Ulm – Die Infektion mit Rotaviren ist die häufigste meldepflichtige Infektionskrankheit und eine der häufigsten Ursachen für Durchfallerkrankungen bei Kindern in den ersten fünf Lebensjahren. Etwa jedes zweite Kind mit labordiagnostisch gesicherter Rotavirusinfektion muss stationär im Krankenhaus behandelt werden: Eine Gastroenteritis kann vor allem bei Säuglingen, Kleinkindern bis zwei Jahren und alten Menschen zu einer gefährlichen Austrocknung führen. Im neu erschienenen Impfkalender empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut nun erstmals eine Immunisierung von Babys unter sechs Monaten.
Auch die Gesellschaft für Virologie (GfV) empfiehlt Eltern, ihre Kinder impfen zu lassen. Voraussichtlich berät der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) noch dieses Jahr darüber, ob die Krankenkassen die Impfung übernehmen müssen. Von einer Zustimmung ist auszugehen. Etwa 90 Prozent aller Kinder infizieren sich bis zum dritten Lebensjahr mit Rotaviren. Diese Infektion verursacht Erbrechen, starken Durchfall und Bauchschmerzen, auch Fieber kann hinzukommen. In den Jahren 2001 bis 2008 wurden im Durchschnitt in Deutschland 40 000 gesicherte Fälle pro Jahr bei unter Fünfjährigen registriert. „Die routinemäßige Impfung kann also jährlich fast 20 000 Kindern dieser Altersgruppe einen Krankenhausaufenthalt ersparen“, sagt der Präsident der GfV, Professor Dr. med. Thomas Mertens, der selbst Mitglied der STIKO ist.
Die Schluckimpfung, die je nach Impfstoff in zwei oder drei Dosen verabreicht wird, ist Studien zufolge hochwirksam: Sie verhindert schwere Krankheitsverläufe und Klinikeinweisungen in mehr als 90 Prozent der Fälle. Mertens, Virologe am Universitätsklinikum Ulm, geht allerdings von einer aktuell niedrigen Impfquote in Deutschland aus, da die Immunisierung bisher vielfach aus eigener Tasche bezahlt werden musste: Nur wenige Krankenkassen übernehmen die Kosten in Höhe von etwa 135 Euro. Nach Veröffentlichung der Empfehlung der STIKO entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), ob die Leistung in den Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wird. „Wir gehen davon aus, dass der G-BA zustimmt, sodass der Impfstoff nicht mehr nur Besserverdienenden zugute kommt“, so der GfV-Präsident.
Profitieren könnten bei einer routinemäßigen Impfung mit dem Lebendimpfstoff auch Personen aus dem Umfeld immunisierter Kinder. Denn das Rotavirus ist hochansteckend – bereits wenige Erreger lösen eine Infektion aus. So kann die Immunisierung auch Nicht-Geimpfte schützen. Die Übertragung erfolgt meist über Schmierinfektionen, aber auch über verunreinigtes Wasser oder bei Erbrechen auch über die Luft. Besonders groß ist die Ansteckungsgefahr bei Gemeinschaftstoiletten.
Da Rotaviren sehr umwelt- und desinfektionsmittelresistent sind bedarf es einer sehr gründlichen Hygiene, um einer Erkrankung vorzubeugen. Dazu gehört vor allem intensives Händewaschen nach jedem Toilettenbesuch mit Seife. In öffentlichen Einrichtungen sollten Einmalhandtücher verwendet werden. Angehörige eines erkrankten Kindes sollten nicht aus dessen Tasse trinken oder dessen Besteck benutzen. Auch Waschlappen und Handtücher müssen strikt getrennt verwendet werden. Die Infektionsgefahr endet etwa eine Woche nach Erkrankungsbeginn.
Quellen:
- Epidemiologisches Bulletin 34/2013 mit Impfempfehlungen und Impfkalender (26.8.2013): http://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html
- Empfehlung der STIKO: http://www.rki.de/EN/Content/Prevention/Vaccination/recommandations/recommendati...
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 7, 56:957–984 (1. Juli 2013)
- Frank Kowalzik, Fred Zepp, Pädiatrie up2date 2013, 08(02): 163-183: „Impfempfehlungen für Kinder und Jugendliche“
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