Studiengruppe der Justus-Liebig-Universität Gießen erkannte Potenzial des ehemaligen DDR-Medikaments Bendamustin – Prof. Rummel hält Vortrag vor US-amerikanischer Krebsgesellschaft ASCO
In den 60er Jahren in der DDR entwickelt, wurde das Krebsmedikament Bendamustin lange unterschätzt. Erst eine Gießener Studiengruppe hat das hohe Potenzial erkannt: Bendamustin kann bei bestimmten Krebserkrankungen konventionelle und sehr belastende Chemotherapien ablösen. Heute sorgen die Daten der Studiengruppe indolente Lymphome (StiL) um Prof. Dr. Mathias J. Rummel, Leiter des Schwerpunktbereiches Hämatologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), weltweit für Furore: Die renommierte US-amerikanische Krebsgesellschaft ASCO (American Society of Clinical Oncology) hat den Beitrag der StiL-Studie, der für die derzeit in Chicago stattfindende ASCO-Tagung eingereicht wurde, als einen von insgesamt nur vier Vorträgen in die Plenarsitzung hoch gestuft – das Nonplusultra eines jeden wissenschaftlichen Kongresses.
Maßgeblich für das internationale Aufsehen war eine klinische Studie – die StiL NHL 1-2003 der Gießener Studiengruppe. Bendamustin ist eine alte Substanz aus Deutschland, die aufgrund ihres erst seit jüngerer Zeit bekannten wahren Potenzials einen weltweiten Siegeszug angetreten hat. Derzeitige Haupteinsatzgebiete des Zytostatikums sind maligne Lymphome, eine Gruppe von bösartigen Erkrankungen des lymphatischen Systems. Dank seiner hohen antitumoralen Wirksamkeit bei gleichzeitig außerordentlich guter Verträglichkeit trägt Bendamustin entscheidend zur Optimierung der Chemotherapie bei, sei es als alleinige Gabe oder in Kombination mit weiteren Zytostatika.
Dies gilt insbesondere für indolente, das heißt langsam wachsende Lymphome, die lange Zeit keine Beschwerden verursachen und daher erst spät erkannt werden, sowie für Mantelzell-Lymphome, die eine schlechte Prognose haben und zumeist erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert werden. Die Gießener Forscherinnen und Forscher konnten bei 549 nicht vorbehandelten Patienten mit verschiedenen indolenten und Mantellzell-Lymphomen zeigen, dass eine Kombination aus Bendamustin und dem in der Krebsimmuntherapie eingesetzten Antikörper Rituximab (B-R) die Prognose deutlich günstiger beeinflusst als das konventionelle hochtoxische Chemotherapie-Schema CHOP plus Rituximab (CHOP-R). Das Kürzel CHOP steht für die drei Zytostatika Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und das Kortikoid Prednison.
Die Studie erregte nicht nur internationales Aufsehen; sie sorgte auch dafür, dass B-R im Jahr 2011 als Kategorie 1 der Primärtherapie in die Leitlinien des US-amerikanischen National Comprehensive Cancer Network (NCCN) aufgenommen wurde. Für Prof. Rummel etwas noch nie Dagewesenes: „Eine deutsche Studiengruppe beeinflusst die amerikanischen Leitlinien – das ist ein einmaliger Durchbruch“. Inzwischen wird das B-R-Schema in vielen Ländern der Welt als neuer Standard in der Lymphom-Therapie gewertet. Das Potenzial des alten Krebsmedikamentes Bendamustin scheint indes immer noch nicht vollständig ausgeschöpft.
Aus der Fülle von mehr als 5.500 für die Jahrestagung (1. bis 5. Juni 2012 in Chicago/Illinois) eingesandten Abstracts hatte das Wissenschaftliche Komitee der ASCO den Beitrag von Prof. Rummel zunächst für eine Lymphom-Sitzung vorgesehen, um ihn dann nur wenig später in das wissenschaftliche Programm der Plenarsitzung hoch zu stufen. „Zu den vier besten Abstracts zu gehören und seine Arbeit im Plenum des ASCO Annual Meetings präsentieren zu können, das ist schon ein sensationelles Ereignis, das ich erst selbst nicht fassen konnte“, so Prof. Rummel. Schon zuvor hatte ihn aus Amerika die Mitteilung erreicht, dass sein Abstract auch für die offizielle Pressekonferenz ausgewählt worden war – eine Auszeichnung, die laut ASCO weniger als 1 Prozent der eingereichten Arbeiten widerfährt.
Titel des Beitrags
Bendamustine plus rituximab (B-R) versus CHOP plus rituximab (CHOP-R) as first-line treatment in patients with indolent and mantle cell lymphomas (MCL): Updated results from the StiL NHL1 study
Kontakt
Prof. Dr. Mathias Rummel, Leiter Hämatologie / Onkologie
Medizinische Klinik IV, Universitätsklinikum Gießen und Marburg
Klinikstraße 36, 35392 Gießen
Telefon: 0641 985-42650 (Sekretariat: -42651)
http://chicago2012.asco.org/ - ASCO-Kongress
http://www.stil-info.de
http://abstract.asco.org/AbstView_114_95807.html - Publikation
Prof. Dr. Mathias Rummel. Foto: privat
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