"Faustlos": Ein Erziehungsprogramm kann Gewalt im Kindesalter vorbeugen / Positive Ergebnisse nach dreijähriger Pilotphase
Der Umgang mit den eigenen Gefühlen und äußeren Konflikten kann erlernt werden. Durch ein Unterrichtsprogramm, das konstruktive Problemlösung vor Gewalt setzt, lassen sich bei Schulkindern Verhaltensänderungen bewirken. Dies haben Auswertungen des Heidelberger Lernprogramms "Faustlos" ergeben, das der Entwicklung von Aggressivität und Gewalt bei Schulkindern vorbeugen soll. Die dreijährige Pilotphase zur Einführung von "Faustlos" an Schulen und seine Evaluation wurde vom Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg unterstützt.
An 14 Grundschulen im Raum Heidelberg/Mannheim wurden durchschnittlich 35 "Faustlos-Lektionen" erteilt. Schüler, Lehrer und Eltern wurden anschließend befragt und die Ergebnisse mit 7 Schulen, die das Curriculum nicht lehrten, verglichen. Die Eltern gaben in der standardisierten Erhebung an, dass "Faustlos" Verhaltensänderungen der Kinder angestoßen hätte. Aggressives Verhalten und die Zahl der Verhaltensauffälligkeiten waren deutlich zurückgegangen. Auch ängstliches und depressives Verhalten wurde weniger häufig beobachtet, zurückgezogene und scheue Kinder hatten an Zuversicht gewonnen - nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause. Die Schüler, die an "Faustlos" teilgenommen hatten, berichteten weniger häufig über Ängste als ihre Altersgenossen ohne speziellen Unterricht. Die überwiegend Beurteilung wurde von 77 Prozent der Lehrern geteilt. Die Schüler zeigten besseres Sozialverhalten und weniger Aggressionen.
"Faustlos" wurde von Professor Manfred Cierpka entwickelt, dem Ärztlichen Direktor der Abteilung für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie am Universitätsklinikum Heidelberg. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern hat er das Programm "Second Step", das vom "Commitee of Children" in den USA eingeführt wurde, auf deutsche Verhältnisse übertragen und 51 Faustlos-Lektionen für die Grundschule und 28 Lektionen für den Kindergarten erarbeitet. "Second Step" wird heute in 16.000 amerikanischen Schulen und Kindergärten eingesetzt und ist auch in Skandinavien weit verbreitet.
"Kinder, die mit ihrer Aggression nicht adäquat umgehen können, sollten gerade die Chance erhalten, dies außerhalb der Familie zu erlernen", sagte Prof. Cierpka. Kindergärten und Schulen komme nicht nur ein Bildungsauftrag, sondern auch verstärkt ein Erziehungsauftrag zu. Die Gewaltbereitschaft an deutschen Schulen hat nachweislich zugenommen, vor allem aber die Schärfe der aggressiven Handlungen. Darauf sind jedoch weder die Erzieherinnen in den Kindergärten noch die Lehrer und Lehrerinnen in den Schulen vorbereitet. Sie benötigen spezielle Programme, verbunden mit Einführung und Schulung.
"Faustlos" bietet altersspezifische Lektionen an. Mehrere Ziele sollen erreicht werden: Sich in das Gegenüber einfühlen zu lernen, unterscheiden zu lernen, was der andere gewollt oder ungewollt getan hat; die eigenen Impulse kontrollieren und mit Angst und Wut angemessen und nicht zerstörerisch umzugehen. Die Lektionen dauern im Kindergarten ca. 20 Minuten, in der Schule zwischen 30 und 45 Minuten und müssen regelmäßig und in vorgegebener Reihenfolge unterrichtet werden.
Dabei geht es sehr konkret zu: Zunächst wird eine Szene, die auf einem großen Photo festgehalten ist, diskutiert. Zum Beispiel: Warum steht der Junge allein? Ist er traurig? Warum spielen die anderen Kinder nicht mit ihm? Was kann er tun, um wieder dabei zu sein? Danach folgen Rollenspiele oder Übungen, die jeweils das Thema vertiefen. In anderen Lektionen geht es um Versuchungen und wie man ihnen widersteht. In Kindergärten kommen Spiele mit zwei Handpuppen hinzu, mit dem "Wilden Willi", der ungestüm ist und unüberlegt handelt, und dem "Ruhigen Schneck", der eher zurückhaltend und ängstlich ist. Die Materialien zu den Lektionen können beim "Heidelberger Präventionszentrum Faustlos" angefordert sowie Schulungstermine vereinbart werden. Die Kindergartenlektion steht ab August 2002 zur Verfügung. Weitere Informationen im Internet unter www.faustlos.de
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology, Teaching / education
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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