Impfstoff gegen virale Herzmuskelentzündung:
Immunisierung gegen Coxsackieviren im Tierversuch erfolgreich
Jena. (19.05.98) Einen gentechnischen Impfstoff gegen das Coxsackievirus haben Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickelt. Wie Dr. Andreas Henke, Oberassistent im Institut für Virologie, berichtete, konnten damit im Tierversuch bis zu 75 Prozent der Mäuse vor einer tödlichen Infektion geschützt werden. Diese Infektion gilt beim Menschen als eine der virusbedingten Hauptursachen für plötzlichen Herztod und chronische Herzmuskelschwäche. Die klinische Testung des neuen Impfstoffs ist jedoch wegen der in Deutschland aufwendigen Antragsverfahren noch nicht in Vorbereitung; ein arzneimittelrechtlich zugelassenes Medikament wird frühestens in einigen Jahren auf dem Markt sein.
In drei Teilprojekten untersuchen Jenaer Forscher den Krankheitsverlauf der Coxsackie-Virusinfektion, versuchen Therapiekonzepte und einen vorbeugenden Impfschutz zu entwickeln. Das Bundeswissenschaftsministerium fördert die Vorhaben für acht Jahre mit insgesamt knapp einer Million Mark. In dem von Andreas Henke geleiteten Teilprojekt zur Infektionsvorbeugung ist nun der entscheidende Schritt gelungen.
Mediziner gehen davon aus, daß die Hälfte aller akuten und ein Viertel aller chronischen viralen Herzerkrankungen durch Enteroviren ausgelöst werden; als besonders häufig und gefährlich gilt der B3-Typ des Coxsackievirus. Der akute Verlauf, von dem auch scheinbar gesunde Menschen - darunter Kinder und Leistungssportler - plötzlich betroffen werden, endet oftmals tödlich. Die chronische Form der Krankheit wird von den meisten Patienten an Hand unspezifischer Symptome erst bemerkt, wenn der Herzmuskel bereits krankhaft vergrößert und massiv geschädigt ist; die Ärzte stellen Patienten mit einer solchen Herzinsuffizienz zumeist eine sehr schlechte Überlebensprognose.
Abhilfe könnte die relativ einfache Impfung mit einer modernen DNA-Im-munisierung schaffen, die die Jenaer Wissenschaftler jetzt gentechnisch erarbeiten. Der Mechanismus, nach dem sich die körpereigene "Viren-Polizei" auf Eindringlinge einstellt, ist bei vielen Lebewesen gleich: Bestimmte, typische Eiweiße eines Virus lösen im infizierten Organismus eine Erkennungsreaktion aus, und dieser produziert vermehrt neutralisierende Antikörper sowie genau passende, sogenannte zytotoxische T-Zellen. Der Wettlauf zwischen Virus und Immunsystem beginnt.
Bei einer Immunisierung erhält die "Viren-Polizei" quasi einen Fehlalarm und wappnet sich mit einer "Armee" antikörperproduzierenden Plasmazellen und T-Zellen, bevor der Ernstfall eintritt. Um diesen spezifischen Fehlalarm auszulösen, genügt es also schon, den Körper mit der DNA des typischen Erkennungsproteins zu impfen. Der Vorteil: "Es werden Impfkomplikationen praktisch ausgeschlossen, weil wir nur noch die für die Immunreaktion entscheidende Erbinformation eines Virus statt eines vollständigen Organismus zur Impfung verwenden", erläutert der Jenaer Virologe Dr. Henke.
Für die Coxsackievirus-Immunisierung mußte zunächst experimentell ermittelt werden, welches Virus-Protein die Immunreaktion des Körpers aktiviert. Dazu wurden alle vier Strukturproteine des Coxsackie-B3-Virus isoliert und in die Genstruktur von ungefährlichen Plasmiden eingepflanzt. Plasmide sind einfache und preiswerte DNA-Partikel, die nach natürlichen, bakteriellen Vorbildern industriell hergestellt werden. Mit diesen veränderten Plasmiden haben Henke und seine Mitarbeiter DNA ihre Labormäuse geimpft und stellten fest, daß drei Viertel der Tiere, die mit der DNA des Virus-Hauptstrukturproteins immunisiert waren, die Infektion mit einer normalerweise tödlichen Viren-Dosis überlebten.
Das Jenaer Team hat sich in seiner Arbeit bislang auf den B3-Typ des Coxsackievirus konzentriert. Andreas Henke ist zuversichtlich, daß sich die Erkenntnisse auch auf die rund 30 anderen Typen dieses Virus sowie auf weitere Enteroviren übertragen lassen. Das gentechnische Verfahren der DNA-Immunisierung wurde erst in den 90er Jahren in den USA entwickelt und gilt als besonders sicher und zuverlässig. Es wird heute bereits probeweise zur HIV-Impfung eingesetzt, und die Forscher hoffen, mit dieser Methode auch Impfstoffe gegen aggressive Viren wie Dengue, Hantaan und Ebola entwickeln zu können.
Ansprechpartner:
Dr. Andreas Henke, Institut für Virologie des Uniklinikums Jena, Tel.: 03641/657231, e-mail: i6hean@rz.uni-jena.de
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Coxsackie-B3-Virus in 120.000facher Vergrößerung. Foto: Inst ...
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Criteria of this press release:
Biology, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research projects
German
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Coxsackie-B3-Virus in 120.000facher Vergrößerung. Foto: Inst ...
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