anwendung dieser neuen Therapieform bei Tumorpatienten zu schaffen und ihnen dadurch eine höhere Lebensqualität zu gewährleisten. Der „Anton-von-Tröltsch-Preis“ wird jährlich von der DGHNO KHC zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vergeben. Die Finanzierung des Preises erfolgt aus den Spenden und aus den Beiträgen der Mitglieder und ist mit 8 000 Euro dotiert.
Quelle:
Alexiou C, Tietze R, Schreiber E, Lyer S.
Pharmakotherapie mittels Nanomedizin
Magnetische Nanopartikel für Drug Delivery und Hyperthermie – neue Chancen für die Krebsbehandlung
Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2010; 53: 839-45.
Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie verfolgt die Förderung der wissenschaftlichen und praktischen HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Zu ihren Aufgaben zählen die Wahrung der Einheit des Fachgebietes der HNO-Heilkunde, die Weiter- und Fortbildung auf dem Fachgebiet sowie die Unterstützung und Beratung anderer wissenschaftlicher Gesellschaften, von Gesundheitsbehörden und anderen Einrichtungen bei Belangen der HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie ist mit ihren knapp 4.500 Mitgliedern in Klinik und Praxis die größte Vereinigung klinisch und praktisch tätiger HNO-Ärzte in Deutschland und in Europa.
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