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05/16/2002 16:08

Proteomik: Neue Forschung für wirksame Medikamente

Carolin Grape Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen

    Der mit insgesamt 15.340 Euro dotierte Wissenschaftspreis 2002 des Industrie-Clubs Düsseldorf und des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen wurde am 15. Mai 2002 an Dr. Maria Wartenberg und Dr. Matthias Rarey verliehen.

    Proteomik:
    Neue Forschung für wirksame Medikamente

    Der mit insgesamt 15.340 Euro dotierte Wissenschaftspreis 2002 des Industrie-Clubs Düsseldorf und des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen wurde am 15. Mai 2002 an Dr. Maria Wartenberg und Dr. Matthias Rarey verliehen. Damit wurden eine neuartige Behandlungsmethode in der Krebstherapie sowie eine innovative Methode des computergestützten Wirkstoffdesigns mit dem Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Die Jury würdigte mit der Teilung des Preises zwei sehr unterschiedliche Herangehensweisen an das interdisziplinäre Forschungsgebiet der Proteomik und Genomik. Erstmalig wird mit dem diesjährigen Wissenschaftspreis den Siegern die Teilnahme am jährlichen Nobelpreisträgertreffen der wissenschaftlichen Nachwuchselite in Lindau ermöglicht.

    Dr. Maria Wartenberg vom Zentrum für Physiologie und Pathophysiologie der Universität zu Köln erhielt den Wissenschaftspreis für ihre Arbeit auf dem Gebiet der Tumorforschung. Die eingereichte Arbeit "Optische Sonde Technik zur Prätherapeutischen Resistenzanalyse (PTRA) von Tumorgewebe" geht aus ihrer Habilitationsschrift hervor.
    Ein großes Problem bei der Chemotherapie von Tumoren ist die Entwicklung von Resistenzen gegenüber den verabreichten Medikamenten. Verantwortlich dafür sind in den Tumorzellen gebildete Transportproteine, die die Chemotherapeutika direkt wieder aus dem Tumor schleusen. Mit der von Maria Wartenberg entwickelten optischen Sonde Technik kann erstmals am Patientengewebe der Wirkungsgrad der Chemotherapeutika im Reagenzglas untersucht werden. Darüber hinaus können die verantwortlichen Resistenzproteine identifiziert und ihre Aktivität und Verteilung im Tumorgewebe untersucht werden.
    Maria Wartenberg züchtet vom Patienten entnommene Krebszellen in Spinnerflaschen zu kleinen "Minitumoren", so genannten Tumor(fragment)sphäroiden. Diese Sphäroide werden mit einem fluoreszenzmarkierten Chemotherapeutikum zusammengebracht. Ein gerichteter Laserstrahl (optische Sonde Technik) des Laserrastermikroskops durchdringt das so bearbeitete Tumorgewebe und registriert dreidimensional die Eindringtiefe des markierten Krebsmedikamentes. Das lässt Rückschlüsse auf den Resistenzgrad des Tumors zu: Je höher die Resistenz gegenüber dem verabreichten Wirkstoff, desto weniger tief kann er in das Gewebe eindringen. In einem zweiten Schritt werden die analysierten und identifizierten Transportproteine im fixierten Tumorgewebe markiert. Die Untersuchung mit der optischen Sonde zeigt, wie sich die Resistenzproteine im Tumor verteilen und wo sie am aktivsten sind.
    Für Krebspatienten mit einer Chemotherapeutika-Resistenz könnte vor erneutem Therapiebeginn mit Maria Wartenbergs Methode effizient und schnell ein individuell abgestimmtes Behandlungsschema mit maximalem Erfolg aufgestellt werden. Die Misserfolgsrate bei Chemotherapien, die für Patienten sehr belastend sind, könnte verringert und dem Patienten durch die Methode eine für seine spezifische Krebsbehandlung optimale Behandlung in Aussicht gestellt werden.

    Dr. Matthias Rarey vom Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen (FhI-SCAI) in Sankt Augustin wurde für seine Leistungen auf dem Gebiet der angewandten Bioinformatik für das computerbasierte Wirkstoffdesign ausgezeichnet. Er erhielt den Preis für seine kumulative Habilitationsschrift "Algorithmen für den computergestützten Wirkstoffentwurf", eingereicht an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
    Bis wirksame Medikamente auf den Markt kommen, ist ein langer, teurer und risikoreicher Weg zu bewältigen. Zunächst müssen die Forscher verstehen, wo ein potenzielles Medikament ansetzen soll. Häufig sind körpereigene Proteine für ein Krankheitsbild bedeutend. Dann werden Wirkstoff-Moleküle gesucht, die die verantwortlichen Proteine in ihrer Funktion derart beeinflussen, dass eine positive Wirkung für den Patienten entsteht. Die große Herausforderung bei der Suche nach neuen Wirkstoffen ist die möglichst präzise Vorhersage ihrer Wirkung im Körper. Denn die körpereigenen Proteine zeigen ein äußerst komplexes Bindungsverhalten mit potenziellen Wirkstoffmolekülen, so genannten Liganden. Es gibt verschiedene Methoden, das komplexe Bindungsverhalten (Protein-Ligand-Docking) von Molekülen an Proteine zu untersuchen. Bislang waren die Forscher auf höchst zeitintensive und aufwändige Trial-and-Error-Verfahren im Labor angewiesen. Doch durch die Bioinformatik eröffnen sich neue Wege, Teile dieser Experimente in den Computer zu verlagern.
    Matthias Rarey ist es mit seinem Programm FlexX gelungen, das Bindungsverhalten von Proteinen und Zielmolekülen zeiteffizient im Computer vorherzusagen. Ist die dreidimensionale Struktur des Proteins bekannt, zerschneidet das Softwareprogramm die beweglichen Moleküle in kleine Einzelteile und setzt diese Einzelteile wieder so zusammen, dass sie eine optimale Passform zur Bindestelle eines Zielproteins aufweisen. FlexX schätzt so für jedes Molekül in jeder möglichen Anordnung und Geometrie die Güte der Wechselwirkungen ab und legt nur die besten Ergebnisse vor. Diese computerunterstützte Methode trifft durch ihre Berechnungen Vorentscheidungen aus der unüberschaubaren Zahl in Frage kommender Moleküle und engt die Zahl der im Labor zu untersuchenden potenziellen Wirkstoffe erheblich ein. FlexX wird als zukunftweisende Technologie beim computer-basierten Wirkstoffdesign in der modernen Arzneimittelforschung angesehen. Es verspricht einen hohen Nutzen bei der Entwicklung neuer Medikamente.
    Ist nur die Funktion eines Proteins, nicht aber seine dreidimensionale Struktur bekannt, muss im Vergleich mit anderen, ähnlichen Proteinen die Struktur rekonstruiert werden. Matthias Rarey hat dazu den "Feature-Tree-Deskriptor" entwickelt. Diese Methode beschreibt die Ähnlichkeit von Molekülen aufgrund der potenziellen Wechselwirkungen mit einem strukturell unbekannten Rezeptormolekül. Ein speziell entwickelter Algorithmus ist so in der Lage, einen flexiblen Vergleich von Molekülen entsprechend ihrer bindungsrelevanten Eigenschaften durchzuführen. Informationen über die zu untersuchenden Moleküle werden so dargestellt, dass sie im Computer innerhalb sehr kurzer Zeit verglichen werden können. Der Algorithmus ermöglicht darüber hinaus einen kombinatorischen Aufbau der Moleküle. Zieht man eine Gliederpuppe als Vergleich heran, so würde man aus Hunderten von Armen, Beinen, Rumpfteilen etc. sofort die schönste Kombination fertigen, ohne vorerst alle Kombinationsmöglichkeiten durchtesten zu müssen. Der Wirkstoffvergleich mit dem Feature-Tree-Deskriptor stellt eine sehr gute Möglichkeit dar, sogar Wirkstoffe aus einer vollkommen anderen strukturellen Klasse als der des Ausgangsstoffes zu finden. Diese Eigenschaft ist sowohl für das Vermeiden ungewünschter Nebeneffekte als auch für die Patentierung von Wirkstoffen bedeutsam.

    Der Wissenschaftspreis 2002 prämierte damit zwei Forschungsarbeiten im Bereich der Lebenswissenschaften, die sich mit innovativen Methoden und Verfahren aus den Bereichen der Proteomik und Bioinformatik befassen. Er wurde zum fünften Mal vergeben. Mit diesem Preis werden jährlich wissenschaftliche Forschungsarbeiten in wechselnden Disziplinen ausgezeichnet, die dazu beitragen, die Lücke zwischen Grundlagenforschung und Innovation in der Anwendung zu schließen.

    Die Preisverleihung fand am 15. Mai 2002 ab 19.00 Uhr im Rahmen einer festlichen Abendveranstaltung im Industrie-Club Düsseldorf statt. Nach den Grußworten des Vorsitzenden des Industrie-Clubs Düsseldorf, Dr. Gustav Adolph von Halem, und des Präsidenten des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Dr. h.c. Gert Kaiser, stellten die Preisträger ihre Arbeiten vor. Der Festakt schloss mit einem Festvortrag von Gabriele Behler, Ministerin für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen.

    Ab Juni dieses Jahres läuft die Ausschreibung des Wissenschaftspreises 2003 auf dem Gebiet der Neurowissenschaften. Ausgezeichnet werden dann hervorragende Forschungsarbeiten im Bereich "Bildgebende Verfahren für die Neurowissenschaften (Neuroimaging)".


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    Prof. Dr. Dr. h.c. Gert Kaiser(l.)und Dr. Gustav Adolph von Halem (r.) überreichen den Wissenschaftspreis 2002 an Dr. Maria Wartenberg und Dr. Matthias Rarey.
    Prof. Dr. Dr. h.c. Gert Kaiser(l.)und Dr. Gustav Adolph von Halem (r.) überreichen den Wissenschafts ...

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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results
    German


     

    Prof. Dr. Dr. h.c. Gert Kaiser(l.)und Dr. Gustav Adolph von Halem (r.) überreichen den Wissenschaftspreis 2002 an Dr. Maria Wartenberg und Dr. Matthias Rarey.


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