idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
10/27/2011 17:37

Wie Cannabinoide und Valium im Gehirn zusammenspielen

lic. phil. Nathalie Matter Abteilung Kommunikation
Universität Bern

    Berner Forschende haben entdeckt, dass körpereigene Cannabinoide mit Medikamenten wie Valium im Hirn interagieren. Dieser neu entdeckte Mechanismus könnte eine Grundlage sein für die Therapie von neurologischen Störungen wie Angstzuständen, Schlaflosigkeit oder Hyperaktivität.

    Im menschlichen Gehirn lösen körpereigene Substanzen komplexe neurochemische Prozesse aus, die unsere Wahrnehmung und unser Verhalten beeinflussen. Zu diesen Stoffen gehören die Endocannabinoide, das sogenannte «körpereigene Haschisch». Sie aktivieren spezifische Cannabinoid-Rezeptoren und können unter anderem schmerzstillend wirken.

    Sie besetzen aber auch «fremdes Territorium», indem sie andere als die «eigenen» Rezeptoren aktivieren. Dies haben Prof. Erwin Sigel und Prof. Jürg Gertsch vom Institut für Biochemie und Molekularer Medizin der Universität Bern in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und England herausgefunden. Sie untersuchten das Hauptendocannabinoid 2-AG und entdeckten, dass dieses Rezeptoren beeinflusst, die unsere mentale und physische Aktivität verringern. Mit anderen Worten: Das Cannabinoid unterstüzt bremsendes Verhalten - wirkt also sedierend. Dies könnte ein entscheidender Mechanismus bei der Behandlung von Schlafstörungen und Angstzuständen sein. Die Studie wurde nun in den «Proceedings of the National Academy of Sciences» publiziert.

    Neue Bindungsstelle identifiziert

    Auf Nervenzellen, die unsere Aktivität verringern und unter anderem unseren Schlaf steuern, befinden sich sogenannte GABA-A-Rezeptoren. Sie werden benötigt, damit beispielsweise das Schlafmittel Valium seine Wirkung entfalten kann. Sowohl die GABA-A- als auch Cannabinoid-Rezeptoren sind weitverbreitet im Gehirn und beeinflussen das Schmerzempfinden, den Schlaf und das Bewegungsverhalten. Wie dies genau geschieht, war aber bisher unklar. Bekannt war nur, dass die körpereigenen Cannabinoide im Hirn die GABA-A-Rezeptoren indirekt «ausschalten» können, indem sie deren Botenstoff blockieren: Dadurch wirken sie auf indirekte Weise stimulierend, zum Beispiel schlafstörend. Nun haben Erwin Sigel und Jürg Gertsch erstmals zeigen können, dass Cannabinoide auch direkt auf den GABA-A-Rezeptoren «andocken» können - und dass sie dort aber nicht stimulierend, sondern beruhigend wirken.

    Mittels molekularbiologischer Methoden haben die Forschenden eine neue funktionelle Bindungsstelle für das Hauptendocannabinoid 2-AG auf dem GABA-A-Rezeptor identifiziert. Wird diese Bindungsstelle durch 2-AG besetzt, reagiert der GABA-A-Rezeptor stärker. Eine Verstärkung der GABA-A-Rezeptorfunktion wirkt beruhigend, angstlösend und muskelrelaxierend. Auf dem Rezeptor konnten ferner Synergie-Effekte zwischen dem 2-AG und Valium sowie anderen Substanzen gemessen werden. Endocannabinoide unterstützen also auch Valium, das ebenfalls auf den GABA-A-Rezeptoren «andockt».

    2-AG wird ausserdem im Hirn für den Stoffwechselvorgang der Arachidonsäure benötigt und steht so in einem Zusammenhang mit entzündlichen Krankheiten. Gemäss Gertsch sind die Wirkungen von 2-AG im Hirn noch weitgehend unerforscht. Der neu entdeckte Mechanismus auf den GABA-A-Rezeptoren bildet nun die Grundlage für weitere Studien: «Wir wollen Wirkstoffe für diese Bindungsstelle entwickeln und prüfen, ob diese bei neurologischen Erkrankungen wie Angstzuständen, Formen der Schlaflosigkeit oder Hyperaktivität einen therapeutischen Effekt auslösen können», sagt Gertsch.

    Quellenangabe:
    Erwin Sigel, Roland Baur, Ildiko Rácz, Janine Marazzi, Trevor G. Smart, Andreas Zimmer, and Jürg Gertsch: The major central endocannabinoid directly acts at GABAA receptors, PNAS Early Edition, 24. Oktober 2011, doi/10.1073/pnas.1113444108


    More information:

    http://www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2011/en...


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Chemistry, Medicine
    transregional, national
    Transfer of Science or Research
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).