Das grundsätzlich höhere Leistungspotenzial junger Frauen führt im Gegensatz zu Männern nicht automatisch zu einem höheren Streben nach Führungspositionen. Das ist eine Quintessenz des zweijährigen Forschungsprojektes „Führungsmotivation im Geschlechtervergleich“, das Organisationspsychologen der Helmut-Schmidt-Universität kürzlich abgeschlossen haben.
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekt „Führungsmotivation im Geschlechtervergleich“ untersuchten Prof. Dr. Jörg Felfe und seine Mitarbeiterinnen zwei Jahre lang die Rolle der Führungsmotivation für das Erreichen von Führungspositionen. Die Ergebnisse zeigen, dass ein erheblicher Anteil der Frauen ihr Potenzial nicht ausschöpfen, gewissermaßen mit angezogener Handbremse unterwegs sind: „Ihre ambivalente Haltung gegenüber Führung hindert sie daran, zielorientiert und offensiver vorzugehen, wenn es um Führungspositionen geht“, sagt Felfe.
In einer Untersuchung mit 700 Studierenden geisteswissenschaftlicher Fächer fanden die Wissenschaftler heraus, dass die weiblichen Studierenden zwar die besseren Abiturabschlussnoten vorweisen konnten, ihre Motivation, Führungsverantwortung zu übernehmen, jedoch bedeutend geringer ausgeprägt war als bei den Männern. Gute Abiturnoten gehen nur bei Männern mit hoher Führungsmotivation einher, während sich die besseren Leistungsvoraussetzungen bei Frauen nicht in eine höhere Führungsmotivation übersetzen.
„Eine hohe Führungsmotivation ist allerdings für den Karriereerfolg hochrelevant“, urteilt Gwen Elprana, Diplom-Psychologin und Doktorandin im Forschungsprojekt. In einer weiteren Untersuchung mit rund 170 Angestellten zeigte sich, dass eine hohe Führungsmotivation auch mit deutlich mehr Gehaltserhöhungen und Beförderungen einhergeht, während Personen, die befürchten, den Anforderungen einer Führungsposition nicht gewachsen zu sein, deutlich weniger Gehaltserhöhungen und weniger Beförderungen erhalten. Es zeigte sich darüber hinaus, dass eine hohe Führungsmotivation bei Frauen eher mit Gehaltserhöhungen zusammenhängt, während sie bei Männern eher mit der Anzahl der Beförderungen einhergeht. Führungsmotivierten Frauen gelingt es also eher, sich im Gehalt zu verbessern, als die Karriereleiter zu erklimmen. Außerdem haben die Männer bei gleicher Hierarchieebene eine höhere Anzahl von Mitarbeitern. Das Fazit der Psychologen: Grundsätzlich wirkt sich Führungsmotivation positiv auf die Karrierewege beider Geschlechter aus. Während Frauen jedoch insbesondere bei Gehaltserhöhungen profitieren, gelangen führungsmotivierte Männer eher in die einflussreichen Positionen.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass ein erheblicher Teil der Frauen in einer entscheidenden Vorphase ihres beruflichen Einstiegs trotz besserer Leistungsvoraussetzungen weniger Ambitionen in Bezug auf Führung haben, dass ihre Führungsmotivation später im Beruf nicht so stark mit mehr Einfluss im Unternehmen einhergeht und dass sie in Führungspositionen weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben als Männer.
Um herauszufinden, worauf die bei Frauen häufiger auftretenden Motivationshindernisse zurückzuführen sind, führt die Forschungsgruppe derzeit eine Interviewstudie mit hochkarierten Führungsfrauen durch. Die Ergebnisse sollen als wichtige Ergänzungen für die frauenspezifische Karriereberatung dienen, so dass Frauen ihre Potenziale stärker entfalten können.
Weitere Informationen
Dipl.-Psych. Gwen Elprana, Professur für Organisationspsychologie, E-Mail: fuehrungsmotivation@hsu-hh.de
Criteria of this press release:
Journalists
Psychology, Social studies
transregional, national
Research projects, Research results
German
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