idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
11/03/2011 10:41

Internationale Konferenz zur Kultur russischer Emigranten des 20. Jahrhunderts in Saarbrücken

Gerhild Sieber Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Die kulturelle Identität russischer Emigranten, ihr künstlerisches Schaffen und das Verhältnis zwischen alter und neuer Heimat sind die Themen einer interdisziplinären Konferenz, die am 18. und 19. November 2011 an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken stattfindet. Im Fokus stehen sowohl Komponisten als auch Literaten und Bildende Künstler. Die internationale Konferenz „Russian Emigré Culture: Conservatism or Evolution?“ behandelt das Thema Emigration erstmalig in dieser Breite und über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg. Sie wird gemeinsam von den Instituten für Musikwissenschaft, für Kunstgeschichte und für Slavistik veranstaltet.

    Die Konferenz findet im Rahmen des Festivals „Russische Musik im Exil“ statt, das die Saar-Uni vom 6. bis 19. November gemeinsam mit der Hochschule für Musik veranstaltet. Auf dem Programm stehen dabei auch neun Konzerte mit namhaften internationalen Künstlern und mehrere Vortragsveranstaltungen.

    „Mehrere Wellen der Emigration haben die russische Kultur im 20. Jahrhundert zersplittert: die ‚weiße’ Emigration nach der Oktoberrevolution 1917, die ‚stumme’ mit dem Ausbruch des Krieges 1941, die ‚intellektuelle’ im Kalten Krieg und die sogenannte ‚Wurst-Emigration’ in post-sowjetischer Zeit, die bis heute andauert“, erläutert Professor Christoph Flamm. Der Musikwissenschaftler, der kürzlich von der Universität des Saarlandes nach Berlin gewechselt ist, hat die Konferenz in Saarbrücken gemeinsam mit dem Professor für Kunstgeschichte Henry Keazor und dem Slavistik-Professor Roland Marti organisiert.

    Unter den Millionen Russen, die in den letzten hundert Jahren ihre Heimat verlassen haben, waren viele Künstler und Komponisten. „In ihren Werken spiegeln sich alte und neue Identitäten, sind ästhetische, biografische und im weitesten Sinne politische Aspekte auf komplexe Weise verknüpft“, sagt Flamm. „Mit der Konferenz wollen wir den Blick auf die russische Emigrationskunst präzisieren, wie das in dieser Breite, nämlich aus der Perspektive dreier Disziplinen, noch nie geschehen ist. “ Zwei Tage lang werden zwanzig Referenten aus vielen europäischen Ländern, aus Russland, Kanada und den USA diskutieren, in wie weit die Form der künstlerischen Äußerung der Emigranten in Beziehung zum Exil steht. Betrachtet werden dabei sowohl konservative Künstler, die sich als „Bewahrer der einzigen Kunst“ sehen, als auch progressive Vertreter, die sich oft als wegen ihrer Kunst Verfolgte stilisiert haben. Viele emigrierten nach Berlin, Paris oder Belgrad, wo sich Emigranten-Gemeinden bildeten.

    Der Emigranten-Literatur und den Bildenden Künsten widmet sich der erste Konferenztag. In der Literatur geht es beispielsweise um jüdische Identität im zaristischen Russland und in der Emigration. Bei den Bildenden Künsten werden unter anderem das Exilwerk der Malerin Natalja Gontscharowa und das Werk des bekannten Malers und Architekten El Lissitzky betrachtet. Gleich zwei Vorträge widmen sich der Emigration nach Serbien und der Frage der Identifikation mit dem „Brudervolk“.

    Ganz im Zeichen der Musik steht der zweite Konferenztag. Vorgestellt werden berühmte Emigranten, darunter Igor Strawinsky, der in der Emigration neue Kompositionstechniken entwickelte. Weitere Vorträge behandeln das russische Musikleben im Paris der 1920er Jahre und die kollektive Identität russischer Musiker zur gleichen Zeit in Berlin. „In Paris und Berlin entstanden Künstlerkolonien, in denen sich Netzwerke bildeten und russische Verlage entwickelten“, erläutert Christoph Flamm. „Die Frage, die sich dabei stellt, ist, ob es einen kollektiven Stil gab, also gemeinsame ästhetische Vorstellungen.“ Doch das sei nicht der Fall gewesen, es gebe keine „Berliner Schule“ oder „Pariser Schule“. „Letztlich blieben alle emigrierten Künstler Individuen – mit einem Spektrum von konservativ bis ultramodern –, die lediglich gemeinsame nationale Vorstellungen hatten.“ Ein Komponist, der in der russischen Emigrantengemeinde immer ein Fremder blieb, war beispielsweise Arthur Lourié. Über ihn referiert Oleja Bobrik aus Moskau. Sie war wissenschaftliche Beraterin für den Dokumentarfilm „Artur Lourié und Anna Achmatova“, der zum Abschluss der Konferenz gezeigt wird. Ein weiteres Thema der Konferenz ist die Kommunikation zwischen Emigrierten und Daheimgebliebenen. Vorgestellt wird es am Beispiel der Korrespondenz zwischen Mjaskowsky und Prokofjew, dem einzigen berühmten Musiker, der letztendlich wieder in die Sowjetunion zurückkehrte. Um Schicksale zeitgenössischer emigrierter Komponisten geht es im Vortrag von Elena Dubinets aus Seattle, die rund um den Globus reist, um Interviews mit russischen Emigranten zu führen.

    Die Tagung auf dem Campus Saarbrücken (Gebäude C7 4, Konferenzsaal) steht allen Interessierten offen.

    Weitere Informationen zur Konferenz unter: http://www.uni-saarland.de/rec2011
    und zum Festival unter: http://www.hfm.saarland.de/frm2011

    Kontakt:
    Prof. Christoph Flamm (Musik)
    Universität der Künste Berlin
    E-Mail: c.flamm@mx.uni-saarland.de, flamm@udk-berlin.de
    Tel. 0160 96724384

    Prof. Henry Keazor (Kunstgeschichte)
    Tel. 0681 302-3317
    E-Mail: h.keazor@mx.uni-saarland.de

    Prof. Roland Marti (Literatur)
    Tel. 0681 302-3771, -3321
    E-Mail: rwmslav@mx.uni-saarland.de

    Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-ISDN-Codec. Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610) richten.


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Art / design, Cultural sciences, Language / literature, Music / theatre, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).