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07/23/2012 18:00

Tödliches Techtelmechtel: Fledermäuse nutzen Kopulationsgeräusche von Fliegen für die Nahrungssuche

Dr. Sabine Spehn Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Ornithologie

    Eine nächtliche Paarung bei Fliegen führt nicht immer zur Vermehrung: Die Männchen geben durch schnelles Flügelschlagen Geräusche in Form von breitbandigen Summlauten von sich, die von Fledermäusen wahrgenommen werden können. Stefan Greif vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und seine Kollegen haben in einer Langzeitstudie an wildlebenden Fransenfledermäusen beobachtet, dass die Fledermäuse die kopulierenden Fliegen im Doppelpack verspeisten. Sitzende oder laufende Fliegen lösten dagegen kein Angriffsverhalten aus. Dies ist der erste experimentelle Nachweis, wie für Tiere die Paarung selbst zum Risiko werden kann.

    Die Paarung ist für Tiere allgemein ein gefährlicher Vorgang, denn die Aufmerksamkeit für andere Geschehnisse in der Umgebung ist dann stark reduziert. Deshalb ist die Kopulation, von ein paar Ausnahmen abgesehen, meist recht schnell wieder vorbei. Bereits vor fast 100 Jahren äußerten Forscher die Vermutung, dass sich paarende Tiere einem erhöhten Risiko aussetzen, leichter entdeckt und gefressen zu werden. Jedoch gibt es überraschenderweise nur spärliche Beobachtungen, die diese Hypothese unterstützen. Diese stammen meist von im Wasser lebenden Insekten, wie z.B. Flohkrebsen und Wasserläufern, aber auch von Landinsekten, wie in einer kürzlich veröffentlichten Studie an Australischen Schwarmheuschrecken, die als Paare öfter zur Beute von Grabwespen wurden als Einzeltiere.

    Außer der reduzierten Aufmerksamkeit für die Umgebung erhöht auch eine verminderte Fluchtfähigkeit und eine erhöhte Auffälligkeit die Gefahr, als tierisches Liebespaar eine leichte Beute zu werden. Den experimentellen Nachweis dafür erbrachten nun Stefan Greif vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und seine Kollegen. An einer Lebensgemeinschaft von Stubenfliegen und Fransenfledermäusen in einem Kuhstall bei Marburg werteten sie Videoaufnahmen von fast 9000 Fliegen aus. Diese zeigen, dass die tagaktiven Fliegen nachts selten fliegen und meist nur an der Decke sitzen oder daran herumlaufen. Die Fledermäuse können diese recht trägen Fliegen durch Echoortung nicht finden, denn die Echos des rauen Untergrundes verschmelzen mit denen der kleinen Beute und machen sie sozusagen unsichtbar.

    Dies ändert sich schlagartig, wenn die Fliegenmännchen auf Brautschau gehen und einen passenden Paarungspartner gefunden haben. Die darauf folgende Kopulation ist geräuschvoll, da die Männchen mit ihrem Flügelschlagen breitbandige Summlaute von sich geben, die von den Fledermäusen gehört werden können. In ca. fünf Prozent aller beobachteten Kopulationen wurden diese “Fliegen im Doppelpack“ dann auch von den Fledermäusen attackiert und meist auch erfolgreich gefangen (in vier Beobachtungsjahren wurden sogar durchschnittlich 26 Prozent aller kopulierenden Fliegenpaare angegriffen).

    Um nachzuweisen, dass es tatsächlich die Paarungsgeräusche sind, die die Fledermäuse auf die Fliegen aufmerksam machen, klebten die Forscher tote Fliegenpaare an die Decke. Diese bieten eine größere Reflektionsfläche für das Echoortungssignal der Fledermäuse als eine einzelne Fliege. Jedoch wurden auch diese Exponate nicht attackiert. Erst als die Wissenschaftler den Fransenfledermäusen die Kopulationsgeräusche der Fliegen vorspielten, attackierten sie die Lautsprecher. Dementsprechend fasst Stefan Greif die Studie auf Englisch recht simpel zusammen: “Sex kills“.

    Originalveröffentlichung:
    Björn M. Siemers, Eva Kriner, Ingrid Kaipf, Matthias Simon and Stefan Greif
    Bats eavesdrop on the sound of copulating flies.
    Current Biology, Veröffentlicht Online am 23.07.2012.

    Fotos und Videos zu dieser Meldung:
    Zu Finden unter http://pubrel.orn.mpg.de/pindownload/login.do?pin=HX8TL
    Bitte verwenden Sie Fotos und Videos nur im Zusammenhang mit dieser Meldung unter Nennung des Copyrights.

    Kontakt:
    Stefan Greif
    Max-Planck-Forschungsgruppe „Sinnesökologie“
    Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seewiesen
    Tel.: 08157 932 376
    Email: greif@orn.mpg.de

    Dr. Sabine Spehn
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seewiesen
    Tel.: 08157 932 421
    Email: pr_seewiesen@orn.mpg.de
    www.orn.mpg.de


    Images

    Fransenfledermäuse (Myotis nattereri)
    Fransenfledermäuse (Myotis nattereri)
    Foto: Stefan Greif
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Fransenfledermäuse (Myotis nattereri)


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