Rektor Prof. Hommelhoff: "Es wäre bedrückend, wenn die Europäer nur mit einem gewissen Maß an Anti-Amerikanismus zur europäischen Identität finden könnten"
"Mit großer Freude" eröffnete Rektor Professor Dr. Dr. h.c. Peter Hommelhoff gestern die Ringvorlesung "TYPISCH AMERIKANISCH!". Sie wurde von einer interdisziplinären Initiative für den Aufbau eines Heidelberger Amerikazentrums vorbereitet.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Ruprecht-Karls-Universität haben sich Wissenschaftler aus zehn Disziplinen zusammengefunden - aus den Fächern Anglistik, Geographie, Geschichte, Musikwissenschaft, Rechtswissenschaft, Soziologie, Philosophie, Politische Wissenschaft, Theologie und Wirtschaftswissenschaften -, um aus der Perspektive der jeweiligen Fächer über bedeutende Aspekte der Geschichte und Gegenwart der USA zu informieren. "Sie möchten damit zur Vertiefung und Versachlichung der gegenwärtigen Amerika-Debatte in der Bundesrepublik einen wissenschaftlichen Beitrag liefern. Schon diese Initiative verdient alle Anerkennung", sagte Hommelhoff zur Eröffnung.
Die Bedeutung dieses Themas für eine Ortsbestimmung der Gegenwart stehe außer Frage. "Jeder weiß, dass die einzig verbliebene Supermacht der Welt unser aller Schicksal in erheblichem Maße mitbestimmt; jeder weiß, dass es kaum eine Reformdebatte in der Bundesrepublik gibt, in der die USA nicht als Vorbild oder aber als Schreckbild dienen; jeder weiß um die politischen Konsequenzen, die in Deutschland aus der Kritik an der Politik der gegenwärtigen amerikanischen Regierung fließen und aus dem verbreiteten Anti-Amerikanismus namentlich in den neuen Bundesländern. Es wäre bedrückend, wenn die Europäer nur mit einem gewissen Maß an Anti-Amerikanismus zur europäischen Identität finden könnten" (Hommelhoff).
"Aber selbst dann dürften gerade wir Deutschen eines nicht übersehen: Unsere Geschichte verwehrt es, uns mit den Franzosen, Spaniern, Griechen und Italienern in eine Reihe zu stellen. Verdankt doch Deutschland Rechtsstaat und Demokratie den Bürgern der Vereinigten Staaten und seinen Regierungen ebenso wie den Schutz im Kalten Krieg, Rettung und Bewahrung Berlins und die Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit zu wesentlichen Teilen. Daher sind die deutsch-amerikanischen Beziehungen ein besonderes, ein besonders pflegebedürftiges Gut."
Mit der Ringvorlesung "TYPISCH AMERIKANISCH!" versuche die Ruperto Carola, die Besonderheiten der politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der USA "verstehend zu erklären", um eine berühmte Formel Max Webers zu gebrauchen. In vielen Vorträgen werde das Besondere der USA in einem durchgeführten Vergleich mit Deutschland und Europa analysiert. In ihnen geht es um die Identität der USA, um Anspruch und Realität einer multi-ethnischen Gesellschaft, um die Situation der ethnischen Minoritäten, um Religionsfreiheit, um den Schutz oder das Verbot von Hassrede, um das Verhältnis von Umwelt und Industrie, um die gesamtamerikanische Freihandelszone; ferner um die Frage, ob es eine amerikanische Musik gibt, um das vieldiskutierte Problem der Amerikanisierung der Bundesrepublik, um den pragmatischen Wahrheitsbegriff, schließlich um das Verhältnis von Staat und Markt in Amerika und Europa.
Hommelhoff weiter: "Wie schon angedeutet, wurde diese Ringvorlesung von einer interdisziplinären Initiative zum Aufbau eines 'Heidelberg Zentrums für Amerikastudien (Heidelberg Center for American Studies, HCA)' organisiert. Am Aufbau dieses Zentrums wird zurzeit auf unterschiedlichen Ebenen gearbeitet. Das Rektorat unterstützt diese Initiative, der Aufbau des Zentrums war von Anbeginn Eckpunkt in meiner Regierungspolitik als Rektor, hat Niederschlag in den Leitlinien des Rektorats und so die Zustimmung des Hohen Senats der Ruprecht-Karls-Universität gefunden."
Eine Funktion dieses Amerikazentrums werde es sein, die Aktivität derjenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Ruperto Carola zu bündeln, zu vertiefen und öffentlich sichtbar zu machen, die sich in Forschung und Lehre mit der Geschichte und Gegenwart der westlichen Hemisphäre im Allgemeinen, der USA im Besonderen beschäftigen. Die öffentliche Ringvorlesung "TYPISCH AMERIKANISCH!" sei in ihrem breiten Fächerspektrum gleichsam ein Beispiel dafür, auf welchen Feldern das Amerikazentrum Leistungen erbringen wird.
Den Eröffnungsvortrag hielt Professor Detlef Junker über das Thema "Das auserwählte Volk. Geschichte und nationale Identität der USA". Professor Junker ist seit Oktober 1999 Curt-Engelhorn-Stiftungsprofessor für Amerikanische Geschichte an der Universität Heidelberg, er hat mehr als acht Jahre seines Lebens in der USA verbracht, von 1994 bis 1999 als Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Washington. Als Rektoratsbeauftragter für den Aufbau des geplanten Amerikazentrums hat er geholfen, diese Initiative mit Leben zu erfüllen; unterstützt von Dr. Philipp Gassert und Frau Christiane Rösch.
Vor 14 Tagen ist er von einer Exkursion mit 20 Heidelberger Studenten aus dem amerikanischen Süden zurückgekehrt. "Ich bin froh, dass er die Gruppe trotz des Hurricanes 'Isidor' heimgebracht hat. Möge er auch das 'Heidelberg Zentrum für Amerikastudien' mit fester Hand glücklich durch alle Stürme in sicheren Hafen steuern. Deshalb wünsche ich ihm und seiner ganzen Crew nicht Mast- und Schotbruch, sondern immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel" (Hommelhoff).
Hier die weiteren Vorträge der Reihe:
31.10. ANGLISTIK - Dr. Dorothea Fischer-Hornung, Prof. Dr. Dieter Schulz
Vom Schmelztiegel zur Salatschüssel: Multikulturalismus und der Amerikanische Traum im Spiegel der Literatur
14.11. THEOLOGIE - Prof. Dr. Dr. Gerhard Besier
Religionsfreiheit in Amerika und Europa - ein Vergleich
21.11. RECHTSWISSENSCHAFT - Prof. Dr. Winfried Brugger
Schutz oder Verbot von Hassrede? Ein Streit zwischen Amerika und Deutschland
28.11. GEOGRAPHIE - Priv. Doz. Dr. Werner Gamerith
"The American Dream"? Ethnische Minoritäten und ihre Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation
12.12. WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN - Prof. Dr. Günter Liesegang
Industrie und Umwelt. Amerika und Europa im Vergleich
2003
9.1. WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN - Prof. Dr. Hartmut Sangmeister
Ganz Amerika unter dem Sternenbanner? Das Projekt einer gesamtamerikanischen Freihandelszone aus lateinamerikanischer Perspektive
16.1. MUSIKWISSENSCHAFT - Priv. Doz. Dr. Thomas Schmidt-Beste
Wer entscheidet darüber, was 'amerikanische' Musik ist? Identitätssuche und Fremdwahrnehmungen
23.1. SOZIOLOGIE - Prof. Dr. Uta Gerhardt
Amerikanisierung der Bundesrepublik?
06.02. PHILOSOPHIE - Prof. Dr. Andreas Kemmerling
Pragmatische Wahrheit: Was uns im Leben weiter bringt
13.2. POLITISCHE WISSENSCHAFT - Prof. Dr. Manfred G. Schmidt
Staat und Markt. Amerika und Europa im Vergleich
Rückfragen bitte an:
Prof. Dr. Detlef Junker
Historisches Seminar der Universität Heidelberg
Grabengasse 3-5, 69117 Heidelberg
Tel. 06221 542477, Fax 542449
hca@uni-hd.de
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Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
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Criteria of this press release:
Art / design, History / archaeology, Law, Music / theatre, Philosophy / ethics, Politics, Religion, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
German
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