Wirtschaftswissenschaftler der Universität Jena veröffentlicht erste Studie zu „Service Nepotismus“
„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, sagt der Volksmund. Wie recht er damit hat, weiß jeder, der schon einmal mit einer besonderen Aufmerksamkeit, einem Extra oder einfach einer netten Geste überrascht wurde. Man freut sich und ist dem, der einen auf diese Weise wertschätzt, in der Regel wohlgesonnen.
Dies gilt besonders dann, wenn der so Beschenkte sonst eher gegenteilige Erfahrungen machen muss, weil er – offen oder versteckt – diskriminiert wird. „Im Dienstleistungssektor beispielsweise berichten Konsumenten mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderung häufig von diskriminierenden Erfahrungen“, sagt Prof. Dr. Gianfranco Walsh von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Sie werden schlechter beraten oder bekommen einen anderen Service als andere Kunden“, weiß der Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing. Dass dies aber nicht immer der Fall ist, das zeigt der Jenaer Marketing-Experte jetzt in einer gemeinsamen Studie mit seinem Kollegen Prof. Dr. Mark S. Rosenbaum (Northern Illinois University, USA). Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „British Journal of Management“ schreiben, genießen Kunden aus stigmatisierten Gruppen häufig sogar besondere Vorteile und zwar dann, wenn sie von Mitarbeitern bedient werden, die der gleichen Minderheit angehören (DOI: 10.1111/j.1467-8551.2011.00736.x).
Walsh und Rosenbaum haben damit erstmals ein Phänomen wissenschaftlich untersucht, das sie „Service Nepotismus“ nennen, also Vetternwirtschaft im Dienstleistungssektor. In umfangreichen Interviews haben sie Konsumenten aus den USA und Deutschland dazu befragt, ob und welche Vorteile sie von Dienstleistungsmitarbeitern erhalten haben. Bei den Befragten handelte es sich entweder um homosexuelle Männer (USA) oder türkische Einwanderer (Deutschland). „Es zeigte sich, dass homosexuelle Dienstleistungsmitarbeiter homosexuelle Kunden häufig erkennen und ihnen dann ein Serviceniveau bieten, das über das übliche hinausgeht“, nennt Prof. Walsh ein wesentliches Ergebnis. So berichteten diese Konsumenten etwa von besonders umfassender Beratung sowie geldwerten Vorteilen wie kostenlosen Upgrades in Hotels. Ähnliche Vorteile nannten auch die befragten Türken: So runden etwa türkische Verkäufer in Geschäften den zu zahlenden Betrag für ihre türkischen Kunden großzügig ab oder türkische Kellner bedienen die türkischen Gäste im Restaurant schneller als die anderen.
„Die so bevorzugten Konsumenten danken es im Allgemeinen mit großer Zufriedenheit und Loyalität gegenüber dem Unternehmen“, weiß Prof. Walsh aus den Befragungen. Aus Sicht der Dienstleistungsunternehmen sei diese Praxis dennoch höchst problematisch. „Die Vorteile werden ja sehr willkürlich durch die Mitarbeiter gewährt, während das Management keinen Einfluss auf die Auswahl der bevorzugten Kunden hat.“ Der Kundenwert etwa – ein zentrales Kriterium im Unternehmensmarketing – spiele dabei überhaupt keine Rolle. „Insofern ist nicht klar, ob und wie sich die entstehenden Kosten für das Unternehmen tatsächlich lohnen.“ Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Unternehmen durch diese Praxis andere Kunden verlieren, die nicht in den Genuss solcher Vorteile kommen.
Original-Publikation:
Mark S. Rosenbaum and Gianfranco Walsh: Service Nepotism in the Marketplace, British Journal of Management, Vol. 23, 241-256 (2012), DOI: 10.1111/j.1467-8551.2011.00736.x
Kontakt:
Prof. Dr. Gianfranco Walsh
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 943110
E-Mail: walsh[at]uni-jena.de
Der Jenaer Marketing-Experte Prof. Dr. Gianfranco Walsh hat jetzt gemeinsam mit seinem Kollegen Prof ...
Foto: Anne Günther/FSU
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Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration
transregional, national
Research results
German
Der Jenaer Marketing-Experte Prof. Dr. Gianfranco Walsh hat jetzt gemeinsam mit seinem Kollegen Prof ...
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