Berlin – Angesichts des Rückgangs an Organspenden warnt die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) vor den Konsequenzen einer abnehmenden Spendenbereitschaft. „Sinkende Spenderzahlen bedeuten, dass noch mehr schwerstkranke Patienten auf den Wartelisten sterben“, so die Experten der Fachgesellschaft. Das zum 1. November in Kraft getretene „Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz“ könnte helfen, die Situation zu entschärfen. Ziel muss es sein, dass sich wieder mehr Menschen für die Spende ihrer Organe nach dem Tod entscheiden, so die DGVS.
Von Januar bis September 2012 zählte die Deutsche Stiftung Organtransplantation 829 Organspender und damit knapp acht Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2011. Im Oktober ist die Zahl der Organspender sogar von etwa 100 auf 60 zurückgegangen, teilte die Stiftung mit.
„Die Zahlen sind alarmierend“, sagt Professor Gabi Kirchner, Sprecherin der DGVS-Arbeitsgemeinschaft Transplantation, und Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Gastroenterologie-Hepatologie am Universitätsklinikum Regensburg. Eine Verschärfung der bereits existierenden Mangelsituation führe unweigerlich dazu, dass noch mehr Menschen, die auf ein Spenderorgan warteten sterben müssten. „Wir müssen alles dafür tun, das Vertrauen der Bevölkerung in einen verantwortungsvollen Umgang mit den gespendeten Organen weiter zu stärken“, so die Expertin. „Nur dann kann das neue Gesetz tatsächlich helfen, die Zahl der Organspenden zu erhöhen.“
Das zum 1. November 2012 in Kraft getretene „Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz“ sieht vor, dass sich Bürger über 16 Jahren – auf freiwilliger Basis – für oder gegen eine Organspende nach ihrem Ableben entscheiden können. Viele Krankenkassen informieren bereits darüber und senden ihren Versicherten Blanko-Organspendeausweise zu. „Dieses Angebot ist gut, da manche Spendewilligen bisher nicht wussten, wo sie einen Organspendeausweis bekommen“, so Kirchner.
Da die Zahl der benötigten Organe weit höher ist als die der gespendeten, müssen die Patienten sehr lange warten und bekommen erst bei einer weit fortgeschrittenen Lebererkrankung ein Organ zugewiesen. „Aufgrund des schlechten Allgemeinzustands zum Zeitpunkt der Lebertransplantation sind die Erfolgschancen schlechter als wenn früher transplantiert werden könnte“, erläutert Kirchner. Die Voraussetzung hierfür sei jedoch eine ausreichende Zahl an Spenderorganen. Etwa 20 Prozent der Patienten versterben zudem bereits auf der Warteliste. Die häufigste chronische Erkrankung, die eine Lebertransplantation notwendig macht, ist die Hepatitis C, eine durch ein Virus verursachte Infektionskrankheit.
Die DGVS hatte sich bereits im August 2012 im öffentlichen Diskurs um die Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit der Zuteilung von Transplantaten positioniert und eine rasche und lückenlose Aufklärung der Vorwürfe verlangt. Die Fachgesellschaft begleitet zudem die laufenden Gespräche zwischen Ärzteschaft, Behörden, Krankenkassen, Politik und Überwachungskommissionen. „Wir brauchen mehr Transparenz, konsequente Aufsicht und Kontrolle und ein reguliertes Vorgehen bei Organtransplantationen“, erklärt DGVS-Pressesprecher Professor Dr. med. Peter R. Galle, Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Mainz. Die entscheidenden Ziele, lebensnotwendige Organe für die Menschen verfügbar zu machen und die Wartezeiten auf ein Spenderorgan zu verkürzen, müssten dabei stets im Auge behalten werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.
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