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03/01/2002 15:36

Hochwassergefahr waechst weltweit - Hydrologe Dr. Bruno Merz ueber das aktuelle Hochwasserrisiko

Lutz Peschke Öffentlichkeitsarbeit
Wissenschaft im Dialog

    Hochwassergefahr waechst weltweit
    Der Hydrologe Dr. Bruno Merz ueber das aktuelle Hochwasserrisiko

    Dr. Bruno Merz ist Projektleiter des Deutschen Forschungsnetzes fuer Naturkatastrophen (DFNK) in Potsdam. Das DFNK entwickelt u.a. Konzepte zur Abschaetzung von Hochwasserrisiken. Dabei werden nicht nur meteorologische, hydrologische und hydraulische Prozesse berechnet, sondern auch die Schaedigung (Vulnerabilitaet) der betroffenen Menschen, Flaechen und Gebaeude.

    Frage: Was sind die Ursachen fuer die aktuelle Hochwassersituation?

    Die Monate Dezember, Januar und Februar waren zu warm und zu nass. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) betrug die Temperaturabweichung 2.5 bis 3 Grad. Vor allem der Monat Februar war viel zu warm, naemlich 4 bis 5 Grad. Außerdem war der Februar sehr nass, vielfach wurde sogar die absolut hoechste Niederschlagsmenge gemessen.

    Frage: Wodurch zeichnen sich Winterhochwasser aus?

    Winterhochwasser zeichnen sich dadurch aus, dass großraeumig Niederschlaege auf Boeden fallen, die durch Regen, Schneeschmelze und die geringe Verdunstung in den Wintermonaten nahezu gesaettigt sind. Der Niederschlag kann nur teilweise in den Boden eindringen, somit fließt er schneller als ueblich und oberflaechig in die Baeche. Es kommt also ein sehr großer Anteil des Niederschlags sofort zum Abfluss.

    Frage: Wird sich die Situation in der naechsten Zeit verschlimmern?

    Grundsaetzlich sind feuchte Einzugsgebiete mit gesaettigten Boeden immer hochwassergefaehrdet. Ob sich die Situation verschlimmert, haengt von der Niederschlaegen der naechsten Tage ab.

    Frage: Ist eine Hochwasserkatastrophe zu befuerchten oder nur die fuer diese Jahreszeit ueblichen Hochwasser?

    Es ist zu unterscheiden zwischen einem extremen Naturereignis und einer Naturkatastrophe. Ein extremes Naturereignis wird erst dann zur Katastrophe, wenn es auf den Menschen und seine Siedlungen trifft und die Vorsorgemaßnahmen und das Bewaeltigungsvermoegen nicht ausreichen.

    Frage: Gibt es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Bebauung und Hochwasserrisiko?

    Die zunehmende Versiegelung der Landschaft durch Siedlungen und Straßen fuehrt zu erhoehten Abfluessen. Diese Aussage gilt vor allem fuer kleine Einzugsgebiete und fuer kurze, starke Niederschlagsereignisse wie Gewitter. Je groeßer das Einzugsgebiet, desto geringer wird der Einfluss der Versiegelung auf den Hochwasserabfluss. Fuer sehr große Hochwasserereignisse an großen Fluessen macht sich die Versiegelung oder Bebauung deshalb kaum bemerkbar.

    Fuer die Vulnerabilitaet bei Hochwasser gilt folgendes: Solange kaum Menschen in Flussnaehe lebten und arbeiteten, waren auch extreme Abfluesse von geringer Bedeutung. Diese Flaechen, z.B. ehemalige Ueberschwemmungsflaechen, werden in Deutschland, aber auch in vielen anderen Laendern besonders intensiv durch Besiedlung, Industrie, Infrastruktur und Landwirtschaft genutzt. In den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten haben sich Menschen und Werte gerade in den Flaechen angesammelt, die durch Ueberschwemmungen besonders bedroht sind.

    Frage: Nehmen Unwetterkatastrophen in letzter Zeit tatsaechlich zu oder erwecken Medienberichte bloß den Anschein?

    Der jetzige Winter passt zu einem in Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten beobachteten Trend: Die Winter werden waermer und feuchter, und die Sommer trockener. Es faellt also mehr Niederschlag, und wegen der hoeheren Temperaturen im Winter faellt der Niederschlag verstaerkt als Regen und nicht als Schnee. Dies fuehrt dann zu hoeheren Abfluessen. Man geht davon aus, dass Winterhochwasser verstaerkt auftreten. Hoehere Abfluesse im Winter werden z.B. durch die Abflussmessungen im Rheineinzugsgebiet beobachtet.

    Eine im Januar 2002 in nature veroeffentlichte amerikanische Studie analysierte weltweit beobachtete große Hochwasser in 29 großen Flusseinzugsgebieten. Die Studie zeigt, dass die Haeufigkeit von großen Hochwassern im 20. Jahrhundert tatsaechlich signifikant gestiegen ist. Berechnungen mit Klimamodellen lassen erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt.

    Es wird aber nicht nur eine Verschaerfung der Hochwassersituation an Fluessen erwartet. Die Erwaermung sorgt dafuer, dass die Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Gemeinsam mit verstaerkten Konvektionsprozessen werden auch haeufigere und intensivere Starkniederschlagereignisse wie Gewitter erwartet, die Sturzfluten hervorrufen. Diese Ereignisse betreffen zwar vergleichsweise kleine Regionen, jedoch sind solche lokalen Ereignisse aufgrund ihrer Haeufigkeit fuer einen Großteil der Hochwasserschaeden in Deutschland verantwortlich.

    Das DFNK ist eine Initiative deutscher Forschungseinrichtungen und Institutionen. Es hat zum Ziel, Erfahrungen und Wissen, Methoden und Daten auf dem Gebiet Naturkatastrophen aus Natur-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften zusammenzufuehren und nutzerorientiert aufzubereiten. Neben Hochwasser bearbeitet das DFNK die Naturgefahren Sturm, Erdbeben und Waldbrand.

    2002 ist das Jahr der Geowissenschaften. Ziel ist es, die geowissenschaftliche Forschung transparenter zu machen und einen lebendigen und kontroversen Dialog zwischen den Wissenschaftlern und der OEffentlichkeit zu initiieren. Die naechste Zentralveranstaltung zum Jahr der Geowissenschaften findet vom 17. bis 21. April in Leipzig statt. Die Wissenschafts-Erlebnistage in den Promenaden des Hauptbahnhofs drehen sich um das Element luft. Das Jhr der Geowissenschaften geht ebenso wie das Jahr der Physik 2000 und das Jahr der Lebenswissenschaften 2001 auf die Initiative Wissenschaft im Dialog zurueck, die von Bundesministerin Bulmahn, dem Stifterverband und den großen Forschungsorganisationen 1999 ins Leben gerufen wurde.

    Bei Interviewwuenschen und Rueckfragen wenden Sie sich bitte an:

    iserundschmidt, Kreativagentur fuer PublicRelations GmbH, Bad Honnef und Berlin
    Reinhardtstr. 15 - 17, 10117 Berlin; Tel.: 030 -308 78 09 10; Fax: 030 - 08 78 09 20
    Hauptstr. 20a, 53604 Bad Honnef; Tel.: 02224 - 51 95 29; Fax: 02224 -951 95 19
    E-Mail: presse@planeterde.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Construction / architecture, Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate, Social studies, Traffic / transport
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research projects
    German


     

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