In den USA, Asien und in Europa, darunter auch in Deutschland, gibt es über 100 klinische Studien, in denen die Wirkung von grünem Tee auf die verschiedensten Erkrankungen geprüft wird. Dazu gehören unter anderem neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson, Chorea Huntington, Multiple Sklerose, Duchenne Muskeldystrophie, Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas (extremes Übergewicht), Herz-Kreislauf-Krankheiten, Entzündungen wie Atherosklerose (Arterienverkalkung) sowie Krebs. Darauf haben Wissenschaftler und Ärzte auf einer internationalen Tagung zu „Tee und Gesundheit“ im Max Delbrück Communications Center (MDC.C) in Berlin-Buch vom 27. - 28. Oktober 2011 aufmerksam gemacht.
Bei den klinischen Studien mit grünem Tee geht es um die Substanz EGCG (Epigallocatechin-3-gallate). Der Neurologe Prof. Friedemann Paul (Exzellenzcluster NeuroCure an der Charité – Universitätsmedizin Berlin), einer der Organisatoren der Konferenz in Berlin-Buch, wies darauf hin, dass die Studien jedoch schwer miteinander zu vergleichen seien. „Die dabei eingesetzten Präparate sind nicht standardisiert. Es gibt Teeaufgüsse und Kapseln, die unterschiedliche Konzentrationen von EGCG enthalten und zum Teil mit Zusatzstoffen, wie etwa Koffein, angereichert sind“, sagte er auf der Konferenz. „Das erschwert eine Bewertung der Ergebnisse. So gibt es keine klaren Aussagen über die Bioverfügbarkeit der Substanz und auch keinen klaren Aussagen darüber, wieviel von der Substanz gegeben werden muß, um eine positive Wirkung zu erzielen“, beklagte er.
Schwierige Finanzierung von Studien
Auf der Tagung ging es auch darum zu zeigen, was bei den klinischen Versuchen bisher als gesichert gelten und wie die klinische Forschung mit EGCG weiter gehen kann. Ein Problem dabei sei die Finanzierung von Studien mit EGCG, da die Substanz für die pharmazeutische Industrie in der Regel nicht von Interesse sei und öffentliche Förderung für erste Pilotstudien in der Regel nicht zur Verfügung stehe. Prof. Paul selbst leitet derzeit drei klinische Studien im klinischen Forschungszentrum des Exzellenzclusters NeuroCure an der Charité zu Multipler Sklerose.
Prävention
Der klinische Pharmakologe und Biochemiker Dr. Michael Boschmann wies auf der Tagung auch auf die präventive Wirkung von grünem Tee hin. „Eine Vielzahl von Studien belegt inzwischen, dass der regelmäßige Konsum von grünem Tee oder Grüntee-Extrakten (GTE) viele gesundheitsfördernde und präventive Wirkungen hat. Viele dieser positiven Effekte bei Adipositas, Diabetes, Entzündungen sowie Herzerkrankungen resultieren aus dem in grünem Tee beziehungsweise Extrakten besonders reichlich vorkommenden EGCG“. Der Stoffwechselexperte forscht am „Experimental and Clinical Research Center (ECRC) von MDC und Charité auf dem Campus Berlin-Buch und ist ebenfalls einer der Organistoren der Tagung.
Dr. Boschmann verwies außerdem auf die zunehmend finanziell und personell überlasteten Gesundheitssysteme in allen Industrienationen durch die genannten Erkrankungen. „Gegenwärtige Therapieprogramme sind häufig kostenintensiv oder mit Nebenwirkungen behaftet. Daher wird zunehmend nach schonenden kostengünstigen Therapieoptionen gesucht“, sagte er.
Aussagen über Wirkung belegen
Weiteres Schwerpunktthema des Kongresses ist die sogenannte Health Claims-Verordnung der Europäischen Union, die besagt, dass Hersteller von Lebensmitteln Ausssagen über die Wirksamkeit eines Lebensmittels, zu dem der grüne Tee auch zählt, belegen müssen. Prof. Paul erklärte in diesem Zusammenhang: „Hier hat EGCG Modellcharakter. Die Industrie wird zunehmend gefordert sein, ihre Aussagen zu belegen. Das ist nur durch kontrollierte klinische Studien möglich, wie sie derzeit unter anderem auch von Charité- und MDC-Forschern durchgeführt werden.“
MDC-Forscher brachte 2006 Ball ins Rollen
Den Ball der Forschungen mit EGCG ins Rollen gebracht hatte der Neurowissenschaftler Prof. Erich Wanker vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch. Seine Mitarbeiter und er hatten bereits 2006 in Laborversuchen die positive Wirkung der Grüntee-Substanz EGCG bei Chorea Huntington entdeckt. 2008 konnten sie außerdem zeigen, dass durch die Substanz die Protein-Fehlfaltungsprozesse bei Parkinson und Alzheimer dramatisch beeinflusst werden. „Wir versuchen jetzt mit Strukturbiologen den Wirkmechanismus von EGCG im Detail bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen aufzuklären“, sagte Prof. Wanker, der ebenfalls die Tagung mitorganisierte.
An der zweitägigen Konferenz nehmen Wissenschaftler und Ärzte aus verschiedenen Ländern Europas, aus Israel, Japan und den USA teil. Die Konferenz initiiert hatte die International Society for Antioxidant in Nutrition & Health (ISANH), Organisatoren in Berlin waren die Charité und das MDC.
Barbara Bachtler
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Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Chemistry, Medicine
transregional, national
Scientific conferences
German
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