Dass der Mensch die Umwelt verändert, ist unbestritten. Doch wie stark wirkt sich die traditionelle Landnutzung auf lange Sicht aus? Um diese Frage zu beantworten, vergleichen Wissenschaftler des Instituts für Umweltwissenschaften Landau an der Universität Koblenz-Landau sowie der Universitäten Göttingen und Zürich Landschaften in den Hochanden, die seit vielen Jahrtausenden bewirtschaftet werden, mit noch vollständig unberührten Tier- und Pflanzenwelten. Eine solche „vergessene Welt“ in den tropischen Anden in Peru, wie sie auf diesem Planeten nur noch sehr schwer zu finden ist, sieht dabei völlig anders aus als erwartet.
In den vergangenen 10.000 Jahren gab es in den tropischen Anden viele menschliche Gesellschaften. Einige Wissenschaftler vermuten, dass der Großteil der heutigen Pflanzenwelt in den Hochanden im Laufe der Jahrtausende durch intensive Landnutzung wie Ackerbau, Beweidung und Holzeinschlag grundlegend verändert wurde. Andere glauben, dass sich die traditionelle Landnutzung nur begrenzt ausgewirkt hat und die heutige Pflanzenwelt eher dem natürlichen Urzustand gleicht.
Um dies zu klären, untersuchen Wissenschaftler des Instituts für Umweltwissenschaften Landau und der Universitäten Göttingen und Zürich mithilfe riskanter Klettertechniken die von Menschen völlig unberührte Natur auf großen Felsvorsprüngen in 4.000 bis 5.000 Meter Höhe. Dort unterscheidet sich die Pflanzenwelt deutlich von der sonst in den Anden vorkommenden Vegetation. Die natürlichen Flächen werden von zahlreichen bislang unbekannten Pflanzenarten dominiert, die in den vom Menschen bewirtschafteten Gebieten wohl ausgestorben sind.
Die Forscher entdeckten selbst in mehr als 4.800 Meter Höhe Waldstücke. Dies zählt nach heutigem Kenntnisstand zu den weltweit höchsten Baumgrenzen. Selbst der Boden der unberührten Ökosysteme unterscheidet sich deutlich, so dass die klimatischen Rückkopplungen mit den Kohlenstoffkreisläufen in natürlichen Hochgebirgsökosystemen neu überdacht werden müssen. Der Mensch veränderte also durch die Umwandlung der Waldbestände in Graslandschaften und deren Nutzung durch extensive Beweidung die Tier- und Pflanzenwelt und damit auch den Entwicklungsgrad des Bodens wesentlich deutlicher und nachhaltiger als bisher gedacht.
Menschlicher Einfluss nicht nur negativ
Der Einfluss des Menschen ist in dieser Landschaft aber nicht unbedingt negativ zu sehen. Während in den unberührten Wald- und Grasgebieten nur jeweils bis zu 10 verschiedene Pflanzenarten leben, sind es bei beweideten Grasflächen bis zu 30. Jedoch wird diese höhere Diversität dadurch erkauft, dass bestimmte natürlich vorkommende Pflanzenarten in den früher genutzten Landstrichen ausgestorben sind. Zudem führen in den unberührten Regionen die hohen Anteile an Totholz zu einem hohen Reichtum an darauf wachsenden Pflanzen, so genannten Epiphyten.
Ursache für den höheren Artenreichtum ist die größere Lichtintensität, die durch die geringere Anzahl an Bäumen und Sträuchern ermöglicht wird. Zudem zeigen in den extensiven Weidegebieten die Böden eine überraschend hohe Humusanreicherung. Jedoch führt die Beweidung offensichtlich zu Nährstoffverlusten durch Versauerung, Verwitterung und Auswaschung. Inwieweit diese Erkenntnisse aus den Hochanden auf andere Ökosysteme oder Klimazonen übertragbar ist, lässt sich noch nicht sagen, da bislang zu wenige unberührte Flächen entdeckt und untersucht wurden. Die in diesem Projekt entwickelte Methodik zum Vergleich der natürlichen und veränderten Landschaften lässt sich jedoch auf andere Ökosysteme anwenden. Bei mehr Datenmaterial könnten die Auswirkungen der menschlichen Tätigkeit besser bewertet und damit auch nachhaltiger und umweltschonender gestaltet werden.
„Das Projekt zeigt, dass die bislang meist sehr negative Bewertung des menschlichen Einflusses wesentlich differenzierter vorgenommen werden sollte, da es zumindest in den Anden dadurch mehr und häufigere Arten gibt“, sagt Prof. Dr. Hermann Jungkunst vom Institut für Umweltwissenschaften Landau. „Jedoch ist Ähnliches nur für bestimmte dünn besiedelte Landstriche wie in den Bergen zu erwarten. Dagegen dürfte der menschliche Einfluss in reichen Ökosystemen wie den tropischen immergrünen Regenwäldern in jedem Fall die Artenvielfalt verringern.“
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Diese rotblütige Art der Gattung Bartsia war der Wissenschaft bislang unbekannt.
Foto: Steven Paul Sylvester, Universität Zürich
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Wissenschaft in luftiger Höhe: Steven Paul Sylvester seilt sich tausend Meter über dem Talboden zu e ...
Foto: Felix Heitkamp, Universität Göttingen
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Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Biology, Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate
transregional, national
Research projects, Research results
German
Diese rotblütige Art der Gattung Bartsia war der Wissenschaft bislang unbekannt.
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