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08/30/2002 07:38

Vom Orientalischen Seminar der Uni Freiburg ins Oasendorf Lämgin am Rande der Täklimakan Wüste

Rudolf-Werner Dreier Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

    Vom Orientalischen Seminar der Universität Freiburg ins Oasendorf Lämgin am Rande der Täklimakan Wüste

    Professor Harro von Sengers Strategeme bei den Uighuren

    Bereits in schweizer und deutschen TV-Sendungen gewürdigt wurde Die Kunst der List, das neueste Buch des Freiburger Sinologie-Professors Dr. Harro von Senger. In weniger als einem Jahr ist es bereits in der dritten Auflage und annähernd 20.000 Exemplaren beim Verlag C.H. Beck, München, erschienen. Für weltweites Aufsehen sorgt indes nach wie vor vom selben Verfasser Strategeme (1. Band: Strategeme 1-18: deutsche Ausgabe: 1. Auflage Scherz Verlag München 1988, 11. Auflage 2000). Es handelt sich um das erste westliche Buch über die 36 Strategeme der Chinesen. "Strategem" ist ein anderes Wort für "Kriegslist" oder einfach "List", "Trick". Soeben kam die 12., und zwar serbische, Fremdsprachenausgabe auf den Markt: Strategeme: Umece zivlenja prezivljanvanja kineskog naroda - 36 strategema iz tri melenijuma, Verlag Naucna, Belgrad.

    Ganz aus dem Rahmen fällt freilich die 11. Fremdsprachenausgabe dieses Buches ins Uighurische: Dass es sie gibt, entdeckte der US-Student Christopher Detweiler. Er studiert am Orientalischen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Sinologie und Islamkunde. Von März bis August 2002 weilte er zu einem Forschungssemester in Ürümqi, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang, Volksrepublik China. Anfang Mai 2002 fielen an der Universität Xinjiang die Vorlesungen aus. Die Gelegenheit nutzte Christopher, um mit einem uighurischen Freund namens Pärhad durch das Land zu reisen. Über 90 Prozent der 1,2 Milliarden-Bevölkerung der Volksrepublik China gehört zwar zur Volksgruppe der Han-Chinesen. Aber es leben in diesem Land auch 55 offiziell anerkannte Minderheiten. Eine davon sind die Uighuren. Davon gibt es etwa 8 Millionen.

    In einer E-Mail vom 4. Mai 2002 teilte Christopher Detweiler Professor von Senger mit: "Als ich bei seiner Familie im kleinen Oasendorf Lämgin am Rande der Täklimakan Wüste zu Gast war, fragte ich Pärhad, ob er je von den 36 Häylä gehört habe. Häylä (bzw. Haila) ist ein arabisches Wort, das sowohl in den türkischen Sprachen als auch im Arabischen 'Trick' bedeutet. Er hat mich nicht verstanden, also habe ich es auf Chinesisch erklärt. Darauf sagte er: 'Ja natürlich, das nennen wir 36 Tädbir! Ich habe ein sehr tolles Buch über die 36 Tädbir gelesen, eigentlich mehrmals gelesen, aber leider ist mein Wissen noch nicht vollständig, da der Autor die letzten 18 Tädbir noch nicht herausgegeben hat!' Dann fragte ich weiter, ob er wisse, wie der Autor heisst, und er antwortete: 'Ja, er heisst Harron [sic] Senger, und ich glaube, er kommt aus Deutschland. Das Buch hat eine Einleitung von einem deutschen Präsidenten'."

    In der Tat enthält die chinesischen Ausgabe von Strategeme, Band 1 (1. Aufl. Shanghai, Dezember 1990, zahlreiche Nachdrucke) einen ins Chinesische übertragenen an Harro von Senger gerichteten Brief vom 10. Mai 1989 des damaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl über seine Eindrücke bei der Buchlektüre. Die chinesische Ausgabe diente, wie sich herausstellte, als Vorlage für die uighurische Übersetzung.

    Im August 2002 traf Christopher Detweiler gar Äbäydulla Ibrahim, den uighurischen Übersetzer von Harro von Sengers Buch Strategeme und erfuhr von ihm: Seit 1993 ist es in uighurischer Sprache schon fünfmal gedruckt worden. Jedes Mal waren die Neuauflagen sofort ausverkauft. Harro von Senger sei nicht nur unter den Uighuren, sondern auch unter den im In- und Ausland lebenden Usbeken, Tadschiken, Kasachen etc. berühmt.

    Äbäydulla Ibrahim gilt als der 36-Strategeme-Experte Xinjiangs. Nachdem er Harro von Sengers Strategeme ins Uighurische übersetzt hatte, entstand solch eine große Nachfrage nach Büchern über die 36 Strategeme, dass er insgesamt sechs andere, von Han-Chinesen geschriebene, Bücher über das Thema übersetzen ließ. Alle seien sich aber einig, dass Harro von Sengers Buch den von Han-Chinesen geschriebenen Büchern - einschliesslich das älteste Militärtraktat der Welt von Sun Zi, nämlich Meister Suns Kriegskunst - weit überlegen sei.

    Unbedingt möchte Äbäydulla Ibrahim die letzten 18 Strategeme auch übersetzen. Dieser Wunsch kann bald in Erfüllung gehen. Denn lange vor dem russischen und türkischen kam bereits der chinesische Copyright-Vertrag, und zwar mit einem Verlag in Shanghai und im Frühjahr 2002 mit einem Verlag in Taipeh, zustande. Die chinesische Ausgabe in Shanghai von Strategeme Band 2: Strategeme 19-36 (Scherz Verlag, München 2000) ist für das Jahr 2003 vorgesehen.

    Leer ausgegangen ist freilich Christopher Detweiler, der Entdecker der uighurischen Strategeme-Ausgabe: Äbäydualla Ibrahim hatte beim Gespräch mit ihm gerade kein Exemplare zur Hand, sagte aber, er könne noch Exemplare finden und sie Harro von Senger direkt zuschicken. Zwar traf Detweiler zwei Uighuren, die das Buch besaßen. Aber all seine Überredungskünste versandeten. US-Dollars, Euros und die chinesische Währung Renminbi - nichts von alledem vermochte den Besitz der Strategeme aufzuwiegen. Die beiden Uighuren blieben hart. Sie verkauften ihr Exemplar nicht. Der Umschlag der uighurischen Ausgabe ist im Internet zu sehen unter: www.36strategeme.ch Rubrik "Bücher": Die 20 Ausgaben von Strategeme Band 1 im Überblick".

    Kontakt:
    Prof. Dr.phil. Dr.iur. Harro von Senger
    Orientalisches Seminar
    Universität Freiburg i.Br.
    Werthmannplatz
    79085 Freiburg i.Br.
    Tel. 0761/203-3144
    e-mail: harro.von.senger@orient.uni-freiburg.de


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    Language / literature
    regional
    Scientific Publications
    German


     

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