Biologen der Universität Jena veröffentlichen Aufsatz über die Wallace-Rezeption in Russland im Wissenschaftsjournal „Nature“
Im Sport wie in der Wissenschaft gilt der Zweite bereits als erster Verlierer. Besonders krass bekam dieses Verdikt der britische Naturforscher Alfred Russell Wallace (1823-1913) zu spüren. „Obwohl Wallace unabhängig von Charles Darwin das Prinzip der natürlichen Selektion entdeckt hat, ist er bis heute nicht aus dem Schatten Darwins herausgetreten“, sagt Prof. Dr. Uwe Hoßfeld von der Universität Jena. Während es eine regelrechte „Darwin-Industrie“ gebe, finde Wallace nur selten Erwähnung, konstatiert der Biologiedidaktiker. Das gelte trotz der Tatsache, dass 2013 anlässlich des 100. Todestages des Gelehrten der in Kassel und Jena beheimatete Arbeitskreis Evolutionsbiologie im VBio ein „Wallace-Jahr“ ausgerufen hat. Besonders bitter, so Hoßfeld, sei die Tatsache, dass Wallace als Autodidakt zu bewundernswerten Erkenntnissen kam: „Vielen Wissenschaftlern gilt Wallace im Vergleich zu Darwin als der originellere Denker.“ Hoßfeld und sein Kollege Prof. Dr. Ulrich Kutschera aus Kassel haben aus diesem Anlass ein Wallace-Sonderheft der in Jena beheimateten Zeitschrift „Theory in Biosciences“ herausgegeben (http://link.springer.com/journal/12064/132/4/page/1).
Außerdem ist heute (7.11.) ein Beitrag der Wissenschaftler in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ erschienen. Die Autoren (neben Hoßfeld sind es seine Kollegen Prof. Dr. Lennart Olsson, Jena und Dozent Dr. Georgy S. Levit, Halifax – Kings College, ITMO, St. Petersburg) erforschen seit einigen Jahren die Geschichte der Evolutionsbiologie im internationalen Kontext mit dem Ziel, besonders die kosmopolitischen Wege des Darwinismus besser zu erfassen. Im Rahmen dieses Großprojektes haben Prof. Dr. Sergey Polatayko (Lehrstuhl für Geschichte, Soziologie und Philosophie, Nationale Forschungsuniversität ITMO, St. Petersburg) und Dozent Georgy S. Levit die Rolle von Wallace in Russland eingehender untersucht. „Russland gilt als ein Schmelztiegel des Darwinismus“, sagt der Jenaer Zoologe Olsson. Die Ideen Darwins und Wallace' seien in universitären Zentren wie Moskau, St. Petersburg oder Kasan sehr rasch aufgenommen worden, doch die Debatte darüber blieb in Europa u. a. wegen der Sprachbarriere weitgehend ungehört. Levit, derzeit auch Habilitand zu diesem Thema an der Univesität Jena, sagt, der Darwinismus habe in Russland eine große Rolle in der Entwicklung des Liberalismus und der sozialen Kritik gespielt. Hinderlich habe sich für die Wallace-Rezeption aber ausgewirkt, dass A. R. Wallace dem Spiritismus zugeneigt war. „Es wurde deshalb versucht, die spiritistischen Aktivitäten von Wallace totzuschweigen“, so Levit weiter.
Ihre Befunde haben die Wissenschaftler der Universität Jena nun in dem Nature-Aufsatz zusammengefasst. Er ist heute (7.11.2013) unter dem Titel „Natural selection: Russia embraced Wallace’s works“ am 100. Todestag von Wallace erschienen. Online ist der Beitrag abzurufen unter: www.nature.com/nature/journal/v503/n7474/full/503039c.html.
Bibliographische Angaben:
Georgy S. Levit, Uwe Hossfeld & Lennart Olsson: Natural selection: Russia embraced Wallace's works, Nature 503, 39 (07 November 2013), DOI: 10.1038/503039c
Kontakt:
Prof. Dr. Uwe Hoßfeld
Arbeitsgruppe Biologiedidaktik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Steiger 3, Bienenhaus, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949491
E-Mail: uwe.hossfeld[at]uni-jena.de
http://www.uni-jena.de
http://www.nature.com/nature/journal/v503/n7474/full/503039c.html
Das erneut erfolgreiche Jenaer Wissenschaftlerteam (v.l.) Prof. Dr. Uwe Hoßfeld, Dr. Georgy S. Levit ...
Foto: Anne Günther/FSU
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Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, History / archaeology
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