Berlin – Erkranken Menschen mit erhöhtem Blutzucker oder Diabetes mellitus an einer Lungenentzündung, ist ihr Sterberisiko deutlich höher als bei Menschen mit normalen Blutzuckerspiegeln. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung von Daten des deutschen Kompetenznetzes für ambulant erworbene Pneumonien (CAPNETZ), die jetzt im British Medical Journal (BMJ) erschienen ist. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) weist darauf hin, dass qualifizierte Diabetologen im Krankenhaus diese Zusammenhänge frühzeitig erkennen und die Patienten durch angemessene Therapie retten könnten. Es sei deshalb wichtig, das große und auch kleine Krankenhäuser die nötige diabetologische Expertise bieten.
Die Studie basiert auf Daten von 6891 Patienten. Sie hatten zwischen 2003 und 2009 wegen akuter Lungenentzündung Kliniken und Praxen in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgesucht. Dabei zeigte sich, dass bei Patienten mit hohen Blutzuckerspiegeln das Risiko steigt, 28 beziehungsweise 90 Tage nach Aufnahme ins Krankenhaus an der Pneumonie verstorben zu sein. Schon ein leicht erhöhter Blutzucker ging mit einem erhöhten Sterberisiko einher. Bei Patienten mit einem Blutzuckerspiegel von mehr als 14 Millimol pro Liter Blut war das Risiko sogar 2,37-fach erhöht.
„Unabhängig davon, ob ein Diabetes zuvor bekannt ist, stellt ein hoher Blutzuckerwert einen eindeutigen Risikomarker für Komplikationen und Tod bei schwerer Lungenentzündung dar“, sagt DDG-Präsident Professor Dr. med. Stephan Matthaei. Patienten, die bereits vor der Aufnahme ins Krankenhaus an Diabetes litten, hatten insgesamt eine 2,47-fach erhöhte Sterberate. „Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass eine differenzierte Behandlung des Blutzuckerstoffwechsels bei Patienten mit schwerer Lungenentzündung Leben rettet“, fügt Matthaei hinzu, der Leiter des Diabetes-Zentrums am Christlichen Krankenhaus Quakenbrück ist.
Die DDG fordert deshalb, Menschen mit Diabetes stationär möglichst in zertifizierten Fachabteilungen zu behandeln. Dies gelte auch für jene Diabetespatienten, die zusätzlich schwer erkrankt sind und etwa an einer Lungenentzündung, Herz-Kreislauf-, Gefäß- oder Nierenerkrankungen leiden. „Diese Patienten gehören in die Hände von Diabetologen und Ärzten in diabetologischen Fachabteilungen“, betont DDG-Pressesprecher Professor Dr. med. Andreas Fritsche von der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen.
Wie stark der Blutzucker bei Pneumonie-Patienten gesenkt werden muss, um die Sterblichkeit zu vermindern, ist noch nicht ausreichend untersucht. Eine aggressive Senkung des Blutzuckers führt mitunter zu Unterzucker und den damit verbundenen Komplikationen, bis hin zum Verlust des Bewusstseins. Stattdessen sei es hier besonders wichtig, so die Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft, den Blutzucker mit viel Fingerspitzengefühl zu regulieren: „Hier kann nur ein Experte – also ein Diabetologe – gegensteuern, der alle Risiken einzuschätzen vermag“, erläutert Professor Fritsche. Deshalb sei es wichtig, dass Universitätskliniken und große Allgemeinkrankenhäusern diabetologische Fachabteilungen vorhalten. Kleinere Krankenhäuser sollten in jedem Fall zertifizierte Diabetologen beschäftigen.
Literatur: BMJ 2012; 344:e3397 doi: 10.1136/bmj.e3397 (Published 29 May 2012)
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