Chromosomale Rearrangements
Franziska-Kolb-Preis für Heidelberger Leukämieforscher
Chromosomale Rearrangements, das heißt Brüche von DNA-Strängen mit anschließender Neuverknüpfung, liegen häufig der Entstehung von Krebs zugrunde, so etwa bei den chronischen myeloproliferativen Erkrankungen (CMPE), die durch ein chronisch fortschreitendes Entgleisen der Neubildung bestimmter Zellelemente gekennzeichnet sind. Zu den chronischen myeloproliferativen Erkrankungen gehören die chronische myeloische Leukämie (CML) und das 8p11-myeloproliferative Syndrom - Arbeitsgebiete von Dr. med. Andreas Reiter (33), Assistenzarzt an der III. Medizinischen Klinik des Klinikums Mannheim, zugeordnet der Fakultät für Klinische Medizin der Universität Heidelberg. Reiter ist diesjähriger Träger des seit 1995 vergebenen, mit 5.000,- Mark dotierten Franziska-Kolb-Preises für Leukämieforschung. Er erhielt die Auszeichnung anläßlich des 31. Jahrestages der Universität Ulm am 3. Juli 1998.
Umschlag in die akute Blastenphase
Die chronische myloische Leukämie, deren genaue Entstehungsmechanismen noch nicht geklärt sind, betrifft die Stammzellen des blutbildenden Systems. Ihre Inzidenz (Neuerkrankungsrate) liegt bei 2:100.000 pro Jahr, das mittlere Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose bei 47 Jahren. Typischerweise verläuft die Erkrankung in zwei Phasen, wobei eine symptomatische chronische Phase von vier- bis fünfjähriger Dauer, die therapeutisch gut beeinflußbar ist, schließlich umschlägt in die akute Blastenphase (so bezeichnet nach dem Auftreten von unreifen Leukämiezellen, Blasten genannt), die oft binnen eines Vierteljahres zum Tod des Patienten führt.
Bei 9 von 10 CML-Patienten stoßen die Forscher auf die als Philadelphia-Chromosom bekannte Abweichung, die auf dem Weg eines chromosomalen Rearrangements aus Genfragmenten der Chromosomen 9 und 22 entsteht. Als entscheidender molekulargenetischer Auslöser der Erkrankung gilt die Aktivierung der auf dem kritischen Genabschnitt von Chromosom 9 kodierten Tyrosinkinase durch Sequenzen des Partnergens von 22. Dieser Mechanismus - Bruch des DNA-Strangs, Neuverbindung und dadurch Aktivierung eines Wirkstoffs wie der Tyrosinkinase, der das unkontrollierte Zellwachstum in Gang setzt - scheint sich auch bei Entstehung anderer myeloproliferativer Erkrankungen abzuspielen. Die Bruchstellen zu identifizieren und die Eskalation der Zellteilung durch eigens entwickelte Tyrosinkinase-Inhibitoren zu verhindern, gilt nach ersten ermutigenden Versuchen in vitro als potentieller Therapieansatz.
Leserichtung umgekehrt
Auch das 8p11-myeloproliferative Syndrom, seltener als die chronische myeloische Leukämie, beginnt mit einer - allerdings nur kurzen - chronischen Phase, um dann in eine akute Leukämie mit einer medianen Überlebenszeit von weniger als 12 Monaten zu münden. Die am Rearrangement beteiligten Gene auf der Chromosomenbande Nummer 8p11 konnte Reiter kürzlich klonieren; mit der Bezeichung t(8;13)(p11;q12) verrät er dem Fachmann Bruchstellen und Verknüpfungspartner.
Mit dieser Translokation t(8;13)(p11;q12) hat der Heidelberger Wissenschaftler offenbar eine Schlüsselstelle der Pathogenese von myeloproliferativen Erkrankungen identifiziert. Unter Einsatz verschiedener molekularbiologischer Techniken konnten er und seine Arbeitsgruppe außerdem an zwei Patienten zeigen, daß bei der Entstehung des 8p11-myeloproliferativen Syndroms nicht nur Genbruchstücke neu kombiniert werden, sondern sich teilweise auch die molekulare »Leserichtungkinase als Initialzündung der malignen Transformation führt.
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research projects
German
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