Volkskundler der Uni Jena unterstützen Märchensymposium am 25.11. in Meiningen
Weihnachtszeit ist Märchenzeit. Auf Weihnachtsmärkten werden für die Jüngsten kleine Märchenwälder aufgebaut, Vorleser sitzen mit einem großen Buch im Ohrensessel umlagert von gespannten Kindern, und im Fernsehen treten Prinzessinnen und Hexen in Endlosschleife auf. „Dabei waren Märchen ursprünglich nicht unbedingt für Kinder gedacht sondern eher für Heranwachsende und Erwachsene“, sagt Kathrin Pöge-Alder von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Welche reifen Gedanken hinter den meist kurzen Geschichten stecken, davon können sich die Besucher des Symposiums zur Märchen- und Erzählforschung „Märchen – Vergessen, verschwunden, wieder entdeckt“ überzeugen, das im Rahmen des Thüringer Märchen- und Sagenfestes 2011 am 25. November in Meiningen stattfindet. Der Bereich Volkskunde/Kulturgeschichte der Universität Jena liefert als Mitveranstalter neben der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, dem Kulturamt Meiningen und Lese-Zeichen e. V. viele Teile zur inhaltlichen Gestaltung der Tagung. Seit 2001 widmet sich die südthüringische Stadt auf diese Art alle zwei Jahre den alten Geschichten und ihren Erzählern im Andenken an Ludwig Bechstein. Der Märchenautor hat fast 30 Jahre in Meiningen gelebt und gewirkt.
Während des Symposiums treffen sich Interessierte aus ganz Deutschland, um sich dem Thema wissenschaftlich zu nähern. „Märchen haben oft einen vergleichbaren Aufbau, der deutlich darauf hinweist, dass sie im kleinen Format Lebenserklärungen liefern“, erklärt Dr. Kathrin Pöge-Alder, Märchenexpertin von der Uni Jena. „Meist liegt am Anfang eines Märchens eine Mangelsituation vor, ein Held muss ausziehen, um sie zu beseitigen, dabei Prüfungen bestehen, sich bewähren und kehrt schließlich gestärkt zurück.“ Nicht selten steht am Ende eine Hochzeit – und markiert somit den Schlusspunkt des Erwachsenwerdens. Nicht selten werden Märchen in der Psychologie herangezogen. „Ohne Kenntnisse in diesem Bereich braucht man sich zum Beispiel dem Werk des berühmten Psychoanalytikers Carl Gustav Jung gar nicht nähern“, sagt Pöge-Alder. „Denn für ihn sind in Märchen und Mythen archetypische Strukturen enthalten.“
Die diesjährige Tagung dreht sich vor allem um vergessene Märchen: Wie man sie findet, wie man sie erzählt und warum andere heute populär sind und morgen vielleicht vergessen? Von Räubern ist die Rede, und sogar von Menschenfressern.
Im Anschluss an das Symposium wird der Thüringer Märchen- und Sagenpreis „Ludwig Bechstein“ verliehen. Er geht in diesem Jahr an die britische Erzählerin Jan Blake. Sie hat sich in den vergangenen Jahren in der weltweiten Erzählergemeinde einen Namen gemacht und wird auch in Thüringen einige Auftritte absolvieren. „Wir möchten mit diesem Preis das Erzählen in Thüringen international eingebunden zeigen und ins Rampenlicht rücken“, sagt Pöge-Alder. Schließlich habe es eine lange Tradition und – genauso wie auch die Märchen – richte sie sich bei weitem nicht nur an Kinder. Geschichten habe man sich schließlich zu allen Zeiten erzählt.
Das Interesse jedenfalls ist sehr groß. Allein 35 Jenaer Studentinnen und Studenten werden eine Exkursion zur Tagung machen. Weitere stehen auf der Warteliste.
Kontakt:
Dr. Kathrin Pöge-Alder
Bereich Volkskunde/Kulturgeschichte der Universität Jena
Zwätzengasse 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944390
E-Mail: kathrin.poege-alder[at]uni-jena.de
Diorama aus dem Heimatmuseum Reichmannsdorf (Kreis Saalfeld-Rudolstadt): Auch Aschenputtel muss sich ...
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