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06/14/2002 09:40

12. Repräsentativumfrage für Schule und Bildung: Mehrheit

Ole Lünnemann Referat Hochschulkommunikation
Universität Dortmund

    "Wachsende Ansprüche, abnehmende Zufriedenheit und nur mäßige Bereitschaft zu strukturellen Veränderungen mit Ausnahme der vermehrten Einrichtung von Ganztagsschulen." So lässt sich nach Aussage von Prof. Dr. Hans-Günter Rolff, dem Leiter des Institutes für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Universität Dortmund, die Einstellung der bundesdeutschen Bevölkerung zur Schule zusammenfassen. Prof. Dr. Rolff stützt sich dabei auf die Ergebnisse der 12. IFS-Repräsentativumfrage, die von Mitte Februar bis Mitte April dieses Jahres durchgeführt wurde, also über zwei Monate nach Bekanntgabe der PISA-Ergebnisse und vor den Ereignissen von Erfurt.

    Bundesweit wurden 2.916 über 18-jährige Personen mit Wohnsitz in Deutschland befragt, eine weitere Stichprobe umfasste insgesamt 1.432 Eltern mit mindestens einem Kind in der allgemein- oder berufsbildenden Schule. Die IFS-Umfrage wurde von der Max-Traeger-Stiftung der GEW und der Hans Böckler Stiftung des DGB finanziert.

    Eine häufig gehörte Forderung nach den für Deutschland unbefriedigenden PISA-Ergebnissen findet überall, in Ost- wie Westdeutschland, Zustimmung: Es sollten mehr Ganztagsschulen eingerichtet werden, meint knapp über die Hälfte der Interviewten, womit der aus den vorherigen Umfragen bekannte Trend zur vermehrten Befürwortung der Ganztagsschule bestätigt wird. Bei der aktuellen Umfrage hat sich dabei zum ersten Mal sogar eine absolute Mehrheit für die Errichtung von mehr Ganztagsschulen ausgesprochen.

    Wenig schmeichelhaft für die deutschen Schulen sind die Antworten auf die Frage, wie es nach Meinung der Befragten mit den Leistungsansprüchen, die in der Schule an die Kinder und Jugendlichen gestellt werden, bestellt ist: Rund zwei Fünftel der befragten Bundesbürger halten die Leistungsansprüche für etwas oder viel zu niedrig, lediglich 15% bezeichnen sie als zu hoch. Die Tragweite dieses Ergebnisses wird deutlich, wenn man diese Zahlen mit den Daten früherer Erhebungen vergleicht: Bei der ersten IFS-Umfrage, damals nur in Westdeutschland, im Jahre 1979 gab es das umkehrte Ergebnis: Lediglich sechs Prozent der Interviewten meinten, in der Schule würde zu wenig von den Schülern gefordert, aber 60 Prozent gaben an, dass sie die An-forderungen für zu hoch hielten. Und auch noch in der 7. IFS-Umfrage 1991, als die Erhebung erstmals im vereinigten Deutschland durchgeführt wurde, hielten nur 12% der Befragten die Anforderungen für zu niedrig, knapp die Hälfte war der Meinung, dass in der Schule eher zu viel verlangt werde. Die Ansprüche der Bevölkerung an die Leistungsanforderungen sind also in den letzten Jahren ununterbrochen gestiegen.

    Was müsste sich nach Meinung der Befragten ändern? Nach Ansicht von rund drei Viertel der Befragten sollten sich die Schulen in Zukunft vermehrt um die Vermittlung einer guten Allgemeinbildung, die Verstärkung der Problemlösekompetenz und die Vorbereitung auf das Berufsleben kümmern. Aber auch die intensivere Beschäftigung mit erzieherischen und sozialen Inhalten wird gefordert: Eine stärkere Förderung von sozialen Kompetenzen und Teamfähigkeit sowie von Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen wird ebenfalls von jeweils rund drei Viertel der Interviewten eingefordert.

    Die Antworten auf die Frage, um was sich die Schulen in Zukunft verstärkt kümmern sollen, zeigen: Mehr Leistung und mehr Erziehung - so lautet der Anspruch der Bundesdeutschen (Eltern wie Nichteltern) an die Schule der Zukunft. Prof. Dr. Hans-Günter Rolff bezeichnete dies "aus pädagogischer Sicht als gute Balance und auch aus gesellschaftspolitischer Sicht begrüßenswert".

    Auf wenig Gegenliebe treffen in der Bevölkerung allerdings Anregungen zu strukturellen Veränderungen des bundesdeutschen Schulsystems, wie sie in der (Fach-)Öffentlichkeit in Reaktion auf die PISA-Ergebnisse diskutiert werden: Mehr integrierte Systeme, längeres Lernen aller Kinder zusammen, weniger "Druckmittel" wie beispielsweise Abschaffen des Sitzenbleibens sind nicht besonders populär. Zwei Fünftel der Befragten stimmen der Aussage zu, dass man die Kinder, statt sie nach der Grundschule in verschiedene Schultypen einzuteilen, besser weiter gemeinsam unterrichten solle, 34% sind dezidiert dagegen. Deutlich geringer fällt die Zustimmung zur Forderung nach der sechsjährigen Grundschule aus: Lediglich 30% der Interviewten befürworten die Verlängerung der Grundschulzeit, aber 48% sind dagegen. Diese Werte sind über die letzten Jahre relativ konstant geblieben.

    In einem wichtigen Punkt stimmen die Befragten in der aktuellen Erhebung überein: Es wird mehr Geld für Bildung gefordert. Über 90% der Interviewten widersprechen der Forderung, dass im Bildungswesen gespart werden müsste. Das ist zwar für die Bildungspolitik erfreulich, aber noch nicht sonderlich bedeutsam - vor allem, da die Ergebnisse der Vorjahre in ähnlicher Höhe lagen.

    Auffallend sind hingegen, so Dr. Michael Kanders, Bearbeiter der Studie am IFS, die Antworten zur folgenden Frage: Die Interviewten wurden gebeten, aus 12 vorgegebenen Politikbereichen (soziale Sicherung, Umweltschutz, Schaffung von Arbeitsplätzen, etc.) diejenigen drei auszuwählen, wofür sie, wenn sie denn über die staatlichen Finanzen zu verfügen hätten, mehr Geld ausgeben würden. Wie in den Vorjahren steht dabei verständlicherweise die Schaffung von Arbeitsplätzen (bundesweit repräsentativ: 67%) in der Prioritätenliste an erster Stelle. Es folgen das Gesundheitswesen (50%) sowie knapp danach die soziale Sicherung (46%) und gleichauf die Bildung. 1991 waren es nur 21%, im Jahr 2000 bereits 34% der befragten Bundesbürger, für die Bildung zu den wichtigsten drei Aufgaben gehörte, jetzt ist es fast die Hälfte.

    Für Schülereltern ist Bildung und ihre ausreichende und verstärkte Finanzierung noch wichtiger: 59% der befragten Schülereltern in Ost wie West würden mehr Geld für Bildung bereitstellen, lediglich die Schaffung von Arbeitsplätzen hat für Schülereltern eine noch höhere Priorität als Bildung.
    ____________________________________________________________
    Kontakt:
    Prof. Dr. Hans-Günter Rollf, Institut für Schulentwicklungsforschung, Ruf (0231)755-5500


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    Criteria of this press release:
    Teaching / education
    transregional, national
    Research results
    German


     

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