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07/22/2002 10:00

Aktuellen Trends in der Fertigungstechnik auf der Spur

Dr. Ingrid Horn Presse, Marketing u. Kommunikation
Hochschule Ulm

    130 Teilnehmer, darunter zahlreiche Vertreter aus Industrie und Wirtschaft sowie ehemalige Absolventen der Fachhochschule Ulm (FHU), konnte der Dekan des Fachbereichs Produktionstechnik und Produktionswirtschaft, Professor Dr.-Ing. Norbert Rohbeck, beim diesjährigen Produktionstechnischen Kolloquium Ulm (PKU) begrüßen. Zentrales Thema des Treffens waren aktuelle Trends in der Fertigungstechnik. Wie Rohbeck ausführte, besteht die Alltagsproblematik der Produktionsbereiche oft darin, die von Konstrukteuren vorgegebenen Werkstückformen schnell, kostengünstig, mit hoher Qualität bei geringen Fertigungsanstrengungen herzustellen. Dazu seien in den letzten Jahren hoffnungsvolle Konzepte entwickelt worden, die von der allgemeinen technischen Entwicklung schnell überholt wurden. Der Dekan wünschte sich daher eine eingehende Diskussion, welches Konzept zur Zeit und demnächst von der Industrie favorisiert werde, um adäquat ausgebildete Studierende in das Berufsleben entlassen zu können.

    Manfred Niedernhöfer, Geschäftsführer der in Elchingen ansässigen Fa. Brueninghaus Hydromatik, führte in das Thema ein. Er hob die allgemeinen Probleme der Fertigungsbetriebe hervor, die in Preis, Qualität, Lieferzeit, Liefertreue, Flexibilität der Varianten und in der lokalen Präsenz für globale agierende Kunden bestehen. Bei all diesen technischen und organisatorischen Problemen dürfe der Mensch in seiner wertschöpfenden Rolle nicht vergessen werden. Häufig werde die Qualifikation des Mitarbeiters nicht genügend genutzt, da er zur Verrichtung einfacher Arbeiten eingesetzt wird, obwohl er zur Beherrschung von komplexen Maschinen ausgebildet worden ist.

    Innovative Bearbeitungstechnologien an CNC-Maschinen gewinnen ihre Vorteile auf zweierlei Wegen. Dies belegte mit anschaulichen Beispielen Dipl.-Ing. Johannes Schneider, Leiter Anwendungstechnik von der Fa. Boehringer Werkzeugmaschinen GmbH, Göppingen. Zum einen gelingt dies mit einem Maschinenkonzept, das auf modularen Aufbau und freie Konfigurierbarkeit setzt und somit dem Zusammenwirken von Spannmittel, Werkstück, Werkzeug und Werkzeugmaschine optimal gerecht werden kann. Ebenso erfolgreich hat sich die Kombination und das Zusammenfassen von Bearbeitungsverfahren auf einer Maschine erwiesen. So führen zum Beispiel das Vereinen von Hartdrehen und Superfinishing auf einer Drehbank dazu, dass die Anzahl der Bearbeitungsmaschinen halbiert, die Prozess-Sicherheit um 60 Prozent gesteigert und die Oberflächenqualität verbessert werden konnten.

    Dass eine Werkzeugmaschine ohne Steuerungs- und Antriebssysteme nicht auskommt, zeigte Dipl.-Ing. Thomas Wissert, Leiter Fachberatung Ausrüstung für Werkzeugmaschinen der Fa. Siemens, Niederlassung Stuttgart. Wissert zufolge gibt es zur Zeit zwei Haupttrends, die durch den zunehmenden Einsatz von geregelten Antrieben mit höheren Anforderungen an die Dynamik und die gegenseitige Abhängigkeit der Integration in die Maschine und die Informationstechnik geprägt ist. Dazu wurden drei Steuerungs- und Antriebskonzepte entwickelt, die auf spezielle Maschinenanforderungen ausgerichtet sind. Die SIMATIC-Steuerung gilt als frei programmierbare Steuerung, die universell einsetzbar ist für Maschinen, die den Stand der Technik bei den konventionellen Maschinenkonzepten wiedergeben. Da die Anforderungen an die Maschinenproduktivität und damit an die Dynamik bei gleichzeitig höherer Genauigkeit zunehmen, wurde für die speziellen Anforderungen bei Dreh-, Fräs- und Bohrprozesse die SINUMERIK-Steuerung entwickelt. Für moderne Bearbeitungsmaschinen, bei denen ein Trend zum Ersatz von mechanischen Bewegungslösungen durch elektrische Lösungen zu beobachten ist, wurde die SIMOTION-Steuerung entwickelt. Neue Maschinenantriebe mit z. B. Torquemotoren, die bei niedrigen Drehzahlen hohe Drehmomente ermöglichen, und Linearmotore, die als Alternativantriebe für Vorschubachsen einen deutlichen Vorteil in der hohen Dynamik aufweisen, erfordern intelligente Softwarelösungen in der Form der SIMOTION-Steuerung für die "Elektronischen Getriebe", welche die klassischen NC-Funktionen und die mechanischen Achskopplungen durch elektronische Nachbildungen ersetzen. Ein weiterer wichtiger Trend ist die Umstellung der Maschinensicherheitstechnik von der Hardware auf die Software. Lösungen, die unter dem Begriff "Safety Integrated" bekannt sind, ermöglichen die von Berufsgenossenschaften geforderte hardwaremäßige Redundanz und die Verbesserung der Bedienbarkeit der Maschinen ohne Kompromisse, da die Sicherheitstechniken nicht mehr, wie in der Vergangenheit oft beobachtet, durch Tricks der Werker außer Kraft gesetzt werden können. Gleichzeitig ist damit die innerbetriebliche Einbindung der Betriebsdatenerfassung und die Produktionssteuerung verbunden, als auch die außerbetriebliche für das Instandhaltungsmanagement und Servicezwecke (Ferndiagnose) durch den Maschinenhersteller. Für die Ferndiagnose wurde ein innovativer "Internetzugriff" entwickelt, der den Sicherheitsanforderungen von IT-Beauftragten gerecht wird, indem sich Maschinenhersteller und -anwender in einem durch Software (Firewall) geschützten "virtuellen Konferenzraum" treffen und die Informationen austauschen.

    Dass die beste Technologie ohne exzellente Organisation nichts nützt, wußte Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Totsche, Produktionsleiter der Fa. Brueninghaus Hydromatik, Elchingen, und Geschäftsführer Produktion in Uchida, Japan, zu verdeutlichen. Der Aufbau einer Produktionsstrategie lässt sich zum Erfolg führen, wenn man die eingeführte Organisation, die kompetenten und hochmotivierten Mitarbeiter, die Technologie und das Qualitäts- und Umweltmanagement mit ins Kalkül zieht. Die Prozesskosten ließen sich um 50 Prozent reduzieren, indem man technologisch Funktionen und Teile zusammenfasste, die mannarme Fertigung von Kernteilen umstellte von Sonder- auf Standardmaschinen und ein tagesaktuelles Produktionscontrolling zum Abgleich von Soll und Ist einführte, das ein schnelles Reagieren auf Abweichungen erlaubt.

    Dr. Uwe Schleinkofer, Leiter Entwicklung der Fa. Plansee Tizit, Reutte/Tirol, schilderte die Anforderungen an Schneidstoffe und Werkzeuge bei hocheffizienten Zerspanungsprozessen. Ziel einer technischen Weiterentwicklung musste es sein, mehr Werkzeugvorschübe, eine höhere Schnittgeschwindigkeit und eine höhere Zuverlässigkeit zu erreichen. Die Antwort war die Entwicklung einer patentierten Schneidecke bei Drehwendeplatten mit Double Edge. Die doppelte Schneidenanzahl und die verstärkte Auflage macht die Neuentwicklung in erhöhtem Maße verschleißfest und temperaturbeständig. Die demzufolge hohen Zerspanvolumen mit bis zu 5000 ccm/min sind jedoch von konventionellen Bearbeitungsmaschinen nur schwer zu bewältigen. Durch neue Beschichtungsverfahren und den Verzicht auf Kühlschmiermittel werden optimale Einsatzfelder beim Feinschlicht-Drehen erzielt, für eine breite Werkstoffpalette durch präzises Einhalten von engen Toleranzen über einen langen Zeitraum. Durch die geringe Reibung zwischen Span- und Schneidstoff, die geringe Verklebeneigung, die gute Qxidationsbeständigkeit ergeben sich stabile Bearbeitungssituationen, die einen optimalen Nutzen erbringen.

    Zum Abschluss des Kolloquiums gab Dipl.-Ing. Heribert Wille, Leiter Großteilefertigung bei der Fa. Heidelberger Druckmaschinen in Amstetten, Einblick in die Planung und Umsetzung eines Investitionsprojektes. Wichtige Faktoren, um die Zielvereinbarungen zu erreichen, waren dabei Organisation, Arbeitszeit, Entlohnung und Qualität. Mit der Umsetzung eines Projektplanes auf zwei Fertigungslinien ließen sich folgende Erfolge erzielen: Die Wettbewerbsfähigkeit wurde hergestellt, die Flexibilität gesteigert und dadurch die Kundenorientierung erhöht. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Produktivität der Fertigungssysteme hat die Gruppenarbeit mit der Gruppenprämie als Anreiz, deren Merkmale Kosten, Qualität und Termintreue der Teile sind. Die größte Leistungssteigerung gelang jedoch durch die Organisationsentwicklung, indem Mitarbeitern und Springern entsprechende Aufgaben an den Maschinen zugeteilt und durch das Einführen eines neuen Arbeitszeitmodells die Randbedingungen der Entlohnungstarife ausgenutzt wurden.


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Mechanical engineering
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

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