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02/07/2002 17:48

Stuttgarter Biologen entdecken neue Tierart in der Wilhelma - Kompetenzzentrum BIOTECmarin startet

Ursula Zitzler Stabsstelle Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart

    Festveranstaltung zur Namensgebung und dem Start des bundesweiten Kompetenzzentrums BIOTECmarin am 15. Februar in der Stuttgarter Wilhelma

    Nun wurde sie gefunden und beschrieben: die erste neue Tierart aus der Stuttgarter Wilhelma, die nach dem Zoologisch-Botanischen Garten benannt ist. Ein Schwamm aus den tropischen Becken des Aquariums: Tethya wilhelma Sarà, Sarà, Nickel & Brümmer 2001. Der Name setzt sich aus zwei lateinischen Worten zusammen, dem Gattungsnamen Tethya, der die Gruppenzugehörigkeit eines Tieres angibt, dem Artnamen wilhelma und der Angabe, von wem und wann die Art beschrieben wurde. Die Entdecker sind zwei Wissenschaftler des Biologischen Instituts der Universität Stuttgart, Dr. Michael Nickel und Prof. Franz Brümmer, die sich in ihrer Forschungsarbeit intensiv mit diesen Vielzellern beschäftigen und im bundesweiten Kompetenzzentrum BIOTECmarin mitwirken. Hintergrund für das Interesse der Wissenschaftler an Schwämmen sind pharmazeutisch wirksame Stoffe, die diese im Lauf der Evolution als Spezialisten der chemischen Verteidigung entwickelt haben.

    Aus Anlass der Entdeckung der neuen Schwammart und dem Start des Kompetenzzentrums BIOTECmarin laden wir am Freitag, den 15. Februar zu einem Ortstermin ins Aquarienhaus der Stuttgarter Wilhelma ein:

    Zeit: 15. Februar, 18.00 Uhr
    Ort: Zoologisch-Botanischer Garten Wilhelma, Neckartalstraße, Aquarienhaus

    Bei der Festveranstaltung werden nach Grußworten unter anderem von Wilhelma-Direktor Prof. Dieter Jauch und Prof. Werner Müller von der BIOTECmarin GmbH i.G. die Stuttgarter Wissenschaftler Dr. Nickel den Schwamm "Tethya wilhelma als Kunstwerk der Natur" und Prof. Brümmer das Kompetenzzentrum BIOTECmarin vorstellen.

    Um die Organisation zu erleichtern, bitten wir um Anmeldung unter e-mail: franz.bruemmer@po.uni-stuttgart.de, michael.nickel@po.uni-stuttgart.de oder Fax 0711/685-5096.

    Zusatzinformationen finden Sie im folgenden:

    Schwämme
    Schwämme sind relativ einfach aufgebaute Tiere, die hauptsächlich im Meer, aber auch im Süßwasser leben. Man kennt die genaue Zahl der Arten nicht, aber Schätzungen gehen von weltweit 15.000 bis über 40.000 Arten aus. Eine geringe Anzahl im Vergleich zu den Insekten, von denen es vermutlich weit über eine Million Arten gibt. Dennoch spielen die Schwämme eine beachtliche Rolle in den Meeres-Ökosystemen. Als festsitzende Tiere haben sie im Laufe der Evolution eine Ernährungsform entwickelt, die man als "aktives Filtrieren" bezeichnen kann. Dazu besitzen Schwämme in ihrem Innern Millionen von kleinen Zellen, die mit Hilfe von Geißeln, einer Art von beweglichen Härchen, einen permanenten Wasserstrom durch den Körper erzeugen. Die vielen kleinen Poren an der Körperoberfläche sind die Ein- und Ausströmöffnungen zu dem Kanalsystem, in dem das Wasser durch den Körper geleitet wird. Von diesen Poren haben die Schwämme ihren lateinischen Namen: Porifera, was "Poren tragend" bedeutet. Kleinste organische Partikel, zum Beispiel Plankton, werden mit dem Wasser eingeströmt und herausgefiltert. Davon ernährt sich so ein Schwamm und filtriert unglaubliche Mengen von Wasser, je nach Art und Größe bis zu mehreren Litern pro Stunde.

    Tethya wilhelma ist klein, weiß und kugelrund
    Schwämme sind den meisten nur als Badeschwamm ein Begriff. Was unter der Dusche und in der Badewanne landet, sind die Überreste des faserigen Skeletts eines vormalig lebenden Tieres! Mit dem Badeschwamm ist Tethya wilhelma zwar verwandt, hat jedoch sonst mit ihm nicht viel zu tun. Er ist viel kleiner, meistens nur zwischen einem und vier Zentimetern im Durchmesser. Der Körper ist kugelrund und weiß. Manchmal setzen sich Algen an der Oberfläche ab, dann schimmert er grünlich. Im Gegensatz zum Badeschwamm besitzt er kein faseriges Skelett, sondern eines aus mineralischen Nadeln, die die Körperform stabilisieren. Diese aus Silikat bestehenden Nadeln sind ein wichtiges Merkmal, um den Schwamm zu bestimmen oder zu beschreiben. Weil viele Schwämme ganz unterschiedliche und teilweise bizarre Nadelstrukturen ausbilden, kann man sie daran gut unterscheiden. Tethya wilhelma besitzt neben langen Nadeln sehr schöne mikroskopische "Weihnachtssterne" in unterschiedlichen Größen.

    Pharmazeutisch wirksame Stoffe
    Die Forscher entdeckten diese kleine Schwammart durch Zufall in der Wilhelma. Ursprünglich waren sie im Rahmen eines Forschungsprojektes des Biologischen Instituts der Universität Stuttgart auf der Suche nach leicht kultivierbaren Schwämmen. Für Schwämme interessiert sich die Wissenschaft zur Zeit sehr stark, weil sie ähnlich den tropischen Pflanzen viele pharmazeutisch wirksame Stoffe gegen Viren, Krebs und andere Krankheiten enthalten. Um diese Stoffe zu gewinnen, müssen Schwämme kultiviert werden. Auf der Suche nach nutzbaren Schwämmen fanden Prof. Brümmer und Dr. Nickel in der Wilhelma die weißen Kugeln, die allerdings keine Wirkstoffe enthalten. Dennoch ist er für die Wissenschaftler von großem Interesse: Tethya wilhelma ist ein besonderer Schwamm. Als festgewachsene Tiere sind Schwämme in der Regel bewegungslos. Nicht so der Wilhelma-Schwamm. Bis zu mehrere Zentimeter pro Tag wandert er über Steine und Wände. Wie es funktioniert, ist im Detail noch ungeklärt. Die feinen Körperfortsätze spielen vermutlich eine Rolle. Und weil dieses Verhalten so besonders ist, wird Tethya wilhelma weiter an der Universität Stuttgart untersucht.

    Kompetenzzentrum BIOTECmarin
    Chemische Verteidigung ist für meist an Felsen auf dem Meeresgrund veran-kert lebenden Schwämme überlebensnotwendig, da sie sonst entweder Bakterien schutzlos ausgesetzt wären oder von Algen überwuchert würden. Diese bioaktiven Substanzen sind von hohem pharmazeutischen Wert, konnten bisher jedoch nicht in größerem Maßstab genutzt werden. An diesem Punkt setzt das Kompetenzzentrum BIOTECmarin an, mit dem neue Wege zur schonenden und nachhaltigen Nutzung der Rohstoffquelle Schwamm entwickelt werden sollen. Mit insgesamt acht Millionen Mark vom Bundesforschungsministerium unterstützt, arbeiten zehn Forschergruppen gemeinsam auf diesem Feld; 1,6 Millionen davon fließen an die Universität Stuttgart. Beteiligt sind neben der Uni Stuttgart die Universitäten Mainz, Düsseldorf, Kiel und Würzburg sowie ein Ingenieurbüro aus Mannheim und die Meeresbiologische Station in Rovinj (Kroatien). Ziel ist es, die vorhandenen Kenntnisse zu bündeln, zu erweitern und in biotechnologische Verfahren umzusetzen. Dazu werden die Schwämme und die mit ihnen zusammenlebenden Mikroorganismen artgenau bestimmt. Anschließend soll versucht werden, sie in sogenannten "Marikulturen" direkt im Meer sowie auch in Zellkulturen zu züchten und die medizinisch interessanten Wirkstoffe zu isolieren und zu charakterisieren. Eine Verwertungsgesellschaft wird die wirtschaftlich verwertbaren Ergebnisse patentieren, Lizenzen vergeben, Forschungsprojekte finanzieren und eigene Produkte entwickeln.

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Franz Brümmer und Dr. Michael Nickel, Universität Stuttgart, Biologisches Institut, Abteilung Zoologie, Pfaffenwaldring 57, 70569 Stuttgart,
    Tel. 0711/685-5083, Fax 0711/685-5096, e-mail: franz.bruemmer@po.uni-stuttgart.de, michael.nickel@po.uni-stuttgart.de sowie unter
    www.uni-stuttgart.de/bio/zoologie
    www.biotecmarin.de/


    More information:

    http://www.uni-stuttgart.de/bio/zoologie
    http://www.biotecmarin.de/


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology
    regional
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results
    German


     

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