Studierende wünschen dem Chemiker alles Gute
Professor Dr. Detlev Forst gilt unter den Studierenden als der heimliche Dressmann der FH Aalen. Der stets in Anzug und Krawatte anzutreffende Professor für Chemie wurde nun in den Ruhestand verabschiedet.
Mit seiner Erscheinung brachte der Emeritus ein wenig südländische Atmosphäre an die Hochschule der Ostalb. Braun gebrannt und bester Laune verstand er es, seine Studierenden mit Leichtigkeit in den Bann der Chemie zu ziehen. Für Rosa Scaffidi, Studentin der FH Aalen, war Chemie auf der Schule immer ein Horrorfach. Ein Reaktions- und Buchstabengemisch, mit dem sie absolut nichts anfangen konnte. Das sollte sich im Unterricht von Prof. Forst ändern. "Es war irgendwie keine Minute langweilig", erzählt die Studentin und ergänzt: "Es war fast so, als säße ein Großvater im Schaukelstuhl und erzählte seinen Enkelkindern spannende Geschichten aus seinem Leben."
Pädagogisch wertvolles Filmmaterial zählte ebenso fest zu Prof. Forsts Unterricht wie die zahlreichen historischen Anmerkungen über verdiente Persönlichkeiten der Chemie. Dadurch gewannen im streckenweise doch unanschaulichen Theoriegebäude der Chemie Basen und Säuren eine Plastizität wie Rotkäppchen und der Wolf. Rosa Scaffidi jedenfalls ist in Forsts Unterricht erstmals und völlig unerwartet die Notation chemischer Reaktionen in Summenformeln verständlich geworden. Hier sah sie auch zum ersten Mal, wie langkettige Moleküle aus einem Bogen Papier als Scherenschnitt gefertigt werden können.
"Professor Forst versteht es einfach, komplexe Zusammenhänge interessant rüberzubringen", bestätigt auch die Studentin Eva Hegele. Beispielsweise ging es Prof. Forst bei der Elektrolyse nicht allein um die dabei vonstatten gehenden Reaktionen. Er nannte wie selbstverständlich den Erfinder der Batterie, führte zeitgeschichtliche Gründe zu ihrer Entstehung an und schloss mit der Weiterentwicklung der ersten Batterie bis zu den modernsten Exemplaren. "Man merkt einfach, dass er uns ein Gefühl fürs Ganze geben möchte", sagt der Student Fabian Lux.
Sein Kommilitone Andreas Trinkle erinnert sich an die musischen Seiten seines scheidenden Professors: "In der Anorganik waren Silikate einfach sein Lieblingsthema, weil Edelsteine so schön sind." Tief beeindruckt zeigten sich die Studierenden auch, als Forst aus dem Stegreif Brechts Gedicht "Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration" rezitierte. In diesem wird beschrieben, wie ein Zöllner den fernöstlichen Denker dazu überredet, seine Weisheiten zu Papier zu bringen. Brecht schließt das Gedicht damit, dass nicht nur dem Weisen zu danken sei, sondern auch demjenigen, der die Überlieferung von dessen Weisheiten zuwege gebracht hat. Als einen solchen Überlieferer sehen die Studierenden Prof. Forst. "Er ist kein Forscher, sondern Lehrer mit Leib und Seele, einer, der von Forschung und Forschern wie ein Buch erzählen kann", schwärmt Trinkle.
Unbedingt vermeiden sollte man es bei Prof. Forst allerdings, Freitag morgens zu spät in seinen Unterricht zu kommen - selbst wenn dieser Termin gar zu häufig auf die beliebten FH-Feten folgte. Auch wer es wagte, während der Vorlesung etwas zu trinken oder zu essen wurde mit mahnenden Blicken abgestraft. Dafür durfte man als Frau durchaus etwas Falsches sagen, "dann war es trotzdem irgendwie richtig", lacht Rosa Scaffidi. Ihre männliche Kommilitonen seien dagegen schon das eine oder andere Mal zurechtgewiesen worden. Sie räumt daher ein, dass diese möglicherweise eine andere Sicht auf Prof. Forsts Vorlesung haben. Vermutlich eine weniger märchenhafte. Oder: Froschkönig statt Rotkäppchen.
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