Berlin – Der Anteil der dicken Kinder in Europa hat sich allein in den Jahren zwischen 2008 und 2010 von einem Viertel auf ein Drittel erhöht: Hierzulande gelten 15 Prozent der Deutschen zwischen drei und 17 Jahren als zu dick, 800 000 von ihnen gar als fettleibig. Zu den Folgen gehören Diabetes, Herz-Kreislaufbeschwerden, Gelenkprobleme und Haltungsschäden. Während adipöse Erwachsene sich heute Magen und Darm verkleinern lassen, um dauerhaft Gewicht zu verlieren, diskutieren Experten diese Therapie bei Heranwachsenden noch kontrovers – zumal es keinerlei Langzeitwissen darüber gibt.
Auf einer Pressekonferenz im Rahmen des 4. Weltkinderchirurgenkongresses (WOFAPS) am 14. Oktober 2013 in Berlin erörtern Mediziner der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) das Thema mit einem US-amerikanischen Kollegen.
Immer mehr Kinder sind hierzulande hochgradig übergewichtig. Ihr Leidensdruck durch die Dickleibigkeit an sich, aber auch aufgrund sozialer Ausgrenzung und schwerwiegender Begleiterkrankungen, ist immens. Aus einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vom Oktober 2012 geht hervor, dass Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wie Diäten und Bewegungsprogramme bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen meist keine langfristige Wirkung zeigen. Man schätzt deshalb, dass über drei Viertel aller dickleibigen Kinder ihr Übergewicht in das Erwachsenenalter mitnehmen werden.
Hierzulande gilt bei Erwachsenen die „bariatrische Chirurgie“ als Ausweg, wenn alle Versuche, herkömmlich abzunehmen, erfolglos waren. Dabei entfernen Chirurgen operativ Teile von Magen oder Darm. Die Patienten verlieren danach rasch an Gewicht und auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus kann damit entgegen gewirkt werden. Allein zwischen Januar 2005 und Dezember 2012 wurden über 22 000 adipositaschirurgische Ersteingriffe an 185 Krankenhäusern dokumentiert.
Studien belegen, dass die Adipositaschirurgie auch bei Jugendlichen zu Gewichtsabnahme und zunächst zu einer besseren Lebensqualität führt. Mehr als 1000 Heranwachsenden unter 21 Jahren wurde zur Behandlung extremer Adipositas der Magen-Darm-Trakt chirurgisch verkleinert. Doch das Abspecken per OP ist in dieser Altersgruppe nach wie vor umstritten. Neben juristischen und ethischen Aspekten seien wichtige medizinische Fragen unbeantwortet, meint Professor Dr. med. Philipp Szavay, Sprecher der DGKCH: „Uns fehlen vor allem Informationen über Langzeitergebnisse eines so gravierenden Eingriffs.“ So zeigten Studien beispielsweise, dass weniger als 20 Prozent der Jugendlichen nach der OP die erforderliche Nahrungsergänzung an Proteinen und Vitaminen einnehmen würden. Wachstumsstörungen und Mangelerscheinungen könnten die Folge sein, so Szavay.
Zudem müssten die jungen Patienten in Vor- und Nachsorgeprogramme eingebunden und durch Teams aus Ärzten, Sozialarbeitern, Ernährungsberatern und Psychologen betreut werden. Dies sei bisher nur im Ausnahmefall gegeben. „Dennoch sehen wir Kinderchirurgen uns zunehmend mit einem Bedarf an Adipositaschirurgie bei unseren Patienten konfrontiert“, sagt Professor Szavay, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Luzerner Kantonsspital ist. Im Rahmen einer Pressekonferenz am 14. Oktober 2013 vergleichen die Experten hiesige Verhältnisse mit Erfahrungen aus den USA, um neue Erkenntnisse für die Adipositaschirurgie bei Heranwachsenden in Deutschland zu gewinnen.
Terminhinweis:
WOFAPS-Kongress, 14. Oktober 2013, 10.30 bis 12.30 Uhr,
Session 5: “State of the art: Obesity”:
“Pediatric obesity and weight loss surgery: Myths, misperceptions, and facts”
Inge T.H., Cincinnati, USA
Weitere Informationen:
http://www.wofaps2013.com
http://www.wofaps2013.com/scientific-program.html
Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie:
Gegründet im Jahr 1963 schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören Neugeborenenchirurgie, allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie ebenso wie Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in mehr als 80 kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen sowie als Niedergelassene. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.
– Bei Veröffentlichung Beleg erbeten. –
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Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
anlässlich des 4. Weltkongresses der Kinderchirurgen/4th World Congress of the World Federation of Associations of Pediatric Surgeons (WOFAPS)
Termin: Montag, 14. Oktober 2013 von 13.00 bis 14.00 Uhr
Ort: bcc Berliner Congress Center, Alexanderstraße 11, 10178 Berlin, Raum C 04
Vorläufiges Programm:
Immer mehr Kinder sind zu dick: Bariatrische Chirurgie, Magen- und Darmoperationen auch bei Heranwachsenden?
Professor Philipp Szavay, Luzern, und Professor Thomes Inge, Cincinnati, USA
Fehlbildungen beim Neugeborenen: Auf die erste Operation kommt es an
Professor Udo Rolle, Frankfurt
Schlüsselloch-Chirurgie bei Säuglingen und Kindern im Unterschied zur Erwachsenen-Chirurgie: Möglichkeiten, Grenzen und Herausforderungen
Professor Philipp Szavay, Luzern
Kinder mit Krebs: Metastasen – Was tun wenn der Krebs gestreut hat?
Professor Jörg Fuchs, Tübingen
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Kontakt für Journalisten:
Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Dr. Adelheid Liebendörfer und Corinna Spirgat, M.A.
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-573
Fax: 0711 8931-167
liebendoerfer@medizinkommunikation.org
spirgat@medizinkommunikation.org
http://www.dgkch.de
http://www.wofaps2013.com
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine
transregional, national
Transfer of Science or Research
German
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