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,Zeiss in der Zwischenkriegszeit": Symposium arbeitete Unternehmensgeschichte auf
Jena. (23.09.97) ,Selbstverstaendlich haben auch die Zeiss-Werke vom Dritten Reich profitiert", erklaert Prof. Dr. Rolf Walter von der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena. ,Die Unternehmensumsaetze stiegen in den 30er Jahren sprunghaft an und haben sich im Zweiten Weltkrieg sogar beinahe verdoppelt." Der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Walter erforscht mit seinem Team die 150jaehrige Unternehmensgeschichte des Optik-Konzerns und wendet dabei moderne betriebswirtschaftliche Methoden - etwa der Bilanzanalyse oder des Controllings - auf die historischen Daten aus dem Zeiss-Archiv an.
Auf ,Zeiss in der Zwischenkriegszeit" richteten die Forscher den Fokus beim juengsten 2. Wissenschaftlichen Zeiss-Symposium. Dabei trafen sich Geschichts- und Wirtschaftswissenschaftler, aber auch Technik- und Architekturhistoriker zum Gedankenaustausch vor Ort.
Man duerfe den Konzern zwar nicht zu den Ruestungsschmieden zaehlen, ,aber die militaerische Bedeutung von Zeiss war betraechtlich", bemerkt Rolf Walter. ,Mit Zeiss-Produkten konnte man zwar nicht schiessen, aber wesentlich besser treffen." Feldstecher mit besonders hoher Lichtstaerke, Scherenfernrohre fuer die Marine, Zieleinrichtungen fuer die Artillerie oder spezielle Bildmessgeraete in der Luftaufklaerung sicherten den braunen Kriegsherren einen technologischen Vorsprung vor dem Gegner. Umgekehrt verstand es die Unternehmensleitung geschickt, in den 20er und 30er Jahren eine Monopolstellung zu wahren, einige Konkurrenzbetriebe zu absorbieren bzw. zumindest den Wettbewerb zu kontrollieren. Das gilt ebenso fuer den zivilen Bereich; etwa in der Landvermessung kommt bis heute kein Geodaet ohne Zeiss-Geraete aus.
Die entscheidende Voraussetzung fuer die fuehrende Rolle des Zeiss-Konzerns zwischen den Weltkriegen war vor allem sein techologisches Innovationspotential: Das erste Projektionsplanetarium der Welt gehoert genauso nach Jena wie die Entwicklung des sogenannten T-Belags, einer besonderen Beschichtung zur Entspiegelung von optischen Materialien; die physikalischen Grundlagen dieses Belags praegen den Fortschritt in Optik und Optoelektronik bis heute.
Die steile Ertragskurve und die innovationsfreudige Unternehmenskultur von Zeiss spiegelte sich aber auch in der Architekturgeschichte. Gemeinsam mit der Dywidag AG entwickelte man schon bald nach der Jahrhundertwende eine neuartige Schalenbauweise, und zwischen den Weltkriegen entstand im Jenaer Unternehmenskomplex das erste Industriehochhaus Deutschlands.
Natuerlich war eine NSDAP-Mitgliedschaft fuer die drei Zeiss-Geschaeftsfuehrer nach 1937 unumgaenglich. Aber dennoch sorgte eine starke Identifikation mit dem Unternehmen Zeiss fuer eine spuerbare Zurueckhaltung in der Belegschaft gegenueber der nationalsozialistischen Ideologie. ,Die Zeissianer waren sicher keine aktiven Widerstandskaempfer", analysiert Prof. Dr. Rolf Walter, ,aber eine gewisse Resistenz gegen braunem Gedankengut laesst sich nicht uebersehen." So gelang es der Geschaeftsfuehrung, einen Betriebsratsvorsitzenden und einen Stiftungskommissar hinauszuexpedieren, die sich als Vollstrecker des nationalsozialistischen Gleichschaltungsgedankens betaetigten.
Bei seinen Forschungen stuetzt sich das Team des Jenaer Wirtschafts- und Sozialhistorikers stark auf die Unterlagen im vorzueglichen Archiv der heutigen Carl Zeiss Jena GmbH. ,Es ist erfreulich, wie offen die Geschaeftsleitung die wissenschaftliche Aufarbeitung selbst heikler Abschnitte der Unternehmensgeschichte zulaesst", bedankt sich Walter. Vor diesem Hintergrund war es auch kein Wunder, dass sein 2. Wissenschaftliches Zeiss-Symposium in den Geschaeftsraeumen an der Tatzendpromenade stattfand.
Kontakt: Prof. Dr. Rolf Walter, Lehrstuhl fuer Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultaet der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena, Tel.: 03641/631915 oder 631910.
Criteria of this press release:
Economics / business administration
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