Kurz vor der Bundestagswahl appelliert der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, Jürgen Mlynek, an Regierung und Opposition, gleich nach dem 22. September einen Zukunftsvertrag für Wissenschaft und Bildung abzuschließen. „Alle Parteien versprechen Vorfahrt für Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen“, sagte Mlynek. „Jetzt können sie beweisen, dass sie es ernst meinen.“
Mlynek kritisierte, dass die Politik in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht in der Lage gewesen sei, sich auf eine Föderalismusreform zu einigen. „Im zweiten Anlauf muss das klappen“, sagte er. „Wir haben nicht unendlich viele Chancen.“
Deutschland stehe an einem Scheideweg. In den vergangenen 15 Jahren habe Deutschland den Wiederaufstieg zu einem weltweit führenden Wissenschaftsstandort erlebt, auch dank des Engagements von Bund und Ländern, von SPD- wie CDU-geführten Regierungen. „Doch die Aufwärtsbewegung ist kein Naturgesetz. Gerade jetzt, wo die Schuldenbremse zu greifen beginnt, muss die Politik Kurs halten.“ Schon jetzt sei an verschiedenen Stellen sichtbar, dass einige Länder allein nicht mehr über die finanziellen Mittel verfügten, um Wissenschaft angemessen zu fördern.
Mlynek baut mit seinen Forderungen auf den jüngsten Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Zukunft des Wissenschaftssystems auf. Konkret rief Mlynek dazu auf, die nach dem bevorstehenden Auslaufen des Pakets der Pakte aus Exzellenzinitiative, Hochschulpakt und Pakt für Forschung und Innovation frei werdenden Mittel im Wissenschaftssystem zu belassen. „Exzellenz- und Breitenförderung, Universitäten und Fachhochschulen, Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!“ Ein Zukunftsvertrag müsste darüber hinaus den nötigen Zukunftsinvestitionen Priorität geben, indem er eine jährliche Mittelsteigerung vorsehe, die höher liege als die wissenschaftsbezogene Inflationsrate und der durchschnittliche Haushaltszuwachs von Bund und Ländern.
Mlynek fügte hinzu, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems müsse durch weitere Schwerpunktbildung ausgebaut werden. Zum einen sollten sich künftig rund 20 Profiluniversitäten herausbilden, die gezielt von Bund und Ländern gefördert würden und eng mit einschlägigen außeruniversitären Partnern kooperierten. Zum anderen sei an etwa fünf Standorten in Deutschland die Entstehung so genannter Exzellenzregionen denkbar, die – vom Bund mitfinanziert – die Chance hätten, international wettbewerbsfähig zu sein. Auch hier werde die Kooperation zwischen Universitäten und Außeruniversitären eine tragende Rolle spielen. „Die nach der Wahl anstehenden Koalitionsverhandlungen werden sehr schnell deutlich machen, wie ernst es die neue Regierung mit ihrer Unterstützung für die Wissenschaft meint“, sagte Mlynek.
Mlynek wirbt auf der Helmholtz-Jahrestagung für die deutsche Wissenschaft
Mlynek wird seinen Standpunkt heute Abend auf der Helmholtz-Jahrestagung vor etwa 1.000 Gästen noch einmal bekräftigen. Der Gastgeber erwartet hochrangige Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Darunter die Bundesforschungsministerin Johanna Wanka, der Präsident des Stifterverbandes Andreas Barner und zahlreiche internationale Gäste. Junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler werden mit dem Doktorandenpreis ausgezeichnet, und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft wird gemeinsam mit der Helmholtz-Gemeinschaft die diesjährigen Erwin-Schrödinger-Preisträger ehren.
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie sowie Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit fast 36.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
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