„Bereits der erste Versuch war Fehlschlag“
IMK: Erneuter Schuldenschnitt in Griechenland dürfte Krise drastisch verschärfen
Ein zweiter Schuldenschnitt in Griechenland würde höchstwahrscheinlich alle Fortschritte zunichte machen, die in den letzten zwei Monaten bei der Beruhigung der Krise im Euroraum gelungen sind. Darauf weist das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung hin. „Bereits der erste Schuldenschnitt war ein dramatischer Fehlschlag, der die Krise in Spanien verschärft und die Ansteckung Italiens begünstigt hat“, sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, Wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Wer nach diesen Erfahrungen einen zweiten Schuldenschnitt propagiert, der tut so, als könnte man ein Feuer mit Benzin löschen.“
In einer aktuellen Untersuchung hat das IMK analysiert, welche Folgen der erste Schuldenschnitt hatte. Dabei betrachten die Wissenschaftler neben der Entwicklung der Renditen von Euro-Staatsanleihen auch Indikatoren wie Zinsspreads und die Entwicklung der Target-Salden. Sie geben Aufschluss darüber, wie die Finanzmärkte und insbesondere die Banken auf den Beschluss zum Haircut im Juli 2011 reagierten. „An der Entwicklung dieser Einlagen und des Spreads erkennt man, dass die Ankündigung des griechischen Schuldenschnitts eine Art Lehman-Moment für die Eurozone war“, schreiben die Forscher.* Sie sei als „prinzipielle Entscheidung interpretiert worden, dass die Verbindlichkeiten jedes Staates im Euroraum und damit die ihnen gegenüber stehenden Forderungen der Gläubiger per Schuldenschnitt reduziert werden können.“ Das habe den Interbankenmarkt gelähmt und die Kapitalflucht aus den südeuropäischen Euro-Ländern angetrieben. Eine Folge seien „massive Ansteckungseffekte auf die Banken Spaniens und Italiens“ gewesen.
„Die Europäische Zentralbank musste damals massiv eingreifen, um die Situation wieder halbwegs unter Kontrolle zu bringen“, erklärt Andrew Watt, der Leiter des IMK und Mitautor der Studie. „Es gibt keinen Grund zur Hoffnung, dass ein zweiter Schuldenschnitt glimpflicher ablaufen würde. Im Gegenteil: Wahrscheinlich würde er jeden Rest Vertrauen in die Berechenbarkeit der Euroländer zerstören.“
*Gustav Horn, Fabian Lindner, Silke Tober, Andrew Watt: Quo vadis Krise? Zwischenbilanz und Konzept für einen stabilen Euroraum, IMK Report Nr. 75, Oktober 2012 (Seite 13 bis 16). Download: http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_75_2012.pdf
Kontakt in der Hans-Böckler-Stiftung
Prof. Dr. Gustav A. Horn
Wissenschaftlicher Direktor IMK
Tel.: 0211-7778-331
E-Mail: Gustav-Horn@boeckler.de
Andrew Watt
Leiter IMK
Tel.: 0211-7778-264
E-Mail: Andrew-Watt@boeckler.de
Rainer Jung
Leiter der Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de
Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration, Politics
transregional, national
Research results
German
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