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12/22/2011 14:45

Frühdiagnostik für ein besseres Leben

Thomas von Salzen Pressestelle
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

    Wissenschaftlerteams der RWTH Aachen entwickeln Messsysteme zur Erkennung von spastischen Störungen

    Von 1.000 Neugeborenen entwickeln zwei bis drei eine Bewegungsstörung, Frühgeborene sind 100 bis 300 Mal häufiger betroffen. Mediziner sprechen von einer infantilen Zerebralparese, sie ist eine der häufigsten kindlichen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems. Der englische Orthopäde William John Little, der die Krankheit bereits im 19. Jahrhundert erkannte, gibt verschiedene Ursachen an, zum Beispiel Sauerstoffmangel bei der Geburt, Nabelschnurkomplikationen, Infektionen und Hirnblutungen.
    Heute ist bekannt, dass Kinder unterschiedlich stark betroffen sein können. „Die Bewegungsstörungen manifestieren sich in der Regel vor Beendigung des zweiten Lebensjahres. Welche Form ein Kind entwickelt und wie schwer diese ausfallen wird, ist in den ersten Monaten kaum vorhersehbar. Um körperliche und geistige Defizite auszugleichen, muss die Spastik idealerweise im Säuglingsalter erkannt werden“, betont Catherine Dißelhorst-Klug. Die Professorin leitet das Lehr- und Forschungsgebiet Rehabilitations- und Präventionstechnik der Angewandten Medizintechnik im Helmholtz-Institut der RWTH und forscht an Maßnahmen zur Bewältigung von Schwerstbehinderungen.

    Die Kleinsten sollen profitieren

    Das Gehirn ist die Schaltzentrale und sendet Befehle an den Bewegungsapparat. Dieser meldet ausgeführte Aktionen an das Gehirn zurück. So entsteht ein Kreislauf der menschlichen Motorik. Bei einem Kind mit zerebralen Behinderungen ist dieser Prozess beeinträchtigt und zeigt sich meist durch eine hohe Muskelspannung sowie den Wechsel von starken und schwachen Verspannungen. Außerdem ist die Zusammenarbeit verschiedener Muskeln problematisch, die Bewegungen sind abgehackt und unvollendet.

    Grad und Umfang spastischer Störungen werden mit verschiedenen klinischen Tests gemessen. Diese sind aber nur möglich, wenn die Patienten mitarbeiten, und daher bei Säuglingen nicht anwendbar. Die Ärzte versuchen deshalb, Kleinkinder so genau wie möglich zu beobachten, wobei Fehlschlüsse nicht ausbleiben. Hier setzt die Arbeit des RWTH-Lehrstuhls an: „Wir können mit unseren Messungen die Spontanmotorik erfassen. Davon profitieren insbesondere die Kleinsten, da sie extrem lernfähig sind“, sagt die Professorin. Frühförderung sei wichtig, damit die Betroffenen später im Alltag gut zurechtkommen. Denn je schneller eine Therapie einsetze, desto größer seien die Aussichten für ein selbstständiges Leben.

    Bewegungsanalyse für einen ganzheitlichen Lösungsansatz

    Die RWTH-Wissenschaftler entwickelten eine dreidimensionale Bewegungsanalyse, mit der Arm- und Beinbewegungen quantitativ bestimmt werden können. „Noch vor einiger Zeit wurden dem Baby hierfür viele leuchtende Kugeln aufgeklebt, die Infrarotlicht reflektierten und die dreidimensionale Analyse der Bewegung erlaubten“, so Disselhorst-Klug. Mehrere Kameras filmten das Kind, das reflektierte Licht der Bewegung zog eine Lichtbahn auf der Kamera und wurde in einer Linie dargestellt. Mithilfe eines Computerprogramms konnten die Koordinaten in eine dreidimensionale Bewegungsbahn umgerechnet und damit anatomischen Mustern genau zugeordnet werden. Dabei zeigte sich: Das gesunde Kind nutzt den kompletten Bewegungsraum aus, die Bewegungsbahnen bilden deshalb auf dem Monitor eine Halbkugel. Das Kind mit zerebralen Störungen hingegen bleibt auf die Ebene beschränkt, auf der es liegt.

    Neben dem Umfang der Bewegung sind aber auch andere Faktoren wie Beschleunigung, Geschwindigkeit und Variabilität für die Diagnose einer infantilen Zerebralparese wichtig. Das war der Grundstein für die Weiterentwicklung des Verfahrens. Heute sind nur vier speziell entwickelte Sensoren auf Händen und Füßen des Säuglings ausreichend, um eine spastische Bewegungsstörung frühzeitig zu erkennen. Damit kann das Verfahren einfach in die kinderärztliche Vorsorge integriert werden.

    In zwei Jahren soll eine Studie zur Frühdiagnostik von spastischen Lähmungen abgeschlossen sein, danach wird das System den Kinderärzten zur Verfügung stehen.

    Über diese Forschungen und weitere Neuigkeiten aus Forschung und Leben der Aachener Hochschule kann in der RWTHinsight 4/2011 nachgelesen werden. Sie ist kostenlos anzufordern unter der Telefonnummer +49(0)241/80-94322.

    CELINA BEGOLLI


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    Benjamin, Professorin Dißelhorst-Klug und der wissenschaftliche Mitarbeiter Tim Kleiber demonstrieren das alte und neue System zur Bewegungsanalyse, mit denen spastische Störungen erkannt werden können.
    Benjamin, Professorin Dißelhorst-Klug und der wissenschaftliche Mitarbeiter Tim Kleiber demonstriere ...
    Foto: Peter Winandy
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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Medicine
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Benjamin, Professorin Dißelhorst-Klug und der wissenschaftliche Mitarbeiter Tim Kleiber demonstrieren das alte und neue System zur Bewegungsanalyse, mit denen spastische Störungen erkannt werden können.


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