Frischer Wind aus alten Büchern
Jena (27.06.02) Wie riecht frischer Wind in der Wissenschaft? Manchmal stark nach alten Büchern, meint Dr. Umberto Roberto. Fragt man den Althistoriker und Byzantinisten von der Universität La Sapienza in Rom, warum er sich für seinen einjährigen Forschungsaufenthalt im Ausland die Friedrich-Schiller-Universität ausgesucht hat, nennt er als Hauptgrund den Altbestand ihrer Bibliothek: "In Jena habe ich alle wichtigen Veröffentlichungen der hervorragenden deutschen Byzantinistik des 19. Jahrhunderts dauernd griffbereit - und darauf kann ich gerade bei meinem Projekt nicht verzichten, wenn ich etwas wirklich Neues erreichen will", erklärt der 32-jährige gebürtige Römer, der in diesem Monat als Alexander von Humboldt-Stipendiat seine Studien am Institut für Altertumswissenschaften aufgenommen hat.
Das Interesse von Dr. Roberto gilt der Chronik des Johannes von Antiochia, eines Historikers aus dem 7. Jahrhundert n. Chr. Das Werk schildert die Weltgeschichte von Adam und Eva bis zur Zeit seines Verfassers und baut auf sehr guten, heute zum Teil verlorenen Quellen auf. Allerdings ist es nur in Bruchstücken überliefert, und die einzige Edition aus dem 19. Jahrhundert steckt voller Fehler. So sind z. B. viele Textstellen hineingeraten, die gar nicht von Johannes stammen können. Ziel der Puzzle-Arbeit des Humboldt-Stipendiaten, die in Jena vom Althistoriker Prof. Dr. Walter Ameling betreut wird: Eine neue Sammlung der fast 300 echten Fragmente und ein Kommentar, der heutigen Historikern die Quelle erschließt. "Zu Johannes hat es seit fast 100 Jahren kaum noch Forschung gegeben", sagt Roberto. Seine Arbeit muss da anknüpfen, wo die Beschäftigung mit dem byzantinischen Chronisten abgerissen ist. "Deswegen ist es so wichtig für mich, die Ergebnisse meiner Vorgänger aus dem 18. und 19. Jahrhundert zu kennen. Jena war damals eine Spitzenuniversität mit einer exzellenten Bibliothek, und nirgendwo sonst könnte ich mich so gut in die Forschungsgeschichte einarbeiten wie hier."
Ein zweiter Grund, der dem Althistoriker aus Rom die Entscheidung für die Friedrich-Schiller-Universität leicht gemacht hat, ist die besondere wissenschaftliche Ausrichtung der Jenaer Altertumsforschung. Hier stehen die Spätantike - die Zeit, in der das Römische Reich christlich wurde - und Byzanz im Vordergrund. "Die Altertumswissenschaften haben sich zu lange ausschließlich mit klassischen Autoren und Epochen beschäftigt", stellt Prof. Ameling fest. Spätantike und Byzanz wurden dagegen vernachlässigt. "An unserem Jenaer Institut haben wir in den letzten Jahren zwei Forschungsschwerpunkte gesetzt, die das Umdenken, das natürlich schon früher begonnen hat, in diesem Punkt weiter vorantreiben", unterstreicht der Jenaer Althistoriker. Gemeint sind das 1998 eingerichtete interdisziplinäre Graduiertenkolleg "Leitbilder der Spätantike" und die Forschergruppe "Spätantike und byzantinische Literatur", die seit einem Jahr existiert. "In beiden Gruppen wird Herr Roberto kompetente Gesprächspartner für seine Forschung finden", ist sich Prof. Ameling sicher.
Umberto Roberto ist für zwölf Monate Stipendiat der gemeinnützigen Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) der Bundesrepublik Deutschland. Ziel der AvH ist die Förderung der internationalen Forschungskooperation. Sie ermöglicht hoch qualifizierten ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern langfristige Forschungsaufenthalte in Deutschland. Seit ihrer Wiedergründung 1953 hat die Stiftung über 20.000 Wissenschaftler aus über 130 Ländern gefördert.
Der italienische AvH-Stipendiat Dr. Umberto Roberto forscht für ein Jahr in den hervorragenden Quell ...
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History / archaeology, Language / literature
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Der italienische AvH-Stipendiat Dr. Umberto Roberto forscht für ein Jahr in den hervorragenden Quell ...
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