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11/27/2002 00:00

Wie steht die Universität Heidelberg zu den neuen Auswahltests für Bewerber um einen Studienplatz?

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Die Deutsche Presseagentur führte im Südwesten eine Umfrage an den Universitäten durch - Hier die Antwort aus Heidelberg im Wortlaut

    * "Was hält der Rektor der Universität Heidelberg von der
    Neuregelung?"

    Die Universität Heidelberg wählte nach vorzüglichen Erfahrungen in der Molekularen Biotechnologie im Sommer erstmals im Fach Jura ihre Studienanfänger selbst aus (seit Jahren schon hatte sie dies in anderen Fächern wie Psychologie Nebenfach, Biologie Lehramt, Sportwissenschaft etc. getan). "Wir begrüßen es, dass die Zuteilung der Studienplätze in der Rechtswissenschaft nicht mehr über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen in Dortmund erfolgt, weil wir nun mehr Leistungselemente gezielt in die Vergabe einfließen lassen können", sagt Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Hommelhoff.

    Motiviertere und leistungsbereitere Studierende stellten erhöhte Anforderungen an die Professoren und Dozenten und "tragen wesentlich dazu bei, ein intellektuelles Klima zu schaffen, in dem die Juristische Fakultät der Universität Heidelberg weiterhin ihre Spitzenposition in den nationalen Ranglisten behauptet". Hommelhoff erneuert sein grundsätzliches Plädoyer für ein erweitertes Auswahlrecht der Universitäten bei der Zulassung ihrer Studierenden. Das neue Heidelberger Jura-Verfahren bewertet der Rektor als sehr positiv und als "Vorreiter für Deutschland".

    * "Wie haben die neuen Ausleseverfahren im ersten Jahr funktioniert?"

    Rund 1600 Bewerbungen für die 200 Jura-Studienplätze des Wintersemesters waren fristgerecht bei der Universität Heidelberg eingegangen. Wie das Hochschulzulassungsgesetz vorschreibt, wurden 50 Prozent der vorhandenen Plätze allein nach der Abiturnote vergeben, 10 Prozent nach sozialen Kriterien und 40 Prozent durch das nun erstmals durchgeführte "Eignungsfeststellungsverfahren", den Auswahltest. Für ihn bewarben sich etwa 700 Interessenten. Die Universitätsverwaltung erstellte daraufhin eine neue Rangliste, bei der die Fächer Mathematik, Deutsch und eine fortgeführte Fremdsprache besonders gewichtet wurden. So gewichtet, wurden die 300 besten Bewerber zu dem Test nach Heidelberg geladen. "Großes Lob verdienen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Studentensekretariat und in der EDV-Abteilung", fügt Rektor Prof. Hommelhoff hinzu. "Hier ist hervorragende Arbeit unter großem Zeitdruck geleistet worden." Von den 300 Bewerbern traten 144 tatsächlich zum Test an.

    "Wir haben hier etwas Zukunftsweisendes entwickelt", steht für den Prodekan der Juristischen Fakultät, Professor Gerrick von Hoyningen-Huene fest. Die Fakultät habe von Beginn an ein objektives Verfahren durchführen wollen, sagt der Arbeitsrechtler, der sich wissenschaftlich mit Personalauswahl beschäftigt und unter anderem das Buch "Der psychologische Test im Betrieb" vorgelegt hat. Aus diesem Grund zog die Fakultät ein ausgewiesenes Unternehmen aus München hinzu, das seit 35 Jahren Kriterien für die Personalauswahl in der Privatwirtschaft entwickelt und verfeinert. Rat holten sich die Juristen zudem bei Prof. Dr. Manfred Amelang aus dem Psychologischen Institut der Universität Heidelberg. "Mit diesen Experten definierten wir vor dem Test, wie wir uns den idealen Heidelberger Jurastudenten vorstellen", beschreibt von Hoyningen-Huene.

    Das Anforderungsprofil stand bald fest. Überdurchschnittlich intelligent, flexibel und belastbar muss ein Jurastudent sein. Sechs unterschiedlich gewichtete Kriterien konnte die Fakultät durch den Test erkennen: Intelligenzanpassung, Intelligenzorganisation, Stress-Stabilität, Regeltreue, Leistungsbereitschaft und Hartnäckigkeit. Den ersten beiden Kriterien maß die Fakultät überdurchschnittliche Bedeutung zu, den anderen weniger.

    Am Tag der Entscheidung, dem 26. August 2002, reisten 16 Psychologen des Münchner Unternehmens "Intelligenz System Transfer" nach Heidelberg an. In Hörsälen der Neuen Universität und der Heuscheuer testeten sie die Bewerber in mehreren Gruppen und werteten das Ergebnis sofort aus. Abiturstoff und juristisches Fachwissen durften nicht abgefragt werden. "Es war ein klassischer Intelligenztest", sagt der Prodekan. "Das Verfahren ist sehr effektiv. Es ist rational, nachprüfbar, gerichtsfest und hat den Vorteil, dass es sehr rasch geht und die Ergebnisse bereits am Nachmittag feststehen." Ein Computerprogramm erstellte die Reihung aller Kandidaten, von denen 92 am Ende zugelassen wurden.

    * "Wo bestehen die größten Probleme?"

    Dass in der Universitätsverwaltung und in der Juristischen Fakultät ein erheblicher Mehraufwand ohne zusätzliches Personal und unter Zeitdruck erledigt werden muss. Außerdem fallen hohe Kosten an, für die Juristen diesmal weit mehr als 50 000 Euro. Solche Kosten kann die Universität auf Dauer nicht aufbringen, erst recht nicht, wenn Eignungsfeststellungsverfahren flächendeckend eingeführt werden.

    * "Wie steht die Universität Heidelberg zu
    Tests/Motivationsberichten/ Vorstellungsgesprächen?"

    Im Grundsatz positiv, wenn die Rahmenbedingungen verändert werden (mehr Personal und Mittel).

    * "Wie sollten die Auswahlverfahren laufen?"

    Dem Jura-Verfahren in Heidelberg kommt eine Vorreiterfunktion
    für Deutschland zu. Die Juristische Fakultät wird in den nächsten Semestern evaluieren, ob aus dem Verfahren tatsächlich bessere Studierende hervorgehen. Außerdem werden die gesammelten Erfahrungen eingesetzt werden müssen, um die Verfahren zu verbessern.

    * "Welchen Einfluss hat das Verfahren auf die
    begehrten ausländischen Studenten?"

    Für EU-Angehörige (die Deutschen gleichgestellt sind) hat das Verfahren negative Folgen. Es ist finanziell unzumutbar, einen Studierenden aus Griechenland auf seine Kosten für einen dreistündigen Test einfliegen zu lassen.

    (Nicht-EU-Angehörige müssen sich ohnehin einem anderen Verfahren unterziehen.)

    * "Wären Zeitabsprachen zwischen den Universitäten
    hilfreich?"

    Rektor Prof. Hommelhoff: "Nein, Zeitabsprachen bringen überhaupt nichts. Statt dessen müsste Inhaltliches geändert werden. Zum Beispiel wäre es optimal, Mehrfachbewerbungen (am besten durch Gebühren) zu dämpfen."

    * "Wie steht die Universität Heidelberg zu
    Auswahlverfahren-Gebühren, die von den Bewerbern
    kassiert werden könnten?"

    Wenn das Wissenschaftsministerium weiter an seinem Kurs festhält, für den erheblichen Mehraufwand kein zusätzliches Personal zur Verfügung zu stellen, wird sich die Universität Heidelberg für solche Gebühren von Bewerbern einsetzen.

    Rückfragen bitte an:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
    http://www.uni-heidelberg.de/presse/index.html


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    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    transregional, national
    Organisational matters, Science policy
    German


     

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