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09/18/2002 11:13

Texte und Netze: RUB-Nachwuchsgruppe erforscht islamische Bildungsnetzwerke

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Konkurrenz und Konflikte, Verbindungen und Verflechtungen unterschiedlicher islamischer Gruppen untersucht die Nachwuchsgruppe "Islamische Bildungsnetzwerke" an der Ruhr-Universität Bochum. Neun junge Islamwissenschaftler forschen in Indien und im Nordkaukasus, in Syrien und dem Jemen, in der Türkei und in Zentralasien. Sie beleuchten z. B. Bildungsoasen in der südarabischen Wüste, ein weit verzweigtes Netz türkischer Schulen in Deutschland und Albanien sowie islamische Missionierungen in Japan.

    Bochum, 18.09.2002
    Nr. 260

    Texte und Netze
    Islamischen Bildungsnetzwerken auf der Spur
    VW-Stiftung fördert Nachwuchsgruppe an der RUB

    Konkurrenz und Konflikte, Verbindungen und Verflechtungen unterschiedlicher islamischer Gruppen untersucht die Nachwuchsgruppe "Islamische Bildungsnetzwerke" an der Ruhr-Universität Bochum (Institut für Orientalistik), gefördert von der VolkswagenStiftung. Neun junge Islamwissenschaftler unter Leitung von Dr. Michael Kemper forschen in Indien und im Nordkaukasus, in Syrien und dem Jemen, in der Türkei und in Zentralasien. Sie beleuchten zahlreiche Themen, z. B. Bildungsoasen in der südarabischen Wüste, ein weit verzweigtes Netz türkischer Schulen in Deutschland und Albanien sowie islamische Missionierungen in Japan.

    Kein Exotenfach mehr

    Seit die Welt zusammenwächst - Stichwort "Globalisierung" - und insbesondere seit dem 11. September 2001 ist die Islamwissenschaft kein Exotenfach mehr. Forscher tragen dazu bei, den Islam zu verstehen: Der Islam ist kein großer, einheitlicher Monolith, der dem Westen bedrohlich gegenübersteht. Islamische Strömungen und Gruppen stehen untereinander im ständigen Diskurs und oft auch in Konkurrenz und Konflikt. Im Islam gibt es keine Kirche, die Dogmen verbindlich festlegen könnte. Was als Islam zu verstehen ist, muss stets neu debattiert und ausgehandelt werden. Daher finden sich heute zahlreiche Islaminterpretationen, die aus unterschiedlichen Bildungstraditionen stammen und auch neue Bildungsstrukturen und -inhalte hervorbringen.

    Nah und fern

    So schreibt etwa Bekim Agai seine Dissertation über hochmoderne türkische Schulen in Deutschland und Albanien: Sie bieten überhaupt keine religiöse Bildung an, doch orientieren sich die Lehrer und viele der Schüler an der religiösen Ethik eines türkischen Predigers, der einen modernen, weltoffenen Islam vertritt und auch den interreligiösen Diskurs sucht. Wie sehr der Islam zum Bestandteil unserer europäischen Identitäten geworden ist, zeigt ebenso die entstehende Arbeit von Armina Omerika. Sie forscht über die muslimische Intellektuellenbewegung der "Jung-Muslime", die im 20. Jahrhundert entscheidend zur gegenwärtigen, kulturell definierten Identität Bosnien-Herzegovinas beigetragen hat. Um die Geschichte der bosnischen "Jung-Muslime" zu rekonstruieren, besucht und befragt sie Zeitzeugen in Deutschland, Österreich und Bosnien und studiert ihre Schriften.

    Zentren und Randzonen

    Allen Gruppenmitgliedern gemein ist, dass sie Diskurse rekonstruieren und Beziehungsnetzwerke aufdecken. Schon immer standen Islamgelehrte aus den verschiedenen Regionen der Welt miteinander im Kontakt, und seit dem 18. Jahrhundert sind diese Debatten in zahlreichen Quellen in arabischer, persischer und türkischer Sprache besonders gut dokumentiert. Islamische Denker brachten Bewegungen in Gang, von denen einige sich schnell auch über mehrere Länder oder gar Kontinente ausdehnten, während andere ihre Macht eher lokal entfalteten. Auf diesem Wechselspiel von Lokalem und Transnationalem, von Zentren und Randzonen der islamischen Welt liegt ein Hauptaugenmerk der Bochumer Forscher.

    Jenseits von Romantik und Terrorismus

    Während sie die Texte mit den klassischen Werkzeugen der orientalischen Philologie entschlüsseln, untersuchen sie die Beziehungen zwischen den Gelehrten und ihren Anhängern mithilfe der ethnologischen Netzwerkanalyse. "Hieraus sollen einige Modelle erarbeitet werden, die sich in all diesen Regionen - ob in der Arabischen Wüste oder im Ruhrgebiet - gewinnbringend anwenden lassen", sagt Dr. Michael Kemper. Die Islamwissenschaft reiße dabei einige weitverbreitete Denkschranken ein und zeige viele neue Wege des Kulturkontakts auf: "Wir stehen vor der Herausforderung, jenseits aller Romantik, aber auch nicht nur im Schatten des 11. September, die reiche Geschichte der Muslime auch in unserem Lande zur Kenntnis und ihre Belange - vor allem auch im Bildungsbereich - ernst zu nehmen."

    Weitere Informationen

    Dr. Michael Kemper, Nachwuchsgruppe "Islamische Bildungsnetzwerke im lokalen und transnationalen Kontext (18. - 20. Jh.)", Fakultät für Philologie, Institut für Orientalistik, Tel. 0234/32-26234, Fax: 0234/32-14671, E-Mail: Michael.Kemper@ruhr-uni-bochum.de


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    Criteria of this press release:
    History / archaeology, Language / literature, Law, Politics, Social studies, Teaching / education
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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