Universität Jena ehrt am 17. September den Computerpionier Wilhelm Kämmerer mit einer Gedenktafel
Der Computerpionier und Kybernetik-Professor Wilhelm Kämmerer wird am 17. September mit einer Ehrentafel an seinem früheren Wohnhaus in der Sonnenbergstraße 6 geehrt. Kämmerer (1905-1994) ist damit der erste Informatiker, der in die exklusive Jenaer „Tafelrunde“ aufgenommen wird.
Wilhelm Kämmerer leitete bei Zeiss das Team, das den Computer Oprema entwickelte. Der erste Rechenautomat der DDR und einer der ersten Computer Deutschlands ist schon am 10. April mit einer Gedenktafel gewürdigt worden. „Die Oprema war ein elektromechanischer Computer, der auf der Basis von Relais-Schaltungen betrieben wurde“, sagt Prof. Dr. Michael Fothe, Informatik- und Mathematik-Didaktiker von der Universität Jena. Die Optik-Rechen-Maschine (Oprema) war als Zwillingsmaschine konzipiert, doch wegen ihrer Zuverlässigkeit ließen sich beide Teile einzeln verwenden. Als der Computer Mitte der 1950er Jahre in Betrieb ging, sei die DDR etwa gleichauf mit der Bundesrepublik gewesen. Später setzte sich der Westen in diesem Wettlauf klar durch. „Das schmälert indes keineswegs Kämmerers Verdienste“, sagt Fothe. Nachfolger der Oprema war ein Digitalrechner mittlerer Geschwindigkeit, der ZRA 1, der ebenfalls im VEB Carl Zeiss Jena entwickelt wurde und für den Kämmerer die theoretischen Grundlagen lieferte. Dieser elektronische Computer mit seinen Schaltkreisen auf Ferritkern-Basis bestimmte für ein Jahrzehnt die Rechentechnik in der DDR. Die Entwicklung des Nachfolgemodells ZRA 2 wurde gestoppt; die Computerentwicklung wurde auf Beschluss der Regierung nach Dresden verlegt.
In der Habilitationsschrift von Wilhelm Kämmerer (1958) finden sich Ideen zum Kellerprinzip. Kämmerer sprach vom automatischen Gedächtnis. Das Kellerprinzip stellt eine wichtige Grundlage für den Compilerbau und damit den Einsatz höherer Programmiersprachen dar.
Kämmerers Habilitationsschrift ist in der Digitalen Bibliothek Thüringen verfügbar unter: http://www.db-thueringen.de/servlets/DocumentServlet?id=22616.
Wilhelm Kämmerer lehrte seit 1960 zehn Jahre lang als Professor für Kybernetik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Fakultät für Mathematik und Informatik hat jetzt die Ehrentafel für Wilhelm Kämmerer angeregt. Außerdem war Kämmerer Mitglied der Leopoldina und erhielt im Jahre 1991 die Konrad-Zuse-Medaille der Gesellschaft für Informatik (GI).
Die Ehrentafel für Wilhelm Kämmerer wird am Dienstag (17. September) um 14 Uhr am Haus Sonnenbergstraße 6 enthüllt. In Anwesenheit der Tochter Kämmerers, Dr. Helga Kämmerer, werden Prorektor Prof. Dr. Thorsten Heinzel und Dekan Prof. Dr. Hans-Jürgen Schmeißer dabei an den Informatiker Kämmerer erinnern. Finanziert wird die Tafel von der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Universität.
Die ersten Jenaer Gedenktafeln wurden im Jahr 1858 gehängt. Anlässlich des 300. Jubiläums der Universität hatte eine „Commission“ unter Leitung des Mathematikers Karl Julius Traugott Hermann Schaeffer zunächst 204 Personen geehrt. In den folgenden Jahren bis heute folgten zahlreiche weitere Ehrentafeln.
Kontakt:
Prof. Dr. Michael Fothe
Abteilung für Didaktik der Mathematik und Informatik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 946496
E-Mail: michael.fothe[at]uni-jena.de
Prof. Dr. Michael Fothe (l.) von der Abteilung für Didaktik der Mathematik und Informatik der Uni Je ...
Foto: Jürgen Scheere/FSU
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