Wiesbaden – Im Jahr 2012 transplantierten Ärzte in Deutschland 3706 Organe: Herz, Nieren, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Eine Organtransplantation verbessert die Lebensqualität der meisten Empfänger erheblich, vielen von ihnen rettet sie das Leben. Um hierzulande die Prozesse und die Qualität von Organspenden zu verbessern, haben die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) jetzt eine „Task Force Transplantationsmedizin“ gegründet.
Ziel ist es, dass Transplantationen zu jeder Zeit transparent und noch erfolgreicher verlaufen und geltenden Standards entsprechen. Zudem sollten Patienten bestmöglich davon profitieren und Ärzte anhand messbarer Kriterien, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst sind, nachvollziehbare Entscheidungen treffen können.
Das Gremium wird Richtlinien und Standards für die Vergabe und den Umgang mit Spenderorganen erarbeiten. „Klarer Konsens und wichtige Maßgabe ist, dass wir über Transplantationen künftig immer interdisziplinär entscheiden“, betont DGIM-Vorsitzende Professor Dr. med. Elisabeth Märker-Hermann aus Wiesbaden. Denn beide Disziplinen begleiten eine Organspende in der Regel gleichermaßen intensiv: Der Internist behandelt den Patienten lückenlos vor und nach der Operation. Der Chirurg führt die Transplantation durch und ist damit in die Therapie entscheidend eingebunden.
Als wissenschaftliche Fachgesellschaften sehen DGIM und DGCH es als ihre Aufgabe an, objektive, messbare und bundesweit geltende Parameter nach aktuellem Wissensstand weiter zu entwickeln. Dringlichkeit und Aussicht auf Erfolg einer Transplantation bestimmen den Vorgang wesentlich, erläutert DGCH-Generalsekretär Professor Dr. Dr. med. Hans-Joachim Meyer aus Berlin: „In ethisch und medizinisch derart komplexen Fragen benötigen die behandelnden Ärzten klare, nachvollziehbare Vorgaben und Entscheidungskompetenzen.“ Diese müssten noch vor einer übergeordneten Überwachung durch Bundesärztekammer und Politik gelten.
Ein Maß für den Schweregrad einer Lebererkrankung etwa ist der sogenannte „labMELD-Score“, der sich aus mehreren Laborwerten zusammensetzt. Je höher der MELD-Score, desto höher das Risiko, innerhalb der nächsten drei Monate zu versterben. Eindeutige Regeln fordert die DGIM auch für Patienten mit Leberzellkrebs oder bei alkoholinduzierter Lebererkrankung sowie bei der Labordiagnostik. „Ein Problem ist, dass messbare Kriterien wie diese wegen Ausnahmeregelungen immer wieder außer Kraft gesetzt werden“, bedauert Professor Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM aus Kiel.
Auch die organisatorische Seite gelte es zu vereinheitlichen: Daten müssten sicher und vollständig übertragbar sein, um die Transparenz zu verbessern. Die Task Force fordert deshalb eine lückenlose schriftliche Dokumentation sämtlicher Schritte des Transplantationsvorgangs: „Von der Anzeige für eine Transplantation bis zur Zuteilung des Organs müssten Internisten und Chirurgen interdisziplinär zukünftig noch enger zusammenarbeiten“, betont Professor Dr. med. Karl-Walter Jauch, Präsident der DGCH aus München. Um ärztliche Qualität zu sichern, wird das Gremium seine Vorschläge auch in die Novelle der ärztlichen Weiterbildungsordnung einbringen.
Die Task Force Transplantationsmedizin ist paritätisch besetzt: Jeweils fünf Experten von DGIM und DGCH gehören ihr an, außerdem ein Repräsentant der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und ein Medizinethiker. Transplantationsmedizin in Deutschland war ein Thema auf dem 119. Internistenkongress, der vom 6. bis 9. April 2013 in Wiesbaden stattfand, und ist es auch auf dem 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, der vom 30. April bis 3. Mai 2013 in München stattfindet.
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