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09/09/2002 14:11

"So normal wie möglich leben": Themenabend "Wohnen für Menschen mit Behinderung"

Dipl.-Journ. Tove Simpfendörfer Pressestelle
Hochschule Ravensburg-Weingarten

    Von Thomas Brunnhuber

    Auch Menschen mit einer Behinderung haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Dies zu verwirklichen sollte unser oberstes Ziel sein". Mit dieser Aussage brachte Professorin Irmgard Teske von der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten die Meinung vieler Anwesenden auf den Punkt. "Um diese Ziel zu erreichen, muss man Pioniergeist zeigen und die gewohnten Wege auch mal verlassen", ergänzte Christoph Graef von der St. Gallus-Hilfe Meckenbeuren.

    Wie solch neue Wege aussehen können, zeigte der Themenabend "Wohnen für Menschen mit Behinderung", der vom Studiengang Sozialarbeit der FH Ravensburg-Weingarten in Zusammenarbeit mit der St. Gallus-Hilfe organisiert worden war. In seiner Begrüßung betonte der Dekan des Fachbereichs Sozialarbeit, Professor Dr. Berthold Löffler: "Solche Veranstaltungen sind wichtig, damit Erkenntnisse aus herausragenden Diplom-Arbeiten auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden."

    Zum Einstieg wurde von einer jungen Frau mit geistiger Behinderung ein Gedicht verlesen, das die zahlreich erschienenen Zuhörer mit der Unsicherheit des gesellschaftlichen Umgangs mit behinderten Menschen konfrontierte. "Was ist normal, und wer bestimmt was normal ist" war der Tenor des Vortrags. Nach dieser bedenkenswerten Einführung präsentierten Studierende eines Multimedia-Seminars der FH eine CD-Rom, die sich mit den vielfältigen Aspekten des Wohnens, speziell in sozialen Einrichtungen, beschäftigt. So vermittelte ein Filminterview mit einem Bewohner des Körperbehinderten-Zentrum Oberschwaben (KBZO) den Anwesenden einen Eindruck, was es heißt auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. "Obwohl ich mich hier sehr wohl fühle und die familiäre Atmosphäre schätze, ist es für mich schon manchmal schwer, vorgeschrieben zu bekommen, wann ich ins Bett gehen muss", sagte ein 51-jähriger Rollstuhlfahrer.

    Nach dieser eindrücklichen Präsentation stellte Professorin Irmgard Teske Leitziele für behindertengerechtes Wohnen vor. Es soll versucht werden, die Prinzipien der Normalisierung, Selbstbestimmung und Integration so weit wie möglich umzusetzen. "Dazu gehört dass man auch individuelle Lebenswege anerkennt und Behinderten die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglicht" betonte die Professorin.

    Wie dies umgesetzt werden kann, demonstrierte anschließend Sybille Leser, Absolventin des Studiengangs Sozialarbeit. Sie befasste sich in ihrer Diplomarbeit mit dem Projekt "Rudolf-Straße". Dort leben sechs junge Frauen mit geistiger Behinderung weitgehend selbstständig und selbstbestimmt in einer Wohngemeinschaft mitten in Ravensburg. Durch eine Vielzahl unterschiedlicher Untersuchungsmethoden versuchte die Diplomandin ein ganzheitliches Bild über die Lebenssituation und die persönliche Entwicklung der Bewohnerinnen aufzuzeichnen. Dabei zeigte sich, dass sich die jungen Damen in der Rudolf-Strasse überaus wohl fühlen und auch in Bezug auf die oben genannten Prinzipien große Fortschritte erzielt wurden.

    Aber auch kritische Anregungen waren Inhalt der Diplomarbeit. Bemerkenswert ist, dass der Stressfaktor der betreuenden Mitarbeiter der Rudolf-Strasse im Vergleich zur Arbeit im Heim zugenommen hat. "Dies ist im Wesentlichen mit der starken Belastung durch Verwaltungstätigkeiten zu erklären", gibt Sybille Leser zu bedenken. Hier wäre es möglich, durch die zentrale Bearbeitung dieser Angelegenheiten Entlastung zu schaffen. Außerdem sei ein Leben mitten in der Stadt für die Bewohnerinnen ungleich teurer als in subventionierten Heimen, so dass über die finanzielle Ausstattung der "Rudolf-Sträßlerinnen" nachgedacht werden sollte.

    Am Anschluss an die Vorträge entfachte sich eine rege Diskussion über das Für und Wider solcher Projekte, wobei man oftmals auf das Problem der Finanzierung zu sprechen kam. Hier gab Christoph Graef zu bedenken, dass es keine gesicherten Zahlen dazu gibt, ob derartige Wohnformen tatsächlich teurer als die Heimunterbringung sind, oder ob dies nur allgemein angenommen wird. "Hier ist sicherlich noch großer Bedarf an genaueren Untersuchungen. Vielleicht ist das auch Anregung für weitere Projekte mit der FH Ravensburg-Weingarten", stellte er in Aussicht.

    Infos bei Professorin Irmgard Teske, E-Mail: teske@fh-weingarten.de


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Social studies
    regional
    Research results, Studies and teaching
    German


     

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