Prof. Dr. Peter Gallmann neuer Lehrstuhlinhaber für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Jena
Jena (06.12.02) Trenne nie "st", denn es tut ihm weh - diese Regel aus Grundschulzeiten hat sich spätestens seit der jüngsten Rechtschreibreform überholt. Ob solche Regeln sinnvoll sind, wie sie entstehen und warum sie sich manchmal überholen, gehört zu den Themen, mit denen sich Prof. Dr. Peter Gallmann beschäftigt. Der 50-jährige Schweizer ist in diesem Wintersemester auf den Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen worden.
Sein Lehrstuhl trägt die Zusatzbezeichnung "theoretische Linguistik". Hier geht es darum, grundlegende Eigenschaften der Sprache zu erforschen: Wie ist die Sprachfähigkeit des Menschen zu erklären, welche Regeln spielen in allen, welche nur in bestimmten Sprachen eine Rolle? "Auf der Grundlage solcher allgemeiner Einsichten ist es möglich, auch auf alltägliche Probleme, die wir mit unserer Muttersprache haben, einzugehen", sagt Gallmann. "Wenn man beispielsweise eine Regel der Groß- und Kleinschreibung verändern will, muss man sich grundlegende Kenntnisse darüber verschaffen, was ein Substantiv überhaupt ausmacht", betont er. Über "kategoriell komplexe Wortformen" hat er 1990 an der Uni Zürich promoviert. In der Habilitation 1998 schaffte er den Brückenschlag zur praktischen Anwendung und verband theoretische Arbeiten mit der Ausarbeitung mehrerer Grammatiklehrbücher, u. a. eines Schüler-Dudens.
Während der Normalbürger sich Regeln vermittels Eselsbrücken einzuprägen versucht, will Gallmann die Studenten seines Fachgebiets zum überlegten Umgang mit solchen Regeln auffordern. Sie sollen sie hinterfragen, in Konfliktfällen gewichten oder auch durch angemessenere ersetzen können. Gallmann selbst war in seiner ersten Ausbildung als Korrektor in einem Verlag in der Position des Regelanwenders und schlüpfte nach seinem Studium in die Rolle des "Regelmachers". Weil er mit den Gesetzmäßigkeiten und Normen des deutschen Schriftsystems so gut vertraut war, wirkte er als einer von drei Schweizern im internationalen Arbeitskreis zur Reform der deutschen Rechtschreibung.
Satzstrukturen hat der Sprachwissenschaftler im Blick. Dass er jedoch die Takte der Thüringer Bahnfahrpläne überblickt, verblüfft dennoch. Hier bricht sich sein Hobby "Bahn". Er beschäftigt sich mit der Auslastung von Bahnstrecken. Auch hier hinterfragt er den sinnvollen Einsatz von Zügen. Die Takte hier seien (anders als in seiner Heimat) lang und ungleichmäßig. "Außerdem wird die Nord-Süd-Strecke besser bedient als die Ost-West-Verbindung", sagt der Sprachwissenschaftler. "Im Fernverkehr ist die Deutsche Bahn mit ihren ICEs europäische Spitze, aber im Regionalverkehr hapert es doch noch sehr." Also nicht sinnvoll geregelt - aus ökologischer Sicht in diesem Fall.
Prof. Dr. Peter Gallmann (Foto: FSU/Günther)
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