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03/05/2002 14:05

Traumaforschung in interkultureller Perspektive

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    VolkswagenStiftung fördert Gastdozentur des mosambikanischen
    Traumatologen Victor Igreja am Hamburger Universitätsklinikum

    Wie lassen sich traumatische Erlebnisse wie Kriege, Naturkatastrophen, Verbrechen, gewaltsame Vertreibungen und Fluchterlebnisse verarbeiten? Lässt sich so etwas überhaupt vollständig bewältigen? Und: Gehen die
    Menschen verschiedener Gesellschaften mit solchen Ereignissen und Erfahrungen unterschiedlich um? Mit eben dieser Frage, inwieweit der Umgang mit potenziell traumatisierenden Ereignissen von kulturellen Faktoren abhängt, beschäftigt sich seit vielen Jahren Professor Dr. Peter Riedesser vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Damit sich den hier zu Lande an diesen Fragestellungen interessierten Wissenschaftlern und Studierenden nun ein anderer möglicher Blickwinkel eröffnen kann, unterstützt die VolkswagenStiftung mit rund 35.000 Euro die sechsmonatige Gastdozentur des mosambikanischen Psychotraumatologen Victor Igreja an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters am UKE.

    Igreja, der jetzt in Hamburg mit seinen Vorträgen beginnt, forscht und lehrt seit langem zur transkulturellen Psychologie und Psychotherapie. Er gehört zum viel versprechenden afrikanischen wissenschaftlichen Nachwuchs und ist international anerkannter Experte für "nicht westliche" Konzepte von Gesundheit und Krankheit, von Trauma und Psychotrauma, von Therapie und Prävention. Diesem Feld entstammen auch die einzelnen Themen, denen sich Victor Igreja im Verlauf von insgesamt 15 Vorlesungen widmen wird. Zielgruppen sind neben den bereits Genannten vor allem Psychiater,Psychotherapeuten, Sozialarbeiter und Fachleute aller Gesundheitsberufe, die in Deutschland mit Fluchtopfern arbeiten. Da sich Auswirkungen traumatisierender Ereignisse ebenso wie Bewältigungsstrategien bei Kindern und Erwachsenen oft unterscheiden, differenziert Igreja entsprechend.

    "Es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass bei der Bewältigung von Krisen und Katastrophen traditionelle Riten, soziales Gefüge und gesellschaftliche Normen eine noch größere Rolle spielen als bislang angenommen", meint Riedesser. Daher sei es äußerst wichtig zu erfahren und zu lernen, über welche typischen Ressourcen und Bewältigungsstrategien die Menschen in ihrer jeweiligen Kultur verfügten. "Die Vorlesungen sollen daher auch einen Eindruck davon vermitteln, welche kreativen Leistungen Menschen bei der Bewältigung traumatischer Erfahrungen entwickeln können", fügt Igreja hinzu. Das Studium dieser "Coping-Leistungen", zudem noch - wie eben jetzt in Hamburg - in der gemeinsamen Diskussion und Analyse von Menschen unterschiedlicher Kulturen, verspreche darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse über Zusammenhänge zwischen Identität und Kultur, sind sich Riedesser und Igreja einig.

    Besonderes Augenmerk im Hinblick auf traumatische Erlebnisse in afrikanischen Kulturen gilt der Geschlechterthematik. In einer Vorlesung mit dem Titel "Trauma, Geschlecht und Gesundheit" wird sich Igreja mit der Gewalt gegen Frauen beschäftigen, und zwar zunächst am Beispiel Mosambiks. Im weiteren Verlauf werden dann auch andere ethno-kulturelle Gegebenheiten einbezogen. Vor allem sollen Erfahrungen zur Sprache kommen, die Frauen im Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen im früheren Jugoslawien gemacht haben und unter denen viele heute noch leiden.

    Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Langzeiteffekten traumatischer Erlebnisse. In diesem Kontext werden in zwei Vorlesungen die Folgen traumatischer Ereignisse behandelt, die in einer Mutter-Kind-Beziehung während der ersten beiden Lebensjahre auftreten.

    Die Vorlesungsreihe endet mit einer interkulturellen Begegnungsrunde: Drei junge mosambikanische Nachwuchswissenschaftler werden nach Hamburg eingeladen mit dem Ziel, zwischen ihnen und jungen deutschen Kollegen einen Austausch zu etablieren. Über weitere Partnerschaften zwischen Studierenden aus Deutschland und Mosambik soll der interkulturelle wissenschaftliche Dialog auf diesem Gebiet dann stabilisiert werden.

    "Die sechs Monate Victor Igrejas sind eine wichtige Bereicherung für Lehre, Forschung - und auch ganz konkret für die Krankenversorgung", betont Riedesser. So sollen davon zum Beispiel die in der Klinik betreuten traumatisierten Jugendlichen aus Westafrika profitieren. Und jenseits der Tore des UKE dürfte der Besuch Igrejas auch den mit der Klinik eng kooperierenden Einrichtungen zugute kommen: etwa der Arbeitsgruppe Ethnopsychoanalyse der Medizinischen Hochschule Hannover (Professor Wielant Machleidt) oder den Partnern an den Universitäten in Bremen (Professor Ducklé), Heidelberg (Professor Franz Resch), Tübingen (Professor Günter Klosinski), Basel (Professor Dieter Bürgin) und Leiden (Professorin Annemiek Richters). "Darüber hinaus werden wir die Zeit nutzen, um Lehr- und Forschungskooperationen mit Arbeitsgruppen in weiteren Ländern aufzubauen - und zwar zunächst in der Schweiz, in Frankreich und in Angola", haben sich Igreja und Riedesser gemeinsam vorgenommen.

    Kontakt: VolkswagenStiftung, Presse- und
    Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Christian Jung
    Telefon: 05 11/83 81 - 380,
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    Kontakt Victor Igreja: Universitätsklinikum
    Hamburg-Eppendorf, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters
    Victor Igreja (englischsprachig),
    Telefon: 0 40/4 28 03 - 22 02, E-Mail: vigreja@yahoo.com
    (Kontakt bitte bevorzugt über Mail)


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    Criteria of this press release:
    Media and communication sciences, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Philosophy / ethics, Psychology, Religion, Social studies
    transregional, national
    Research projects, Studies and teaching
    German


     

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