Nr. 102 / 29. Oktober 1997 / mea
Forschungszentrum Umwelt wird nach zweijaehriger Bauzeit eroeffnet Meilenstein in der Umweltforschung der Universitaet
Die Umweltforschung der Universitaet hat ein eigenes Domizil: Mit der offiziellen Eroeffnung des Forschungszentrums Umwelt (FZU) am 4. November erhalten nach zweijaehriger Bauzeit mehrere Institute Raum fuer ihre Projekte. Damit ist ein Meilenstein in der Umweltforschung, die an der Universitaet eine lange Tradition hat, erreicht. Das FZU wurde 1994 gegruendet, um die unterschiedlichen Aktivitaeten auf dem Umweltsektor zu koordinieren. Der kuerzlich fertiggestellte Neubau am Adenauerring mit rund 5.000 Quadratmetern Nutzungsflaeche ist fuer zeitlich befristete Vorhaben in der Umweltforschung und Umwelttechnik gedacht.
Zusammen mit dem gleichzeitig eroeffneten Allgemeinen Verfuegungsgebaeude (AVG) stehen der Universitaet jetzt rund 9.000 Quadratmeter Nutzungsflaeche zusaetzlich zur Verfuegung. Grund zur Freude fuer Universitaetsrektor Professor Dr.-Ing. Sigmar Wittig: ,Die Universitaet ist vor allem wegen ihrer hohen Altbausubstanz und dem damit verbundenen Sanierungsbedarf laengst an die Grenzen des Moeglichen gestossen."
Zur feierlichen Gebaeudeuebergabe laedt die Landesregierung Baden-Wuerttemberg ein, Ministerpraesident Erwin Teufel wird das Gebaeude uebergeben. Es sprechen ausserdem Oberfinanzpraesident Hans Dieter Grueb, Oberfinanzdirektion Karlsruhe, und Baudirektor Bernd Dietrich Meissner vom Universitaetsbauamt Karlsruhe. Universitaetsrektor Professor Dr.-Ing. Sigmar Wittig und Oberbuergermeister Professor Dr. Gerhard Seiler uebermitteln Grussworte.
Anlass zum Bau des FZU bot eine Umfrage zur Umweltforschung an der Universitaet im Jahr 1987. Diese ergab, dass sich ueber ein Drittel aller Universitaetsinstitute mit umweltrelevanten Fragen beschaeftigt. Allerdings bemaengelten viele Institute, dass raeumliche Enge ihre Forschungen behinderte. Mit dem FZU, dessen Richtfest im Juni vergangenen Jahres gefeiert wurde, sind diese Probleme behoben: Der Neubau bietet nicht nur Seminar- und Bueroraeume, sondern auch Labors sowie ein Technikum und eine Grossversuchshalle. Das Konzept des FZU wie auch des AVG sieht eine flexible Belegung mit projektbezogenen Arbeitsgruppen vor, die nach Abschluss der Projekte das Gebaeude wieder verlassen und Platz fuer neue Gruppen machen. Das AVG soll vor allem Ausweichflaechen waehrend Sanierungsmassnahmen beiten. Ein rund 400 Quadratmeter grosser Rundbau verbindet die beiden Gebaeude, es bietet Raeumlichkeiten fuer Veranstaltungen und Seminare. Die Kosten fuer den gesamten Gebaeudekomplex, die je zur Haelfte von Bund und Land getragen werden, belaufen sich auf rund 50 Millionen Mark.
Rund 15 Institute mit 40 Projekten soll das FZU demnaechst beherbergen. Deren Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Umweltmedien Boden, Wasser und Luft. Dazu zaehlen die Altlastensanierung, die Beurteilung und Verbesserung von Deponieabdichtungen, die Untersuchung des Schadstofftransports im Wasser, Abfall- und Klaerschlammuntersuchungen und -behandlungen sowie die Reinigung von Industrieabwaessern. Auf die Interdisziplinaritaet der Projekte wird grossen Wert gelegt.
Das Institut fuer Werkstoffe der Elektrotechnik unter der Leitung von Professorin Dr.-Ing. Ellen Ivers-Tiffee, zum Beispiel, hat sich im FZU bereits fest etabliert. Die 19 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie mehrere Studierende beschaeftigen sich mit unterschiedlichen Projekten im Bereich der Umwelttechnik, unter anderem mit der Entwicklung von Werkstoffen fuer Brennstoffzellen.
Brennstoffzellen sind eine zukunftsweisende Technologie fuer eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Energieversorgung. Als elektrochemische Energiewandler ermoeglichen Brennstoffzellen eine direkte Umwandlung der chemischen Energie eines Brenngases in elektrische Energie. In Hochtemperatur-Festelektrolyt-Brennstoffzellen SOFC (solid oxide fuel cell) koennen bei Temperaturen von etwa 800 bis 1000 C neben Wasserstoff auch Erd- oder Kohlegas als Energietraeger eingesetzt werden. Systemstudien zufolge koennen mit SOFC-Systemen elektrische Nettowirkungsgrade von bis zu 65 Prozent erreicht werden.
Kraftwerke auf SOFC-Basis lassen aufgrund des deutlich hoeheren Wirkungsgrades eine wirtschaftliche Energieerzeugung im Leistungsbereich von 100 kW bis 10 MW erwarten und zeichnen sie sich durch einen vergleichsweise niedrigen Kohlendioxid- und Schadstoffausstoss aus. Ein weiterer Vorteil der SOFC ist die hohe Flexibilitaet in der Systemgroesse. Waehrend mit Kern- und Braunkohlekraftwerken eine dezentrale Versorgung nicht realisierbar ist, und auch mit Gasturbinen erst ab einer bestimmten Leistungsgroesse optimale Wirkungsgrade erzielt werden, koennen SOFC-Systeme in einem weiten Leistungsbereich eingesetzt werden. Kleine Anlagen, die in einem Leistungsbereich von einigen hundert kW mittels Kraft-Waerme-Kopplung Gesamtwirkungsgrade von ueber 90 Prozent erreichen, bieten ideale Vorraussetzungen fuer eine dezentrale Energieversorgung.
Entscheidend fuer die Wirtschaftlichkeit von SOFC-Systemen sind der Wirkungsgrad der Zellen und die Lebensdauer der Komponenten. Am Institut fuer Werkstoffe der Elektrotechnik existiert eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Entwicklung und Charakterisierung funktionskeramischer Materialien und Verbundstrukturen fuer die SOFC beschaeftigt. Zur Entwicklung neuer Werkstoffe und Einzelzellen werden verschiedene Technologien eingesetzt. Eine mathematische Modellierung und rechnergestuetzte Simulation der Werkstoff- und Zelleigenschaften erfolgt parallel zu den experimentellen Arbeiten.
Der Lehrstuhl fuer Angewandte Geologie unter der Leitung von Professor Dr. Kurt Czurda wird in Kuerze mehrere Raeume im FZU belegen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieses Lehrstuhls wollen dort unter anderem im Rahmen eines F & E-Verbundvorhabens eine neue Methode zur Sanierung von bebauten Altlaststandorten unter Nutzung elektrochemisch gestuetzter in situ-Dekontaminationsverfahren untersuchen. Dabei wird durch Anbringen von Elektroden im verunreinigten Untergrund ein durch elektrischen Strom induzierter Wasserstrom erzeugt, der die Schadstoffe transportiert. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt vor allem darin, dass es auch bei problematischen Boeden, bei denen traditionelle Methoden wie Abpumpen und ,Auskoffern" versagen, anwendbar ist, zum Beispiel bei feinsandigen oder tonigen Boeden. Andere Projekte des Lehrstuhls beschaeftigen sich mit der Entwicklung neuer Materialien aus Bentoniten und Zeolithen zur Basisabdichtung und zum Dichtungswandbau von Deponien sowie mit dem Thema ,Naturgefahren und Risikoanalyse: Objektivierung und Regionalisierung durch interdisziplinaere Zusammenarbeit am Beispiel von Massenbewegungen". Weitere Projekte werden von der Abteilung Hydrogeologie des Lehrstuhls unter der Leitung von Prof. Dr. Heinz Hoetzl bearbeitet.
Weitere Projekte:
Institut fuer Petrographie und Geochemie (Professorin Dr. Doris Stueben) - ,Platingruppenelemente aus Abgaskatalysatoren: Eintrag in die Umwelt und Darstellung des Kontaminationspfads" - ,Seenrenaturierung am Arendsee, Sachsen-Anhalt, mittels Seekreideaufspuelung" - ,Geochemische Reinigung von kleinen Fliessgewaessern mit Mangankiesen, einem Abfallprodukt aus Wasserwerken"
Institut fuer Industrielle Bauproduktion (Prof. Dr. Niklas Kohler) - ,INTESOL: Integrale Planung solaroptimierter Gebaeude" - ,Energie und Stofffluesse im Gebaeudebestand
Institut fuer Ingenieurbiologie und Biotechnologie des Abwassers (Prof. Dr. Josef Winter) - ,Bestimmung und Bewertung des Gefaehrdungs- und Nutzungspotentials von Muell- und Klaerschlammbrennungsschlacken unter naturnahen Bedingungen" - ,Entwicklung und Verfahrensgrundlagen zur biologischen Stickstoffeliminierung aus Betriebswaessern der metallverarbeitenden Industrie"
Institut fuer Siedlungswasserwirtschaft (Prof. Hermann H. Hahn, Ph. D.) - ,Behandlung von schadstoffbelasteten organischen Abfaellen, insbesondere Biomuell"
Naehere Informationen erteilt: Dipl.-Biol. Ulrich Becksmann Geschaeftsfuehrer des FZU Tel.: 608 2053, Fax: 608 6109 http://www.uni-karlsruhe.de/~fzu/
Criteria of this press release:
Biology, Chemistry, Electrical engineering, Energy, Environment / ecology, Geosciences, Information technology, Mechanical engineering, Oceanology / climate
transregional, national
Research projects
German
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