Mineralogen der Universitäten Jena und Bayreuth erklären im Fachmagazin „Nature Geoscience“, warum die Plattentektonik mancherorts zum Stillstand kommt
Die Erde ist in Bewegung. Was wir als festen Boden unter unseren Füßen wahrnehmen, verändert sich in Wahrheit ständig: Innerhalb eines Jahres driften Afrika und Amerika am mittelatlantischen Rücken einige Zentimeter auseinander, während sich der Boden des Pazifiks unter den südamerikanischen Kontinent schiebt. „In ein paar Millionen Jahren wird Afrika auseinandergebrochen sein und Nordaustralien am Äquator liegen“, sagt Prof. Dr. Falko Langenhorst von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Plattentektonik führe zu einer permanenten Erneuerung der Ozeanböden, erläutert der Mineraloge. Die Lücken zwischen den driftenden Platten werden durch aufsteigendes geschmolzenes Gestein gefüllt und neue Ozeankruste entsteht. In anderen Regionen tauchen die Platten tief ins Innere der Erde ab und vermischen sich mit dem umgebenden Erdmantel.
Als einziger Planet unseres Sonnensystems betreibt die Erde ein solches regelmäßiges „Face Lifting“. Doch das ständige Auf und Ab der Erdkruste verläuft nicht überall reibungslos. „Seismische Messungen zeigen, dass in manchen Regionen, wo sich eine Platte unter eine andere schiebt, die Bewegung stagniert, sobald das Gestein eine bestimmte Tiefe erreicht hat“, sagt Prof. Langenhorst. Was den „Stau“ in den sogenannten Subduktionszonen verursacht, war bislang ungeklärt. In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Nature Geoscience“ legen Prof. Langenhorst und Geowissenschaftler der Uni Bayreuth nun erstmals eine Erklärung für dieses Phänomen vor (DOI: 10.1038/NGEO1772).
Demnach bleibt das Gestein der abtauchenden Ozeanplatte in 440 bis 650 Kilometern Tiefe – in der Übergangszone zwischen oberem und unterem Erdmantel – einfach stecken. „Der Grund dafür ist in der langsamen Diffusion und Umwandlung von Mineralkomponenten zu finden“, erklärt Mineraloge Langenhorst. Anhand von Hochdruckexperimenten konnten die Forscher zeigen, dass unter den vorherrschenden Druck- und Temperaturverhältnissen in dieser Tiefe der Elementaustausch zwischen den Hauptmineralen der subduzierten Ozeanplatte, Pyroxen und Granat, extrem verlangsamt ist. „Die Auflösung der Pyroxen-Komponente im Granat ist so langsam, dass das abtauchende Gestein nicht mehr an Dichte zunimmt und deshalb stagniert“, sagt der Jenaer Forscher.
Interessanterweise staut es sich im Erdmantel gerade dort, wo der Ozeanboden besonders schnell ins Erdinnere abtaucht. „Im Tonga-Graben vor Japan zum Beispiel ist die Subduktionsgeschwindigkeit sehr hoch“, weiß Prof. Langenhorst. Dadurch bleibt das absinkende Gestein der ozeanischen Platte länger relativ kalt, was den Elementaustausch zwischen den Mineralkomponenten besonders erschwert. „Bis sich nur 1 mm kleine Pyroxen-Kristalle im Granat lösen, dauert es rund 100 Millionen Jahre, so lange stagniert die abtauchende Platte“, beschreibt Langenhorst den Gesteinsstau. Der kann sich erst an der Grenze zum unteren Erdmantel wieder auflösen. Dann nämlich wandelt sich Pyroxen aufgrund des höheren Drucks, der in 650 Kilometern Tiefe vorherrscht, in das Mineral Akimotoit um. „Das könnte zu einem schlagartigen Anstieg der Gesteinsdichte führen und würde das Absinken in größere Tiefen ermöglichen.“
Original-Publikation:
Van Mierlo VL et al. Stagnation of subducting slabs in the transition zone due to slow diffusion in the majoritic garnet. Nature Geoscience, DOI: 10.1038/NGEO1772
Kontakt:
Prof. Dr. Falko Langenhorst
Institut für Geowissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiss-Promenade 10, 07745 Jena
E-Mail: falko.langenhorst[at]uni-jena.de
Der Mineraloge Prof. Dr. Falko Langenhorst von der Universität Jena.
Foto: Anne Günther/FSU
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Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Geosciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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