Untersuchungen auf verborgenes Blut im Stuhl geben Hinweise auf Darmkrebs oder auf Vorstufen der Erkrankung. Seit über 40 Jahren wird dazu ein enzymatisches Nachweisverfahren eingesetzt, zwischenzeitlich sind aber auch immunologische Tests auf dem Markt. Epidemiologen aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum wiesen nun im direkten Vergleich beider Methoden die Überlegenheit der immunologischen Tests nach: Sie spüren doppelt so viele Krebsfälle und Krebsvorstufen auf und liefern weniger falsch positive Ergebnisse.
Zur Früherkennung von Darmkrebs haben alle gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland von ihrem 50. Geburtstag an Anspruch auf einen Test auf okkultes Blut im Stuhl. Darüber hinaus wird ihnen vom 55. Geburtstag an eine Darmspiegelung angeboten. Bei dieser Untersuchung entdeckt der Arzt eventuelle Krebsvorstufen mit großer Sicherheit, jedoch nehmen nur rund 20 bis 30 Prozent aller Berechtigten das Angebot auch an. „Daher sind die Tests auf verborgenes Blut wichtig, denn mit ihnen erreichen wir mehr Menschen. Die Bereitschaft, einen einfachen Labortest durchführen zu lassen, ist deutlich höher. Umso wichtiger ist es, dass die Nachweisverfahren auch aussagekräftig sind“, erklärt Professor Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum.
Der von den Krankenkassen seit Jahrzehnten erstattete Test ist ein enzymatisches Nachweisverfahren für verborgenes Blut (Guaiak-Test). Seit einigen Jahren sind darüber hinaus Testsysteme auf dem Markt, die den Blutfarbstoff Hämoglobin immunologisch über eine Antikörperreaktion nachweisen. Sie gelten als empfindlicher, sollen also mehr Gewebeveränderungen aufspüren. Allerdings wurden beide Verfahren weltweit bislang nur in wenigen kleineren Studien miteinander verglichen.
Hermann Brenner und seine Mitarbeiterin Sha Tao unterzogen nun die beiden Verfahren erstmals einem großangelegten direkten Vergleich. 2235 Probanden, die zwischen 2005 und 2009 an einer Darmspiegelung zur Krebsfrüherkennung teilnahmen, gaben kurz vor der Untersuchung Stuhlproben ab, die mit beiden Verfahren auf verborgenes Blut untersucht wurden. Anschließend glichen die DKFZ-Forscher die Testergebnisse mit den Resultaten der Darmspiegelung ab.
Der enzymatische Test spürte ein Drittel aller Fälle von Darmkrebs auf; etwa neun Prozent der fortgeschrittenen Vorstufen (Adenome) und rund fünf Prozent der frühen Vorstufen. Dabei lag die Spezifität etwas über 95 Prozent, das heißt, bei 95 von 100 Teilnehmern mit negativem Testergebnis fanden die Ärzte auch bei der anschließenden Darmspiegelung keine Gewebeveränderungen.
Mit den drei untersuchten immunologischen Tests* dagegen wurden etwa doppelt so viele der Krebserkrankungen (60.0, 53.3 und 73.3 Prozent) und rund dreimal so viele der fortgeschrittenen Krebsvorstufen gefunden. Dabei lag ihre Spezifität noch etwas höher als beim enzymatischen Test.
Nur einem knappen Drittel (31 Prozent) aller positiven enzymatischen Tests lag tatsächlich eine Gewebeveränderung zugrunde. Unter den positiven Befunden der immunologischen Tests dagegen bestätigte die Darmspiegelung in rund zwei Drittel aller Fälle (57 bis 68 Prozent) eine Veränderung. „So können die immunologischen Tests dazu beitragen, dass Menschen nach einem positiven Ergebnis eine Darmspiegelung wahrnehmen und damit viel gezielter diejenigen Personen an der Untersuchung teilnehmen, bei denen tatsächlich Darmkrebsvorstufen vorliegen“, erklärt der Epidemiologe Brenner.
Da der enzymatische Test nur positiv/negativ-Aussagen erlaubt, der immunologische dagegen die Menge des Hämoglobins quantifiziert, mussten die Forscher die Ergebnisse vergleichbar machen. Dazu wählten sie den Schwellenwert der immunologischen Tests so, dass beide Verfahren die gleiche Anzahl an positiven Ergebnissen erbrachten.
„Wir haben hier erstmalig in einem Direktvergleich gezeigt, dass die diagnostische Aussagekraft der immunologischen Stuhltests bei einer gleichen Rate positiver Ergebnisse deutlich höher ist als die des Enzymtests“, sagt Hermann Brenner. Er hofft, mit seiner Forschung Überzeugungsarbeit bei den Entscheidungsträgern im Gesundheitswesen zu leisten: „Die Tests auf verborgenes Blut im Stuhl werden weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Früherkennung von Darmkrebs darstellen. Daher wären wir gut beraten, die immunologischen Tests auch in Deutschland in das Krebsfrüherkennungsangebot aufzunehmen. Damit könnten deutlich mehr Menschen einen lebensrettenden Hinweis auf eine verborgene Krebserkrankung erhalten.“
In mehreren anderen europäischen Ländern, die Programme zu Krebsfrüherkennung anbieten, sind die immunologischen Tests zwischenzeitlich Standard. Sie haben neben der höheren Empfindlichkeit weitere Vorteile für die Praxis: Sie sind einfacher zu automatisieren und der Proband muss nicht vorab bestimmte Lebensmittel vermeiden, da die Antikörper spezifisch auf menschliches Hämoglobin reagieren. Die etwas höheren Kosten, davon ist Brenner überzeugt, ließen sich senken, sobald die Tests in großem Maßstab produziert werden.
Hermann Brenner und Sha Tao: Superior diagnostic performance of fecal immunochemical tests for hemoglobin in a head-to-head comparison with guaiac based fecal occult blood test among 2235 participants of screening colonoscopy. European Journal of Cancer 2013, http://dx.doi.org/10.1016/j.ejca.2013.04.023
* untersuchte Tests:
Enzymatischer Nachweis:
HemOccult, Beckman Coulter, Krefeld, Germany
Immunologische Nachweise:
RIDASCREEN® Haemoglobin, Biopharm, Darmstadt
RIDASCREEN® Haemo-/Haptoglobin-Complex, Biopharm, Darmstadt
OC Sensor, Eiken Chemicals, Tokyo, Japan
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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