Romanist der Universität Jena gibt Buch über Korruption in Südosteuropa mit heraus
„Wenn wir die Korruption auf dem Balkan wirksam bekämpfen wollen, müssen wir das Denken der Menschen verändern“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Dahmen von der Universität Jena. Der Romanist spricht von einer „viel weiter gefassten Toleranzgrenze“ bei den Menschen in Südosteuropa, was Bestechung und Bestechlichkeit angeht. Geschenke ebnen Wege und beschleunigen Verfahren. Ob Hochprozentiges oder Zigaretten – ein Bakschisch fungiert an vielen Stellen als Türöffner. Weil diese kleinen – und größeren – Gefälligkeiten seit Jahrhunderten im gesellschaftlichen Leben als normal betrachtet werden, fehlt bei vielen Menschen schlicht ein entsprechendes Unrechtsbewusstsein. „Es ist in vielen Fällen nicht ersichtlich, ob es sich bei einer Gabe um eine freundschaftliche Geste oder einen Bestechungsversuch handelt“, sagt Dahmen.
Im Sommer vorigen Jahres gab es an der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Arbeitstagung über das Phänomen. Unter dem Titel „Korruption, soziales Vertrauen und politische Verwerfungen – unter besonderer Berücksichtigung südosteuropäischer Gesellschaften“ trafen sich Wissenschaftler aus der Schweiz, Ungarn und Deutschland, um das Phänomen Korruption näher zu ergründen. Nun ist in der Reihe „Beiträge zur Osteuropaforschung“ des Hamburger Krämer-Verlags ein gleichnamiges Buch erschienen. Es bündelt die Beiträge der Jenaer Tagung, wobei der Schwerpunkt auf Ungarn gelegt wurde.
Der Fokus auf Südosteuropa und speziell Ungarn bedeute aber keineswegs, das Thema Korruption auf diese Länder beschränken zu können, konstatiert Wolfgang Dahmen. Fälle von Korruption würden ja selbst in Deutschland aufgedeckt. Als tiefgreifendes gesellschaftliches Phänomen sei Korruption jedoch auf dem Balkan beheimatet. Dort gebe es „Gesellschaften des kollektiven Misstrauens“, wie es der Schweizer Prof. Dr. Christian Giordano genannt hat. Sein Beitrag über „Korruption und personalisiertes Vertrauen: Balkanische und mediterrane Parallelen“ ist im Buch ebenso enthalten wie Texte vom Nestor der Osteuropa-Soziologie Prof. Dr. Dr. h. c. Bálint Balla und Prof. Dr. Anton Sterbling. Während der 84-jährige Balla bis zu seiner Emeritierung an der TU Berlin geforscht hat, arbeitet Sterbling an der Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg. Sterbling ist ein ausgewiesener Südosteuropa-Kenner: Er gehörte einst der durch die Verleihung des Literaturnobelpreises an Herta Müller bekannt gewordenen Aktionsgruppe Banat an. Nächstes Jahr soll es eine Nachfolge-Tagung geben. Deren Fokus wird auf Rumänien gerichtet sein.
Bibliographische Angaben:
Bálint Balla, Wolfgang Dahmen, Anton Sterbling (Hg.): Korruption, soziales Vertrauen und politische Verwerfungen. Unter besonderer Berücksichtigung südosteuropäischer Gesellschaften, Reinhold Krämer Verlag, Hamburg 2012, 288 Seiten, 34,80 Euro, ISBN: 978-3-89622-111-7
Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang Dahmen
Institut für Romanistik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944660
E-Mail: Wolfgang.Dahmen[at]uni-jena.de
Das Cover der neuen Publikation.
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Der Romanist Prof. Dr. Wolfgang Dahmen von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Foto: Anne Günther/FSU
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Criteria of this press release:
Journalists
Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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