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12/02/2011 14:58

Heidelberger Forscher erzeugen „gequetschtes“ Quantenvakuum gefüllt mit Atomen

Marietta Fuhrmann-Koch Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Die Quantentheorie ist bekannt für ihre befremdlichen Gesetzmäßigkeiten, die den fundamentalen Prinzipien der klassischen Physik zu widersprechen scheinen. Wissenschaftlern der Universität Heidelberg ist es nun gelungen, im Experiment einen besonderen Quantenzustand zwischen zwei mesoskopischen Gasen mit rund 500 Atomen zu erzeugen. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes „gequetschtes“ Vakuum, bei dem die Messung an einem Gas die Ergebnisse der Messungen an dem anderen Gas festlegt. Für den Nachweis musste das Team von Prof. Dr. Markus Oberthaler am Kirchhoff-Institut für Physik eine neuartige Nachweismethode zur Messung bisher nicht zugänglicher Größen atomarer Gase entwickeln.

    Pressemitteilung
    Heidelberg, 2. Dezember 2011

    Heidelberger Forscher erzeugen „gequetschtes“ Quantenvakuum gefüllt mit Atomen
    Basis ist eine neuartige Nachweismethode zur Messung bisher nicht zugänglicher Größen atomarer Gase

    Die Quantentheorie ist bekannt für ihre befremdlichen Gesetzmäßigkeiten, die den fundamentalen Prinzipien der klassischen Physik zu widersprechen scheinen. Wissenschaftlern der Universität Heidelberg ist es nun gelungen, im Experiment einen besonderen Quantenzustand zwischen zwei mesoskopischen Gasen mit rund 500 Atomen zu erzeugen. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes „gequetschtes“ Vakuum, bei dem die Messung an einem Gas die Ergebnisse der Messungen an dem anderen Gas festlegt. Für den Nachweis musste das Team von Prof. Dr. Markus Oberthaler am Kirchhoff-Institut für Physik eine neuartige Nachweismethode zur Messung bisher nicht zugänglicher Größen atomarer Gase entwickeln. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

    Der von den Heidelberger Wissenschaftlern beobachtete Quantenzustand ist von besonderem Interesse, seit er 1935 von Einstein, Podolsky und Rosen (EPR) im Rahmen eines Gedankenexperiments benannt wurde. Die drei Forscher wollten damit zeigen, dass die Quantenmechanik nicht verträglich ist mit der Existenz lokaler Eigenschaften physikalischer Systeme, die sich experimentell beobachten lassen. Ein EPR-Szenario bezieht sich auf einen Zustand von zwei Systemen, die quantenverschränkt sind: Dabei wirkt sich die Messung des einen Systems unmittelbar auf das Ergebnis der Messung in dem anderen System aus – ein Fakt, der nach der traditionellen Denkweise unserer Alltagswelt nicht zu verstehen ist, denn hier existieren Gesetzmäßigkeiten der Physik unabhängig davon, ob sie beobachtet werden oder nicht.

    Die Besonderheit des Quantenzustands, der von Prof. Oberthaler und seinem Team entdeckt und erzeugt wurde, liegt in der Quantenverschränkung von kontinuierlichen Variablen. Dies bedeutet, dass jeweils einzelne Messungen an beiden Gasen viele verschiedene Werte prinzipiell zufällig ergeben. Nach der Messung an einem Gas aber lassen sich alle weiteren Messungen am zweiten – verschränkten – Gas exakt vorhersagen. Um ein „gequetschtes“ Quantenvakuum mit seinen besonderen Eigenschaften im Labor realisieren und nachweisen zu können, arbeiteten die Wissenschaftler mit einem Bose-Einstein-Kondensat. Beschrieben wird damit ein extremer Aggregatzustand eines Systems ununterscheidbarer Teilchen, die sich überwiegend im selben quantenmechanischen Zustand befinden. Eingesetzt wurde ein Kondensat aus Rubidium-Atomen bei ultrakalten Temperaturen von 0,0000001 Kelvin über dem absoluten Temperaturnullpunkt.

    „Unser Versuchsaufbau musste außerordentlich stabil sein, da wir Messungen über viele Tage hinweg non-stop durchgeführt haben, um mit den Daten die Erzeugung einer Quantenverschränkung belegen zu können“, erläutert Prof. Oberthaler. Dazu mussten die Wissenschaftler die Stabilität von Magnetfeldern gewährleisten, die 10.000 Mal kleiner ist als die des Magnetfeldes der Erde. Eine weitere Voraussetzung war die Realisierung eines Gases, das aus 500 Atomen mit einer Fehlertoleranz von weniger als acht Atomen besteht, denn das Teilchenrauschen diente als Signal für eine erfolgreich generierte Verschränkung. Prof. Oberthaler: „Bei Experimenten ist Rauschen üblicherweise unerwünscht, doch in unseren Forschungsarbeiten lieferte die sorgfältige Untersuchung des Rauschens den Beleg für das Vorhandensein einer Quantenverschränkung.“ Für die Heidelberger Wissenschaftler bestand die Herausforderung darin, das technische Rauschen so weit zu unterdrücken, dass das Quantenrauschen beobachtbar wurde.

    Von den Forschungsergebnissen erhoffen sich Prof. Oberthaler und sein Team eine Anwendung für präzise Atominterferometrie, sehen die Erkenntnisse aber auch als wichtigen Schritt zur Untersuchung fundamentaler Fragen über quantenmechanische Verschränkung von massiven Teilchen.

    Informationen im Internet können unter www.kip.uni-heidelberg.de/matterwaveoptics abgerufen werden.

    Originalpublikation:
    C. Gross, H. Strobel, E. Nicklas, T. Zibold, N. Bar-Gill, G. Kurizki and M.K. Oberthaler: Atomic homodyne detection of continuous variable entangled twin-atom states. Nature online, 30. November 2011, doi: 10.1038/nature10654

    Kontakt:
    Prof. Dr. Markus Oberthaler
    Kirchhoff-Institut für Physik
    Telefon (06221) 54-5170
    markus.oberthaler@kip.uni-heidelberg.de


    Images

    Bei Experimenten ist Rauschen üblicherweise unerwünscht, und die Herausforderung besteht darin, es zu minimieren. In diesem Fall dient das Rauschen als Signal, das das Vorhandensein einer Quantenverschränkung verrät. Obwohl die Zahl der Atome in den beiden Gasen (rot und blau dargestellt) extrem stark fluktuiert, ist deren Differenz (schwarz dargestellt) äußerst klein. Zur korrekten Analyse reichen wenige Experimente (links) nicht aus, sondern das Rauschen muss in langen Messreihen analysiert werden (rechts).
    Bei Experimenten ist Rauschen üblicherweise unerwünscht, und die Herausforderung besteht darin, es z ...
    Abbildung: Kirchhoff-Institut für Physik
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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Bei Experimenten ist Rauschen üblicherweise unerwünscht, und die Herausforderung besteht darin, es zu minimieren. In diesem Fall dient das Rauschen als Signal, das das Vorhandensein einer Quantenverschränkung verrät. Obwohl die Zahl der Atome in den beiden Gasen (rot und blau dargestellt) extrem stark fluktuiert, ist deren Differenz (schwarz dargestellt) äußerst klein. Zur korrekten Analyse reichen wenige Experimente (links) nicht aus, sondern das Rauschen muss in langen Messreihen analysiert werden (rechts).


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