idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/30/2013 15:31

Ein „kosmischer Wetterballon“ im Zentrum der Milchstraße

Marietta Fuhrmann-Koch Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Das Strahlungsfeld im Zentrum der Milchstraße muss 1.000 Mal stärker sein als in der Zone, in der sich auch unsere Sonne befindet. Das haben Astrophysiker am Sonderforschungsbereich „Das Milchstraßensystem“ der Ruperto Carola mit Hilfe von Computersimulationen herausgefunden. Die Berechnungen der Forscher des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg und des Max-Planck-Instituts für Astronomie basieren auf den Daten einer Art „kosmischen Wetterballons“ – den Temperaturdaten einer besonders dichten Gaswolke in der Nähe des galaktischen Zentrums. Die Forschungen bieten neue Einblicke in Vorgänge der Sternentstehung.

    Pressemitteilung
    Heidelberg, 30. September 2013

    Ein „kosmischer Wetterballon“ im Zentrum der Milchstraße
    Astrophysiker bestimmen Stärke des Strahlungsfeldes mit Hilfe einer intergalaktischen Gaswolke

    Das Strahlungsfeld im Zentrum der Milchstraße muss 1.000 Mal stärker sein als in der Zone, in der sich auch unsere Sonne befindet. Das haben Astrophysiker am Sonderforschungsbereich „Das Milchstraßensystem“ der Ruperto Carola mit Hilfe von Computersimulationen herausgefunden. Die Berechnungen der Forscher des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg und des Max-Planck-Instituts für Astronomie basieren auf den Daten einer Art „kosmischen Wetterballons“ – den Temperaturdaten einer besonders dichten Gaswolke in der Nähe des galaktischen Zentrums. Die Forschungen bieten neue Einblicke in Vorgänge der Sternentstehung, die unter den extremen Bedingungen im Zentrum der Milchstraße vermutlich anders ablaufen als in den Randbereichen der Galaxie.

    Das Zentrum unserer Heimatgalaxie ist nach den Worten der Heidelberger Forscher ein „unwirtlicher Ort“. Es herrschen dort „Wetterbedingungen“, die sich auf der Erde am ehesten mit dem stürmischen Kap Horn vergleichen lassen. Ein Schwarzes Loch sowie sehr heiße oder explodierende Sterne sorgen für einen intensiven „Strahlungswind“, während sich unsere Sonne im Randbereich der Milchstraße quasi an der italienischen Riviera der Galaxie befindet. „Um im Bild zu bleiben: An einem Ort mit derart extremen Bedingungen würde niemand eine ,Ferienanlage‘ errichten. Dennoch lassen sich dort durchaus ,Bauaktivitäten‘ feststellen: In der Nähe des galaktischen Zentrums existieren Gaswolken, in denen sich gerade junge Sterne bilden“, sagt Dr. Paul Clark, der im Team von Prof. Dr. Ralf Klessen am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) tätig ist.

    Eine besonders dichte Gaswolke mit der Bezeichnung G0.253+0.016 haben Dr. Clark und seine Kollegen jetzt genauer untersucht, denn trotz ihrer Nähe zum galaktischen Zentrum lässt sich bei G0.253+0.016 die Bildung einer großen Zahl neuer Sterne beobachten. Der Vorgang der Sternentstehung ist allgemein ein Wechselspiel von zwei Kräften: Unter dem Einfluss der Gravitation zieht sich interstellares Gas zusammen, während der innere Druck des Gases der Verdichtung entgegenwirkt. „Nahe am galaktischen Zentrum ist dieses Gas durch die Stärke des Strahlungsfeldes stärker aufgeheizt als in den Randbereichen der Galaxie, so dass die Bildung von Sternen im Zentrum der Milchstraße vermutlich anders abläuft, als wir es bislang von den Randbereichen kennen“, sagt Dr. Clark.

    Um die Vorgänge im Zentrum der Milchstraße besser verstehen zu können, müssen die dort herrschenden „Wetterbedingungen“ – in diesem Fall die Stärke des Strahlungsfeldes – genauer bestimmt werden. Die Wissenschaftler nutzten dazu G0.253+0.016 als eine Art „kosmischen Wetterballon“. Die Temperatur dieser Gaswolke konnte mit Hilfe von astronomischen Observationen ermittelt werden. Die Daten dienten als Basis, um die Temperatur von G0.253+0.016 in Abhängigkeit zum Strahlungsfeld zu berechnen. Die Heidelberger Astrophysiker variierten dabei die mögliche Stärke dieses Feldes so lange, bis das Ergebnis der Berechnungen mit den realen Temperaturmessungen übereinstimmte. Bei diesen Simulationen kam der in Jülich stationierte Supercomputer „Milky Way“, der für Projekte des Sonderforschungsbereichs genutzt wird, zum Einsatz.

    Die Computersimulationen haben ergeben, dass das Strahlungsfeld im Zentrum der Milchstraße 1.000 Mal stärker sein muss als in der Umgebung unserer Sonne, die sich etwa 25.000 Lichtjahre entfernt am Rand der Galaxie befindet. Die Heidelberger Astrophysiker gehen davon aus, dass unter diesen extremen Bedingungen in der Gaswolke wesentlich weniger Kohlenstoffmonoxid (CO) entsteht als üblich. „Kohlenstoffmonoxid spielt eine wesentliche Rolle in den meisten Regionen, in denen Sterne entstehen, da es dazu beiträgt, die Temperatur der Wolke zu regulieren. Der geringere Gehalt an CO in den Wolken des galaktischen Zentrums hat erhebliche Auswirkungen auf ihre Entwicklung“, erläutert Dr. Clark. Weitere Untersuchungen an dem „kosmischen Wetterballon“ sollen dazu beitragen, den Prozess der Sternentstehung im Zentrum der Milchstraße vollständig zu verstehen.

    An den Forschungsarbeiten, deren Ergebnisse in „The Astrophysical Journal Letters“ veröffentlicht wurden, waren neben Dr. Clark und Prof. Klessen außerdem Dr. Simon Glover und Dr. Rahul Shetty beteiligt. Vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie hat Dr. Sarah Ragan an den Untersuchungen mitgewirkt.

    Informationen im Internet:
    Sonderforschungsbereich „Das Milchstraßensystem“: http://www.zah.uni-heidelberg.de/de/sfb881

    Originalveröffentlichung:
    P.C. Clark, S.C.O. Glover, S.E. Ragan, R. Shetty and R.S. Klessen: On the Temperature Structure of the Galactic Center Cloud G0.253+0.016, The Astrophysical Journal Letters, Volume 768, Issue 2, article id. L34, 6 pp. (2013), doi: 10.1088/2041-8205/768/2/L34

    Kontakt:

    Dr. Paul Clark
    Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg
    Institut für Theoretische Astrophysik
    Telefon (06221) 54-8967, p.clark@uni-heidelberg.de

    Dr. Guido Thimm
    Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg
    Telefon (06221) 54-1805, thimm@ari.uni-heidelberg.de

    Kommunikation und Marketing
    Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
    presse@rektorat.uni-heidelberg.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).